18.08.2020, 11:33
Sonntag
Einen großen Teil ihres Sonntags verbrachten sie als Team-up gemeinsam mit dem neuen Blue Beetle, den Kon ziemlich cool fand, und Zachary fucking Zatara, von dem Kon fand, dass er ein Arschloch war. Aber wenn Texas von Dämonen heimgesucht wurde, durfte man bei der Verstärkung nicht wählerisch sein und sie brauchten eben magische Hilfe. Und so schaffte Kon es auch, ihm nicht aufs Maul zu hauen, selbst als er Cassie beleidigte und herablassend zu Bart war.
Tim seinerseits schien den Kerl zu mögen – der zu Kons Überraschung auch noch seinen Namen kannte – was es nur noch schlimmer machte. Und auch wenn Jaime echt nett war, war es doch seltsam, ihn mit Tim zusammen auf Spanisch herumscherzen zu hören, sobald die Dämonen gebannt waren und sie sich kurz sammeln konnten. Er hatte nicht einmal gewusst, dass Tim Spanisch konnte, auch wenn er eigentlich nicht überrascht sein sollte.
Manchmal hatte er solche Momente – merkwürdige Pausen, in denen er ganz plötzlich realisierte, dass er fast zwei Jahre einfach verpasst hatte. Für ihn hatte es sich nicht nach viel angefühlt, aber Tim war größer und grüblerischer und Cassie fuhr überhaupt nicht mehr Skateboard oder spielte Videospiele. Und seinem Team waren neue Mitglieder beigetreten, hatten es verlassen, waren zurückgekommen und gestorben, was…
Scheiß auf Ist das Leben nicht schön! Es war eine ganz eigene Hölle, wenn man Beweise dafür hatte, dass die Welt auch ohne einen weitergehen würde.
Zatara war trotzdem noch ein Arsch. Kon war sich ziemlich sicher, dass er das auch von ihm denken würde, wenn er nicht so eng mit Tim befreundet wäre. Dumme, aufgeblasene, verfickte Ostküstler!
Als er nach Smallville zurückkam, führte ihn sein Weg direkt zum Diner. Es war später Nachmittag und die einzigen Gäste waren zwei alte Männer vorne am Fenster, die Kaffee tranken. Als Jake also von hinter der Theke hervorkam und breit lächelte, als er ihn bemerkte, hatte Kon absolut kein schlechtes Gewissen dafür, dass er ihn mit sich zu einer der Tischnischen zog. „Ich brauch deine Hilfe, Mann“, sagte er leise – aber nicht leise genug für ein Flüstern, denn nichts erregte in einem Dorf so viel Aufmerksamkeit wie Flüstern.
Jake legte seinen Bestellblock weg und beugte sich ihm über den Tisch hinweg entgegen. „Bist du in Schwierigkeiten?“
Kon schüttelte den Kopf. „Nein, Mann, alles gut. Bei mir ist alles in Ordnung.“ Er grinste. „Bei uns ist alles in Ordnung.“
Die Anspannung fiel etwas von Jake ab. „Du hast nur grad so ernst geklungen—“
„Nein, es ist nur – Ich hab mit ein paar Leuten geredet. Ich hab—“ Er sah sich um. Die Typen am Fenster unterhielten sich über Sojabohnen-Preise und schenkten ihnen wahrscheinlich keine Beachtung. Aber Jakes Schwester – er nahm an, das war seine Schwester – wischte langsam den Tresen und beobachtete sie möglichst unauffällig, ihren Kopf gesenkt. „Äh, willst du mit zu mir kommen?“
Jake schüttelte lächelnd den Kopf. „Lass mich kurz Nell fragen. Oh“, brach er ab und stand auf. „Nell, das ist Conner.“
Nell schenkte ihm ein Lächeln und beugte sich über den Tresen, auf ihre Ellbogen gestützt. „Hi, Conner. Du bist also Martha Kents Sohn?“
„Neffe.“
„Dachte ich mir. Du siehst deinem Cousin ziemlich ähnlich. Er war ein paar Klassen über mir.“
Kon unterdrückte das Verlangen, die Augen zu verdrehen. Es war, als gäbe es ein Skript – ‚Das muss man sagen, wenn man Conner Kent kennenlernt‘. Als nächstes käme—
„Schön zu sehen, dass Jake neue Freunde gefunden hat“, meinte sie und machte sich wieder daran, die Theke abzuwischen.
