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[ab 18!] Close To Home (von iesika) | Teil 13/18 - Druckversion

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Close To Home (von iesika) | Teil 13/18 - tenten31 - 29.09.2020

Freitag

An diesem Morgen schien die Schule in hektischer Aufregung zu sein, wie immer vor einem Schulball. Die Hälfte der Mädchen schien zu fehlen, was allerdings die anwesenden Mädchen wieder ausglich, indem sie doppelt so laut und lebhaft waren wie sonst. Die Jungen versuchten natürlich noch viel mehr, cool zu wirken, aber viele tobten wild durch die Gänge. Cross eilte immer wieder aus seinem Büro heraus und wieder hinein, manchmal sogar mit einem oder zwei Schülern im Schlepptau.

Der Biologie-Unterricht war ein Witz, aber Kon wusste nicht, ob es die Schuld der Vertretung war oder einfach nur die allgemeine Stimmung vor dem Ball. Das, was in der Stunde am ehesten an Arbeit herankam, waren einige Diagramme des Organsystems, die sie farbig markieren sollten, während sie ein Video über die Nieren ansahen. Normalerweise war Kon ein absoluter Befürworter einfacher Klassenarbeit, aber angesichts von Daltons Abwesenheit fühlte es sich eher wie ein Schlag ins Gesicht an. Sie hatten den menschlichen Körper letztes Halbjahr bereits durchgenommen. Kon war ein ziemlich lausiger Schüler, aber selbst er wusste schon, was das Nierenbecken war. Bis zu dem Zeitpunkt, als der Gong ertönte, wägte Kon ab, wie sicher – und wie abstreitbar –  es wäre, wenn er den gemeinschaftlichen Stifteeimer in Brand setzte.

Kunst war besser, weil Jake dabei war. Sie gaben die Wochenaufgaben ab, bevor Jake eine Seite aus seinem Malblock riss, um daraus einen Papier-Football zu falten. Er konnte bei seinen Field Goals erstaunlich gut zielen und traf Kon dreimal auf die Nase, bevor Kon anfing zu schummeln.

Delilah hatte Jake anscheinend noch vor seiner Klassenstunde in eine Ecke gedrängt, um ihm zu sagen, dass sie ein Date für ihn gefunden hatte. „Alles, was ich weiß“, erzählte Jake, während er seine Finger als Torpfosten in die Höhe hielt, „ist, dass sein Name Russell ist und er Geologie studiert.“ Er wich Kons perfekt geschnipptem Ball aus. „Geologie. Ich werde also den Abend mit einem Typen verbringen, der Steine sammelt. Verdammt nochmal worüber sollen wir uns bitte unterhalten?“

Kon zuckte die Schultern: „Steine?“ Er wurde erneut auf die Nase getroffen.

In Trigonometrie bekamen sie Arbeitsblätter, aber sie bekamen auch das ganze Wochenende Zeit dafür. Schließlich setzte er sich neben Beth und schrieb den Großteil der ersten beiden Arbeitsblätter von ihr ab. Bis sie es bemerkte und ihn mit einem Lineal traf. Danach half sie ihm aber doch, die dummen Textaufgaben grafisch zu lösen, was sowieso der schwerste Teil war. Vielleicht könnte er Bart oder Jake überzeugen, dass sie ihm mit dem Rest halfen.

In der Mittagspause hatten sie eine Besprechung in der Bibliothek, aber Kon machte auf dem Weg noch einen Abstecher, als er bemerkte, dass Chase und Hamilton von drei Typen aus dem Football-Team regelrecht eingekreist wurden. Er kam gerade rechtzeitig dort an, um zu sehen, wie Hamilton seinen Rucksack fallen ließ und seine Ärmel hochkrempelte – und dann innehielt, als der vorderste der Drei beide Hände erhob und meinte: „Hey! Wir wollen nur mit dir reden, Ham.“

Hamilton wirkte unentschlossen. Er warf einen kurzen Blick zu Chase, der demonstrativ zuerst Kon über den Gang hinweg zunickte, dann Katie, die von irgendwoher ebenfalls erschienen war. Hamilton wich einen Schritt zurück und ließ seine Arme sinken. Jetzt, wo er nicht mehr in der Unterzahl war, wirkte er auch wieder ein wenig sicherer. „Okay“, gab er zurück, „Dann redet.“

„Du hast das Training geschwänzt“, fing der Erste, der auch der Wortführer zu sein schien, an.

„Nein, hab ich nicht. Ich hab aufgehört.“

„Du kannst nicht einfach aufhören“, sagte einer der anderen Jungen – ein Blondschopf, „Wer ist denn dann Kicker?“

„Cooper—“

„Cooper ist scheiße“, gab der Erste unverholen zurück.

