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[ab 18!] Close To Home (von iesika) | Teil 15/18 - Druckversion

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Close To Home (von iesika) | Teil 15/18 - tenten31 - 13.10.2020

„Hey, Cowboy“, rief Clarence vom Gehsteig herüber, „komm und lass uns deinen Freund kennenlernen.“

Kon nahm das als Ausrede dafür, sich von Tim zu lösen und einen Schritt zurück zu machen. „Äh“, machte er.

„Cowboy“, sagte Tim und es klang nicht wirklich wie eine Frage.

„Wegen der Farm und – ach, es ist doof.“ Er drehte sich zu Clarence, der ihn neugierig und erwartungsvoll ansah. Hinter ihm hielt Jake immer noch Carolines Handtasche, sein Mund immer noch offen stehend. „Ähm. Das ist mein – ich meine, das hier ist—“ Er spürte, wie Tims Hand über seinen Rücken strich und dann federleicht Kons Arm berührte, als er ebenfalls auf den Gehsteig trat. „Tim“, beendete er den Satz.

Tims Art zu gehen war vollkommen anders – irgendwie lockerer, besonders um die Hüften – und einen Moment lang konnte Kon nichts anderes tun als zu starren. Er beobachtete, wie Tim sich umsah, zur dunklen Straße, zu den Ladenfronten, zu der Ansammlung Teenager. Als wäre er ein Tourist in einem fremdartigen Land. Obwohl er nichts sagte, schrie seine ganze Haltung das Wort ‚drollig‘, als ob Smallville irgendein Drittwelt-Dorf mit interessantem örtlichem Brauchtum wäre.

Die anderen Clubmitglieder starrten auch direkt zurück, als ob er vielleicht der Außerirdische in ihrer Mitte war. Kon räusperte sich und deutete jeweils auf sie. „Das ist Clarence“, stellte er vor, „Lilah, äh, Carson? Richtig? Hi. Und Katie und Mel. Caroline. Und das hier ist—“

Tim trat ein paar Schritte auf Jake zu und kam ihm dabei deutlich näher als er müsste, was diesen einen halben Schritt zurückweichen ließ. „Du musst Jake sein“, meinte er und schüttelte seine Hand mit genug Kraft, dass Jake leicht zusammenzuckte, „Conner hat mir schon so viel von dir erzählt.“

Jake seinerseits wirkte ein wenig wie ein Reh, das in die Scheinwerfer eines heran nahenden Schwertransporters blickte. Kon meinte, dass er ihm das ziemlich gut nachfühlen konnte. Er stand dumm da und sah hilflos zu, wie Tim Jake unverholen von oben bis unten musterte, ohne seine Hand loszulassen. Sein Blick blieb an Carolines Handtasche hängen und ein süffisantes Grinsen legte sich auf seine Lippen: „Was für eine bezaubernde Handtasche“, sagte er freundlich, bevor er sich abrupt zurück zu Kon drehte und Jakes Hand losließ, ohne auch nur einen weiteren Gedanken an ihn zu verschwenden. „Tut mir so leid, dass ich spät dran bin“, entschuldigte er sich, sein Tonfall sanft, „Ist noch genug Zeit, dass ich mich kurz frischmache, bevor wir aufbrechen? Mit dem Flug und dann der Fahrt…“ Er streifte sich ein verirrtes Haar aus dem Gesicht. „…sehe ich sicher grässlich zerzaust aus.“

Himmel, seine Stimme! Sie war tief und träge, kehlig und mit einem viel deutlicheren gehobenen Gotham-Akzent als sonst – und er klang, als könnte er sich nicht zwischen kokettierend und beleidigend entscheiden. „Äh, nein, du siehst—“ Kon schluckte. „gut aus. Aber, ähm, wir haben trotzdem noch ein bisschen Zeit.”

„Ich nehme an, dieses…“ Tim sah hinauf zum Schild über der Tür, „…edle Etablissement hat Toiletten, die ich nutzen könnte?“

„Was? Oh. Äh, klar. Hier, gleich nach—“ Er hielt Tim die Tür auf, bevor er bemerkte, was er da gerade tat und überlegte, sich selbst eine zu verpassen – das würde seinem Hirn sicher weniger weh tun –, aber Tim ging einfach hinein, als wäre es das Natürlichste auf der Welt, wobei er im Vorbeigehen Kon leicht am Handgelenk packte und ihn subtil mit sich zog.