Okay, vielleicht auch nicht.
„Na los, ab mit euch! Sei nur bitte wieder da, wenn es zum Abendessen wieder voll wird, Jake.“
Jake warf seine Schürze auf die Theke und schob Kon zur Tür hinaus. „Oh Gott“, keuchte er, sobald sie draußen waren und hielt sich an Kons Arm fest. Aus seinem Gesicht war alle Farbe gewichen und sein Herz hämmerte in seiner Brust. „Oh Gott, sie weiß es.“
„Was?“, fragte Kon. Er legte Jake eine Hand auf den Rücken, um ihn zu stützen. „Atmen, Alter!“
Jake ließ seinen Arm los und versuchte sich von ihm zu lösen. „Sorry—“
„Nein, Mann!“ Kon schaffte es, seinen Arm um Jakes Schultern zu legen und versuchte ihn so unauffällig wie möglich zu halten. „Alles okay?“
„Fuck“, machte er, bevor er tief durchatmete und sich aufrichtete. „Ja. Ich. Ja. Alles gut.“
„Sicher?“
„Ja“, versicherte Jake erneut. Seine Gesichtsfarbe war wieder besser, auch wenn er immer noch etwas zittrig wirkte und Kon durch das dünne Baumwoll-T-Shirt spüren konnte, dass die Haut an seinem Rücken nassgeschwitzt war. „Wo hast du denn geparkt?“
„Ähm“, wandte Kon den Blick ab, die Straße hinauf. „Ma hat mich vorhin mitgenommen…“, log er.
„Oh. Okay, dann können wir unseren Truck nehmen.“ Jake drehte sich um und lief bereits die Straße hinunter zu Jenkins’s Feed.
Kon eilte hinterher. „Sicher, dass du fahren kannst?“, fragte er, als er Jake eingeholt hatte.
Jake lachte selbstironisch. „Nur eine kleine Panikattacke. Ich hab plötzlich realisiert, dass – ich werd‘s ihnen sagen müssen, oder? Ich mein, wie lange kann man sowas Großes wirklich vor seiner Familie geheim halten?“
Kon schnaubte. „Du wärst echt überrascht. Ein Freund von mir—“ Er brach ab und versuchte einen Augenblick, in seinem Kopf von Superheld in Normalo zu übersetzen, aber ihm fiel nichts ein. Schon komisch, dass er es für sein eigenes Leben konnte, aber scheinbar nicht für Tims.
Jake sah neugierig zu ihm.
„Vergiss es“, zog Kon leicht den Kopf ein.
Sie warteten ab, bis ein Auto vorbei war – dessen Insassen Jake zuwinkten und er winkte zurück –, bevor sie die schmale Straße überquerten. „Also…“, fragte Jake nach, als sie fast drüben waren.
„Oh!“ Auf dem Gehsteig drehte Kon sich zu ihm. „Ich muss Poster machen. Aber ich kann ums Verrecken nicht zeichnen.“
„Poster?“ Jake runzelte die Stirn und sah sich um. “Cross war da ziemlich deutlich, Mann. Keine Treffen mehr, keine Poster mehr—“
„Überlass das ruhig mir“, versicherte Kon und ließ zu, dass sich ein wenig Superboy-Swagger in seinen Gang schlich. „Ist alles geregelt, Mann.“
„Ach so?“ Jake packte ihn am Ellbogen. „Conner…“
Kon hielt an.
„Hör zu, bring – bring dich nicht unnötig in Schwierigkeiten, okay? Wenn du mit Cross aneinander gerätst, kriegen die Leute das mit. Du machst dich damit selber zur Zielscheibe.“
Kon lächelte leicht. Wenn es doch nur so einfach wäre… „Ich kann auf mich aufpassen“, versicherte er.
Jake sah skeptisch aus und dann wurden seine Augen groß und sein Mund klappte auf. „Du—“ Er hielt inne.