Der dritte Junge – anscheinend Cooper – lachte: „Oh, danke auch.“

„Bist du doch!“

Chase, der bis jetzt halb hinter Hamilton gestanden und seine Bücher umklammert hatte, machte einen kleinen Schritt nach vorne, um ihm ins Ohr zu zischen: „Du hast hingeschmissen?“

„Was zur Hölle sollte ich denn machen?“, schnauzte Hamilton zurück, inzwischen rot vor Wut. „Alle starren mich in der Umkleide an, niemand redet mit mir – es ist nicht fucking ansteckend.“

Kon hatte vorher nicht so wirklich darüber nachgedacht, wie es sein musste. Hamilton wusste nicht, dass ein Superheld auf ihn aufpasste. Er musste glauben, dass er sich mit jedem Tag, den er länger blieb, zur Zielscheibe machte. Selbst wenn der Mörder ihn sich nicht schnappte, musste er eine Heidenangst haben, dass seine Teamkollegen es würden.

„Was geht hier vor sich?“, fragte eine Frauenstimme. Als Kon sich umdrehte, stand Miss Marcus mitten auf dem Gang, Mel einen Schritt hinter ihr. Sie war Kons Englischlehrerin gewesen, bevor er gestorben war, und sie war ziemlich furchteinflößend, wenn sie wütend war.

„Wir unterhalten uns nur“, murrte Cooper und scharrte mit seinem Schuh über die Fliesen.

„Aha“, gab sie skeptisch zurück.

„Ja“, stimmte Hamilton zögernd zu, „Teamangelegenheit.“

Einen langen Moment musterte sie die Jungen, sah zu Mel, eine Augenbraue nach oben gezogen, und ging dann den Gang hinunter zum Wasserspender. Sie entfernte sich aber nicht weiter. Offensichtlich traute sie dem Schein nicht.

Aber immerhin war sie weit genug weg, dass die Jungen weiter redeten. „Wie auch immer“, sagte der Erste, „du bist immer noch Teammitglied. Coach zählt jeden Tag, den du nicht erscheinst, als Fehltag.“

Hamilton seufzte genervt: „Ich hab meine Ausrüstung abgegeben—“

„Dann hol sie dir wieder“, gab Cooper zurück, „Ist ja nicht so, als hätte Baumhauer sie weggeworfen.“

„Wahrscheinlich hat er sie sterilisiert“, meinte Hamilton und verdrehte die Augen, „Um die ganzen Homo-Bazillen abzutöten.“

Der Blonde kicherte: „Homo-Bazillen“, wiederholte er. Cooper boxte seinen Arm. „Au!“

„Wenn Tom dich nervt, gib mir Bescheid“, sagte der Erste, „Er ist nur der Zeugwart. Er muss das tun, was Coach sagt und Coach will, dass du zurückkommst. Ferris macht bald Abschluss—“

„Wenn er denn diesmal Algebra schafft“, fügte Cooper grinsend hinzu, „Komm schon, Mann, lass nicht mich die ganze Arbeit machen!“

„Ja“, stimmte der Blonde zu, „er ist scheiße. Au! Hör auf!“

Hamilton nahm seinen Rucksack wieder auf und nach einem Augenblick Zögern krempelte er seine Ärmel auch wieder herunter. „Ich denk drüber nach.“ Er erhielt ein unbeholfenes Schulterklopfen von den ersten beiden Jungen und ein gutmütiges Schubsen von Cooper, der immer noch grinste. Er antwortete mit einem kleinen Lächeln, als sie gingen.

„Oh mein Gott“, seufzte Chase, sobald sie weg waren. Er ließ sich gegen die nächste Wand sinken. „Jesus fucking Christ! Ich glaub, ich muss Hose wechseln.“

*

Die Besprechung war recht kurz – nur noch einmal Bestätigung dessen, was ein Großteil von ihnen am Vortag beim Mittagessen beschlossen hatte. Sie würden sich bei Whoa Nellie’s zum Essen treffen und dann alle gemeinsam zum Gemeindezentrum fahren, zu ihrer Sicherheit und für den größtmöglichen Effekt. Alle hatten Dates, außer Clarence, der darauf Wert legte allein hinzugehen. Und sie würden alle dieselben Ansteckblumen tragen, die netterweise vom Blumenladen von Katies Mutter zur Verfügung gestellt wurden.

Miss Marcus war auch dort; anscheinend hatte Mel sich darum gekümmert, dass sie ihre neue Betreuerin wäre, zumindest bis sie mehr über Daltons Zustand wussten. Kon fügte sie seiner geistigen Liste von Leuten, auf die er aufpassen musste bis der Mörder gefasst war, hinzu.

Danach machten sie erst einmal Mittagspause und die Mädchen machten sich auf den Weg zu Carolines Haus, um sich dort umzuziehen. Kon musste also ausnahmsweise allein zu Englisch gehen. Er wünschte sich wirklich, Delilah wäre nicht schon gegangen – der Unterricht war noch mehr ein Witz als alles am Morgen und jetzt hing er auch noch mit Miller hier fest, der hinter ihm dumme Sprüche riss. Schließlich reichte es Kon und ohne hinzusehen kippte er Millers Pult und Sitz zur Seite, so dass er zu Boden fiel – zur großen Belustigung der ganzen Klasse.