„Was?“
Jake starrte ihn noch einen langen Augenblick an, schüttelte aber dann den Kopf. „Nichts. Ich – Hey, wenn wir Poster machen, werden wir Material und so brauchen. Lass uns noch bei Max vorbei schauen—“
Kon blinzelte verwirrt. „Wer ist Max?“
„Ich mein, beim Künstlerbedarfsladen“, meinte Jake. „Ich zahl die Farben und alles.“
Kon blickte ihn düster an. „Nee, Mann, geht auf mich.“
Jake schüttelte erneut den Kopf. „Lass mich wenigstens das machen, okay? Wenn du gegen die da oben angehen willst… will ich wenigstens irgendwas beisteuern. Und außerdem krieg ich Ermäßigung.“
Kon nahm seine ganze Haltung wahr, seinen ernsten Gesichtsausdruck… „Okay“, willigte er ein. Jake wirkte erleichtert. Gemeinsam drehten sie um und überquerten erneut die Straße.
„Warte!“
Kon hielt am oberen Treppenabsatz zur Veranda an und drehte sich um. Jake stand auf der ersten Stufe, seine Arme beladen mit Materialien. „Ja?“
Jake sah zur Seite weg, in Richtung des Hühnerstalls. „Weiß deine Tante Bescheid?“
„Über was?“
Jake blickte ihn ungläubig an. Er wedelte mit seiner Tasche voller Pinsel. „Über—“
„Oh!“, machte Kon. Er öffnete die Tür und sah ins Wohnzimmer, wo Martha an etwas Superman-Blauem strickte. „Hey, Ma. Ich will in der Schule einen LGBT-Club starten. Jake hilft mir dabei. Macht‘s dir was aus, wenn wir die Küche besetzen?“
Von Jake hinter ihm war ein erstickter Laut zu hören.
„Macht ruhig“, antwortete Martha, „Ich hab nur einen Eintopf auf dem Herd. Und in der Küche steht Zitronenkuchen. Aber verdirb dir nicht den Appetit!“
„Nein, Ma’am“, versicherte Kon eifrig. Er hielt Jake mit dem Fuß die Tür auf, während er mit seinem eigenen Armvoll Materialien so überzeugend wie möglich kämpfte. Als sie beide im Haus waren, lud er seine Last auf der Couch ab und beugte sich über Marthas Sessel, um ihr einen Kuss auf die Wange zu geben.
„Mach schon, geh die Welt retten“, meinte sie trocken, ein Funkeln in ihren Augen.
„Immer doch“, murmelte Kon so leise er konnte zur Antwort.
Martha tätschelte seine Hand und Kon richtete sich auf, um sie wieder in Ruhe zu lassen. „Oh“, meinte sie, als er schon fast zurück in der Küche war, wo Jake bereits in der Tür auf ihn wartete, „Da fällt mir ein. Tim hat vorhin für dich angerufen.“
„Aber ich hab doch erst—“ Kon erstarrte und sein Blick flog zwischen ihr und Jake hin und her. „Äh“, machte er, „Jake, ich muss grad – Bin gleich wieder da. Nimm dir was vom Kuchen.“ Er eilte die Treppe hinauf und in sein Zimmer. Sobald er die Tür hinter sich geschlossen hatte, wählte er Alvin Drapers Nummer.
Tim hob beim ersten Klingeln ab. „Wärst du so nett, mir zu erklären, warum mein Labor voll mit dreckigen Sportsocken ist?“, fragte er zur Begrüßung.
Kon setzte sich auf sein Bett. „Weil saubere für einen DNA-Test nutzlos wären?“
Es gab eine lange Pause, bevor Tim meinte, „Wie bitte?“
„Ich hab nachgedacht“, setzte Kon an, während er sich die Schuhe von den Füßen streifte und es sich bequem machte, „Matt ist in einer Umkleide gestorben, nach dem Unterricht, richtig? Wer war also nach dem Unterricht noch in der Turnhalle?“ Er machte eine Sekunde Pause, um Tim das verarbeiten zu lassen, bevor er fortfuhr: „Football-Training ist hier das ganze Jahr über. Ein Traum für die Sportskanonen. Und ich hab nachgesehen, sie hatten am Dienstag Training.“
Tim verstummte. Kon hörte nicht eine einzige kleine Bewegung, obwohl Tim immer Multitasking betrieb. „Du hast mir DNA-Proben vom gesamten Team gebracht?“
Kon war sich nicht sicher, was Tims Tonfall bedeutete, so dass er einfach weiter plapperte: „Ich hab sie mit den Spind-Nummern gekennzeichnet. Wenn irgendjemand ein Meta ist, müssen wir nur noch rausfinden, wessen Spind es ist und schon haben wir einen Verdächtigen, der am Tatort gewesen sein könnte. Ich mein, es ist noch kein Beweis oder so, aber es würde uns einen Anhaltspunkt geben…“ Tim sagte immer noch nichts, weshalb er noch hinzufügte: „…oder? Und jeder verliert sowieso ständig Socken, weshalb die es wahrscheinlich nicht mal merken…“ Er verstummte.
„Das ist…“, begann Tim und Kon ließ sich zur Seite fallen, um sein Gesicht im Kissen vergraben zu können. Es war eben doch eine dumme Idee gewesen. Er hatte gedacht, dass— „…richtig clever“, beendete Tim seinen Satz. Er klang aufrichtig beeindruckt.
Kon schälte sich aus dem Kissen. „Echt? Ich mein—“ Er räusperte sich. „Ich bin eben ein ziemlich cleverer Typ.“
„Bist du wirklich“, stimmte Tim zu. Er lächelte – breit. Kon konnte es aus seiner Stimme hören. „Es ergibt Sinn. Ein niedrigstufiger Meta würde einen verdammt guten Linebacker abgeben.“
„Letzten Herbst haben wir 16 zu 0 gespielt.“
„Hm“, machte Tim und Kon lächelte bei dem deutlichen Wohlgefallen in seiner Stimme. „Das wird eine Weile brauchen. Es ist viel, durch das ich mich da durcharbeiten muss. Ich ruf dich an, sobald ich ein Ergebnis habe. Und Kon?“
Kon setzte sich auf. „Ja?“
„Gute Arbeit“, sagte Tim.
Kons Herz machte einen kleinen Satz und er grinste. „Tja“, meinte er, „Ich wurde eben von dem Typen ausgebildet, der vom großartigsten Detektiv der Welt ausgebildet worden ist.“
Er konnte Tims Lachen lediglich eine knappe Sekunde hören, bevor er auflegte, aber das war schon genug. Kon musste sich sehr bewusst bemühen, seine Füße auch den Boden berühren zu lassen, als er zurück nach unten in die Küche ging.
Jake war bereits halb mit dem ersten Poster fertig, als Kon zur Tür herein kam. Er sah auf, als Kon sich ein Stück Kuchen abschnitt. Als Kon sich neben ihn setzte, konzentrierte er sich wieder darauf, Buchstabenkonturen zu zeichnen. „Wer ist Tim?“, fragte er.
„Äh.“ Kon biss von seinem Kuchen ab, während er sich überlegte, wie er darauf antworten sollte. „Ein Freund“, meinte er schließlich, „Von außerhalb.“
„Oh“, gab Jake ohne aufzusehen zurück, „Metropolis?“
„Nein“, antwortete Kon, „Gotham.“
„Das ist ganz schön weit weg. Ihr seht euch wahrscheinlich nicht sehr oft, oder?“
„Wir sehen uns die meisten Wochenenden“, meinte Kon etwas unbeholfen, „Wir sind schon sehr lang befreundet.“ Er sah Jake über die Schulter und zum Poster, an dem er gerade arbeitete. Jake sah immer noch nicht auf, stattdessen konzentrierte er sich auf die Buchstaben, die er malte, sein Kiefer angespannt. Es sah echt gut aus, außer— „Äh… Ich glaub, du hast ‚Allianz‘ falsch geschrieben.“
Jake fluchte heftig in seinen nicht vorhandenen Bart und knüllte das Poster zusammen.