Kon flog kurz beim Krankenhaus vorbei, wo alles unverändert war, und machte eine Runde über den gesamten Ort. Die Mädchen schienen Spaß zu haben, mit der Ausnahme von Katie, die in einer Tour fluchte, während Caroline und Delilah ihre Haare bearbeiteten. Relativ zuversichtlich, dass sie in guten Händen waren, flog Kon nach Hause.

Er hatte fast erwartet, dass Tim dort bereits auf ihn wartete, als aber Krypto der Einzige war, der ihn begrüßte, machte er sich einen kurzen Snack und wählte Tims Nummer.

„Spät dran“, meldete sich Tim, sein Atem etwas schneller als normal, „Ich bin hier fast fertig.“

Jemand rief nahe an Tims Kommunikator etwas und schrie vor Schmerz auf. „Brauchst du Hilfe?“, bot Kon an. Vielleicht musste ja die Welt gerettet werden und sie müssten den Ball sausen lassen.

„Ich werde da sein.“

„Solltest du besser auch.“ Kon trank seine Milch aus und stellte das Glas in die Spüle. „Ich glaub, ich würde die Zurückweisung nicht verkraften, wenn du mich versetzt.“

„Ich glaube“, fing Tim an, aber beendete seinen Satz erst mehrere Schüsse und einen Schrei später: „dass dein Freund dich sicher gern tröstet.“

„Was machst du überhaupt grad? Es ist doch taghell draußen.“

„Geiselnahme“, antwortete Tim knapp, „Konnte nicht warten. Ist unter Kontrolle. Ich bin unterwegs.“

Der Anruf war beendet. Kon verdrehte die Augen und steckte sein Handy wieder ein. Einzig und allein Tim nahm einen Anruf an, während auf ihn geschossen wurde. Aber wenn er jetzt auf dem Weg war, sollte Kon sich besser auch fertig machen. Er ging nach oben.

Der Anzug, der auf seinem Bett lag, sah teuer aus. Kon musterte ihn eine oder zwei lange Minuten, bevor er es aufgab, herauszufinden wie teuer. Es war auf jeden Fall etwas vollkommen anderes als Clarks alte, abgelegte Sachen.

Kon ging sich duschen. Er kämmte sich die Haare und putzte sich die Zähne, brannte den Bartschatten von seinem Kiefer, dann wusch er sich das Gesicht noch einmal, um die Asche loszuwerden. Es war kein echtes Date oder so, aber Kon mochte es, sich herauszuputzen. Und wenn Tim schon für den Anzug bezahlt hatte, dann schätzte Kon, dass von ihm auch erwartet wurde, gut auszusehen. Er wünschte sich nur wirklich, er könnte für den Abend diese dumme Brille weglassen, aber er ging wahrscheinlich schon genug Risiko ein, indem er zur Abwechslung mal ordentliche Kleidung trug.

Der Anzug saß perfekt. Was Kon nicht wirklich überraschte, auch wenn Tim nie seine Maße genommen hatte oder ähnliches – oder ihn auch nur nach seiner Jeansgröße gefragt hatte. Es war der erste Anzug, den Kon je getragen hatte, der ihm auch um die Schultern passte. Er begutachtete sich im Spiegel und rückte die einfarbig graue Krawatte zurecht. Er sah echt gut aus. Vielleicht zu gut. Er zwang sich dazu, etwas in sich zusammenzusacken und seine Schultern einzuziehen. Das zerstörte allerdings den ganzen Sitz des Anzugs und er stand schnell wieder mit geradem Rücken da, sobald er nicht mehr daran dachte.

Der Anzug selbst war in einem dunklen, leicht glänzenden Blaugrau gehalten, mit einer taubengrauen Seidenkrawatte. Das Hemd war minimal zu dunkel, um es Weiß nennen zu können, aber nicht glänzend genug, um silberfarben zu sein, und es fühlte sich glatt und kühl auf seiner Haut an. Statt Knöpfen hatte es Löcher für Manschettenknöpfe – die Tim aufmerksamerweise mitgeliefert hatte. Es waren schlichte Stahlkreise mit seinen eingravierten Initialen – CK, nicht KE – aber sie passten gut zu dem hellen Hemd. Kon war allerdings froh um seine Telekinese, weil er noch nie zuvor richtige Manschettenknöpfe getragen hatte. Sein erster Versuch sie anzulegen, hatte beinahe damit geendet, dass er sie unter dem Bett hätte suchen dürfen.

Tim hatte sogar Schuhe mitgeliefert, in demselben dunklen Grauton wie der Anzug und mit glatten Ledersohlen, bei denen Kon am liebsten geschwebt wäre, um sie nicht abzuwetzen. Sie banden sich gerade von selbst an seinen Füßen, als Martha am Türrahmen klopfte und ins Zimmer trat, ihre Kamera in der Hand und ein Lächeln auf dem Gesicht.

„Na du bist aber richtig schick“, meinte sie, während sie einmal um Kon herum ging, bevor sie die Hand ausstreckte, um sein Gesicht von einer Seite auf die andere zu drehen.

„Aw, Ma“, machte Kon und sah zu Boden.

~> tbc in Teil 14