~> tbc in Teil 8
Einen großen Teil ihres Sonntags verbrachten sie als Team-up gemeinsam mit dem neuen Blue Beetle, den Kon ziemlich cool fand, und Zachary fucking Zatara, von dem Kon fand, dass er ein Arschloch war. Aber wenn Texas von Dämonen heimgesucht wurde, durfte man bei der Verstärkung nicht wählerisch sein und sie brauchten eben magische Hilfe. Und so schaffte Kon es auch, ihm nicht aufs Maul zu hauen, selbst als er Cassie beleidigte und herablassend zu Bart war.
Tim seinerseits schien den Kerl zu mögen – der zu Kons Überraschung auch noch seinen Namen kannte – was es nur noch schlimmer machte. Und auch wenn Jaime echt nett war, war es doch seltsam, ihn mit Tim zusammen auf Spanisch herumscherzen zu hören, sobald die Dämonen gebannt waren und sie sich kurz sammeln konnten. Er hatte nicht einmal gewusst, dass Tim Spanisch konnte, auch wenn er eigentlich nicht überrascht sein sollte.
Manchmal hatte er solche Momente – merkwürdige Pausen, in denen er ganz plötzlich realisierte, dass er fast zwei Jahre einfach verpasst hatte. Für ihn hatte es sich nicht nach viel angefühlt, aber Tim war größer und grüblerischer und Cassie fuhr überhaupt nicht mehr Skateboard oder spielte Videospiele. Und seinem Team waren neue Mitglieder beigetreten, hatten es verlassen, waren zurückgekommen und gestorben, was…
Scheiß auf Ist das Leben nicht schön! Es war eine ganz eigene Hölle, wenn man Beweise dafür hatte, dass die Welt auch ohne einen weitergehen würde.
Zatara war trotzdem noch ein Arsch. Kon war sich ziemlich sicher, dass er das auch von ihm denken würde, wenn er nicht so eng mit Tim befreundet wäre. Dumme, aufgeblasene, verfickte Ostküstler!
*
Als er nach Smallville zurückkam, führte ihn sein Weg direkt zum Diner. Es war später Nachmittag und die einzigen Gäste waren zwei alte Männer vorne am Fenster, die Kaffee tranken. Als Jake also von hinter der Theke hervorkam und breit lächelte, als er ihn bemerkte, hatte Kon absolut kein schlechtes Gewissen dafür, dass er ihn mit sich zu einer der Tischnischen zog. „Ich brauch deine Hilfe, Mann“, sagte er leise – aber nicht leise genug für ein Flüstern, denn nichts erregte in einem Dorf so viel Aufmerksamkeit wie Flüstern.
Jake legte seinen Bestellblock weg und beugte sich ihm über den Tisch hinweg entgegen. „Bist du in Schwierigkeiten?“
Kon schüttelte den Kopf. „Nein, Mann, alles gut. Bei mir ist alles in Ordnung.“ Er grinste. „Bei uns ist alles in Ordnung.“
Die Anspannung fiel etwas von Jake ab. „Du hast nur grad so ernst geklungen—“
„Nein, es ist nur – Ich hab mit ein paar Leuten geredet. Ich hab—“ Er sah sich um. Die Typen am Fenster unterhielten sich über Sojabohnen-Preise und schenkten ihnen wahrscheinlich keine Beachtung. Aber Jakes Schwester – er nahm an, das war seine Schwester – wischte langsam den Tresen und beobachtete sie möglichst unauffällig, ihren Kopf gesenkt. „Äh, willst du mit zu mir kommen?“
Jake schüttelte lächelnd den Kopf. „Lass mich kurz Nell fragen. Oh“, brach er ab und stand auf. „Nell, das ist Conner.“
Nell schenkte ihm ein Lächeln und beugte sich über den Tresen, auf ihre Ellbogen gestützt. „Hi, Conner. Du bist also Martha Kents Sohn?“
„Neffe.“
„Dachte ich mir. Du siehst deinem Cousin ziemlich ähnlich. Er war ein paar Klassen über mir.“
Kon unterdrückte das Verlangen, die Augen zu verdrehen. Es war, als gäbe es ein Skript – ‚Das muss man sagen, wenn man Conner Kent kennenlernt‘. Als nächstes käme—
„Schön zu sehen, dass Jake neue Freunde gefunden hat“, meinte sie und machte sich wieder daran, die Theke abzuwischen.
Okay, vielleicht auch nicht.
„Na los, ab mit euch! Sei nur bitte wieder da, wenn es zum Abendessen wieder voll wird, Jake.“
Jake warf seine Schürze auf die Theke und schob Kon zur Tür hinaus. „Oh Gott“, keuchte er, sobald sie draußen waren und hielt sich an Kons Arm fest. Aus seinem Gesicht war alle Farbe gewichen und sein Herz hämmerte in seiner Brust. „Oh Gott, sie weiß es.“
„Was?“, fragte Kon. Er legte Jake eine Hand auf den Rücken, um ihn zu stützen. „Atmen, Alter!“
Jake ließ seinen Arm los und versuchte sich von ihm zu lösen. „Sorry—“
„Nein, Mann!“ Kon schaffte es, seinen Arm um Jakes Schultern zu legen und versuchte ihn so unauffällig wie möglich zu halten. „Alles okay?“
„Fuck“, machte er, bevor er tief durchatmete und sich aufrichtete. „Ja. Ich. Ja. Alles gut.“
„Sicher?“
„Ja“, versicherte Jake erneut. Seine Gesichtsfarbe war wieder besser, auch wenn er immer noch etwas zittrig wirkte und Kon durch das dünne Baumwoll-T-Shirt spüren konnte, dass die Haut an seinem Rücken nassgeschwitzt war. „Wo hast du denn geparkt?“
„Ähm“, wandte Kon den Blick ab, die Straße hinauf. „Ma hat mich vorhin mitgenommen…“, log er.
„Oh. Okay, dann können wir unseren Truck nehmen.“ Jake drehte sich um und lief bereits die Straße hinunter zu Jenkins’s Feed.
Kon eilte hinterher. „Sicher, dass du fahren kannst?“, fragte er, als er Jake eingeholt hatte.
Jake lachte selbstironisch. „Nur eine kleine Panikattacke. Ich hab plötzlich realisiert, dass – ich werd‘s ihnen sagen müssen, oder? Ich mein, wie lange kann man sowas Großes wirklich vor seiner Familie geheim halten?“
Kon schnaubte. „Du wärst echt überrascht. Ein Freund von mir—“ Er brach ab und versuchte einen Augenblick, in seinem Kopf von Superheld in Normalo zu übersetzen, aber ihm fiel nichts ein. Schon komisch, dass er es für sein eigenes Leben konnte, aber scheinbar nicht für Tims.
Jake sah neugierig zu ihm.
„Vergiss es“, zog Kon leicht den Kopf ein.
Sie warteten ab, bis ein Auto vorbei war – dessen Insassen Jake zuwinkten und er winkte zurück –, bevor sie die schmale Straße überquerten. „Also…“, fragte Jake nach, als sie fast drüben waren.
„Oh!“ Auf dem Gehsteig drehte Kon sich zu ihm. „Ich muss Poster machen. Aber ich kann ums Verrecken nicht zeichnen.“
„Poster?“ Jake runzelte die Stirn und sah sich um. “Cross war da ziemlich deutlich, Mann. Keine Treffen mehr, keine Poster mehr—“
„Überlass das ruhig mir“, versicherte Kon und ließ zu, dass sich ein wenig Superboy-Swagger in seinen Gang schlich. „Ist alles geregelt, Mann.“
„Ach so?“ Jake packte ihn am Ellbogen. „Conner…“
Kon hielt an.
„Hör zu, bring – bring dich nicht unnötig in Schwierigkeiten, okay? Wenn du mit Cross aneinander gerätst, kriegen die Leute das mit. Du machst dich damit selber zur Zielscheibe.“
Kon lächelte leicht. Wenn es doch nur so einfach wäre… „Ich kann auf mich aufpassen“, versicherte er.
Jake sah skeptisch aus und dann wurden seine Augen groß und sein Mund klappte auf. „Du—“ Er hielt inne.
„Was?“
Jake starrte ihn noch einen langen Augenblick an, schüttelte aber dann den Kopf. „Nichts. Ich – Hey, wenn wir Poster machen, werden wir Material und so brauchen. Lass uns noch bei Max vorbei schauen—“
Kon blinzelte verwirrt. „Wer ist Max?“
„Ich mein, beim Künstlerbedarfsladen“, meinte Jake. „Ich zahl die Farben und alles.“
Kon blickte ihn düster an. „Nee, Mann, geht auf mich.“
Jake schüttelte erneut den Kopf. „Lass mich wenigstens das machen, okay? Wenn du gegen die da oben angehen willst… will ich wenigstens irgendwas beisteuern. Und außerdem krieg ich Ermäßigung.“
Kon nahm seine ganze Haltung wahr, seinen ernsten Gesichtsausdruck… „Okay“, willigte er ein. Jake wirkte erleichtert. Gemeinsam drehten sie um und überquerten erneut die Straße.
*
„Warte!“
Kon hielt am oberen Treppenabsatz zur Veranda an und drehte sich um. Jake stand auf der ersten Stufe, seine Arme beladen mit Materialien. „Ja?“
Jake sah zur Seite weg, in Richtung des Hühnerstalls. „Weiß deine Tante Bescheid?“
„Über was?“
Jake blickte ihn ungläubig an. Er wedelte mit seiner Tasche voller Pinsel. „Über—“
„Oh!“, machte Kon. Er öffnete die Tür und sah ins Wohnzimmer, wo Martha an etwas Superman-Blauem strickte. „Hey, Ma. Ich will in der Schule einen LGBT-Club starten. Jake hilft mir dabei. Macht‘s dir was aus, wenn wir die Küche besetzen?“
Von Jake hinter ihm war ein erstickter Laut zu hören.
„Macht ruhig“, antwortete Martha, „Ich hab nur einen Eintopf auf dem Herd. Und in der Küche steht Zitronenkuchen. Aber verdirb dir nicht den Appetit!“
„Nein, Ma’am“, versicherte Kon eifrig. Er hielt Jake mit dem Fuß die Tür auf, während er mit seinem eigenen Armvoll Materialien so überzeugend wie möglich kämpfte. Als sie beide im Haus waren, lud er seine Last auf der Couch ab und beugte sich über Marthas Sessel, um ihr einen Kuss auf die Wange zu geben.
„Mach schon, geh die Welt retten“, meinte sie trocken, ein Funkeln in ihren Augen.
„Immer doch“, murmelte Kon so leise er konnte zur Antwort.
Martha tätschelte seine Hand und Kon richtete sich auf, um sie wieder in Ruhe zu lassen. „Oh“, meinte sie, als er schon fast zurück in der Küche war, wo Jake bereits in der Tür auf ihn wartete, „Da fällt mir ein. Tim hat vorhin für dich angerufen.“
„Aber ich hab doch erst—“ Kon erstarrte und sein Blick flog zwischen ihr und Jake hin und her. „Äh“, machte er, „Jake, ich muss grad – Bin gleich wieder da. Nimm dir was vom Kuchen.“ Er eilte die Treppe hinauf und in sein Zimmer. Sobald er die Tür hinter sich geschlossen hatte, wählte er Alvin Drapers Nummer.
Tim hob beim ersten Klingeln ab. „Wärst du so nett, mir zu erklären, warum mein Labor voll mit dreckigen Sportsocken ist?“, fragte er zur Begrüßung.
Kon setzte sich auf sein Bett. „Weil saubere für einen DNA-Test nutzlos wären?“
Es gab eine lange Pause, bevor Tim meinte, „Wie bitte?“
„Ich hab nachgedacht“, setzte Kon an, während er sich die Schuhe von den Füßen streifte und es sich bequem machte, „Matt ist in einer Umkleide gestorben, nach dem Unterricht, richtig? Wer war also nach dem Unterricht noch in der Turnhalle?“ Er machte eine Sekunde Pause, um Tim das verarbeiten zu lassen, bevor er fortfuhr: „Football-Training ist hier das ganze Jahr über. Ein Traum für die Sportskanonen. Und ich hab nachgesehen, sie hatten am Dienstag Training.“
Tim verstummte. Kon hörte nicht eine einzige kleine Bewegung, obwohl Tim immer Multitasking betrieb. „Du hast mir DNA-Proben vom gesamten Team gebracht?“
Kon war sich nicht sicher, was Tims Tonfall bedeutete, so dass er einfach weiter plapperte: „Ich hab sie mit den Spind-Nummern gekennzeichnet. Wenn irgendjemand ein Meta ist, müssen wir nur noch rausfinden, wessen Spind es ist und schon haben wir einen Verdächtigen, der am Tatort gewesen sein könnte. Ich mein, es ist noch kein Beweis oder so, aber es würde uns einen Anhaltspunkt geben…“ Tim sagte immer noch nichts, weshalb er noch hinzufügte: „…oder? Und jeder verliert sowieso ständig Socken, weshalb die es wahrscheinlich nicht mal merken…“ Er verstummte.
„Das ist…“, begann Tim und Kon ließ sich zur Seite fallen, um sein Gesicht im Kissen vergraben zu können. Es war eben doch eine dumme Idee gewesen. Er hatte gedacht, dass— „…richtig clever“, beendete Tim seinen Satz. Er klang aufrichtig beeindruckt.
Kon schälte sich aus dem Kissen. „Echt? Ich mein—“ Er räusperte sich. „Ich bin eben ein ziemlich cleverer Typ.“
„Bist du wirklich“, stimmte Tim zu. Er lächelte – breit. Kon konnte es aus seiner Stimme hören. „Es ergibt Sinn. Ein niedrigstufiger Meta würde einen verdammt guten Linebacker abgeben.“
„Letzten Herbst haben wir 16 zu 0 gespielt.“
„Hm“, machte Tim und Kon lächelte bei dem deutlichen Wohlgefallen in seiner Stimme. „Das wird eine Weile brauchen. Es ist viel, durch das ich mich da durcharbeiten muss. Ich ruf dich an, sobald ich ein Ergebnis habe. Und Kon?“
Kon setzte sich auf. „Ja?“
„Gute Arbeit“, sagte Tim.
Kons Herz machte einen kleinen Satz und er grinste. „Tja“, meinte er, „Ich wurde eben von dem Typen ausgebildet, der vom großartigsten Detektiv der Welt ausgebildet worden ist.“
Er konnte Tims Lachen lediglich eine knappe Sekunde hören, bevor er auflegte, aber das war schon genug. Kon musste sich sehr bewusst bemühen, seine Füße auch den Boden berühren zu lassen, als er zurück nach unten in die Küche ging.
Jake war bereits halb mit dem ersten Poster fertig, als Kon zur Tür herein kam. Er sah auf, als Kon sich ein Stück Kuchen abschnitt. Als Kon sich neben ihn setzte, konzentrierte er sich wieder darauf, Buchstabenkonturen zu zeichnen. „Wer ist Tim?“, fragte er.
„Äh.“ Kon biss von seinem Kuchen ab, während er sich überlegte, wie er darauf antworten sollte. „Ein Freund“, meinte er schließlich, „Von außerhalb.“
„Oh“, gab Jake ohne aufzusehen zurück, „Metropolis?“
„Nein“, antwortete Kon, „Gotham.“
„Das ist ganz schön weit weg. Ihr seht euch wahrscheinlich nicht sehr oft, oder?“
„Wir sehen uns die meisten Wochenenden“, meinte Kon etwas unbeholfen, „Wir sind schon sehr lang befreundet.“ Er sah Jake über die Schulter und zum Poster, an dem er gerade arbeitete. Jake sah immer noch nicht auf, stattdessen konzentrierte er sich auf die Buchstaben, die er malte, sein Kiefer angespannt. Es sah echt gut aus, außer— „Äh… Ich glaub, du hast ‚Allianz‘ falsch geschrieben.“
Jake fluchte heftig in seinen nicht vorhandenen Bart und knüllte das Poster zusammen.
~> tbc in Teil 8