„Wenn du nicht gerade ‚liebestoll ohne Hoffnung auf Erlösung‘ erscheinen willst“, murmelte Tim leise vor sich hin, „solltest du lieber an deinem schockierten Gesichtsausdruck arbeiten. Ich meine, ich weiß, dass ich heute Abend absolut hinreißend aussehe—“

„Ach hör doch auf“, zischte Kon zurück, „Warum zur Hölle bist du als du selber hier?“

„Bin ich nicht“, klärte Tim ihn mit einem kurzen, harten kleinen Lächeln auf, so dass er für den Bruchteil eines Augenblicks auch wie er selbst wirkte, bevor sie die Tür zu den Toiletten erreichten. Das Lächeln ging in das träge, schiefe kleine Lächeln über, das anscheinend Tim Wayne, Partylöwe, bedeutete und seine Augen gingen in stiller Anweisung zur Tür. Kon seufzte und drückte sie für ihn auf. Schließlich ließ er sie wieder los und drehte sich zu seinen Freunden um, die ihnen nach drinnen gefolgt waren.

Kaum dass die Tür sich wieder geschlossen hatte, packte Chase Kon am Arm und zog ihn in eine Tischnische. „Wie verdammt nochmal kann es sein, dass du mit Tim Wayne zusammen bist?“, verlangte er halblaut, als er sich ihm gegenüber setzte. Clarence und Lilah scharten sich ebenfalls um sie, während Jake lieber ein paar Meter weiter am Tresen verharrte. Er stapelte Teller und Tassen, um seiner Schwester zu helfen, die immer noch in der Küche war. Caroline erzählte einem Kreis von Leuten beim Eingang eifrig, wer da gerade ins Diner gekommen war.

So nahe an der Wahrheit wie möglich, richtig? „Ich, äh. Hab gefragt.“

„Du—“ Chases Mund blieb offen stehen und er starrte Kon einfach nur an. „Verflucht! Du hast echt Eier in der Hose.“

Delilah schubste Chase so lange, bis er neben sich genug Platz für sie gemacht hatte. „Wo hast du ihn überhaupt kennengelernt?“

„Äh. Gotham.“ Tim kam wieder heraus, seine Haare nun ordentlich nach hinten gekämmt und mit Gel fixiert. Alle waren so auf Kon fokussiert, dass sie ihn gar nicht bemerkten.

„Okay“, gab Delilah zurück, „aber wie?“

Tim trat vor und legte seine Hände auf die Lehne der Tischnische, zu beiden Seiten von Delilahs Schultern. Als sie seine Anwesenheit immer noch nicht bemerkte, beugte er sich ein wenig nach vorne. „Naja“, meinte er und sie zuckte leicht zusammen, „Sein Cousin ist ein Freund der Familie. Ich habe eines Tages Clarks Hilfe gebraucht und stattdessen kam schließlich Conner.“

Was absolut der Wahrheit entsprach, obwohl Superbösewichte beteiligt gewesen waren. Kon biss sich von innen auf die Lippe, um nicht loszulachen.

„Und er hat so einen bleibenden Eindruck hinterlassen, dass ich ihn einfach ausfindig machen musste.“

So einen bleibenden Eindruck im Gehsteig. Ivy hatte ihn in ihre Klauen bekommen und Tim hatte sie mit einem Brocken Kryptonit bis nach Hawaii verfolgt. Aber in Ordnung, wenn Tim dieses Spiel spielen wollte… „Du mochtest es nur nicht, dass ich mit dieser heißen Rothaarigen abgehauen bin.“

Chase drehte sich auf seinem Platz vor und zurück, als würde er gerade ein besonders fesselndes Tennismatch verfolgen. Delilah versuchte sich möglichst nicht anmerken zu lassen, wie ehrlich genervt sie davon war, dass Tim sich so über sie beugte.

Tims Augen verengten sich leicht. „Ich hab lediglich auf dich aufgepasst. Sie hatte da einen gewissen… Ruf.“

„Also“, gab Kon zurück und glaubte, so langsam den Dreh heraus zu haben, „bist du uns zurück zu mir gefolgt und hast mir ins Gesicht geschlagen…“

Tims Augen verengten sich noch weiter und mit einem Mal erkannte Kon den Gesichtsausdruck als ein winzig kleines Robin-Lächeln, das sich unter dem versnobten Grinsen versteckte. „Ich behaupte immer noch, dass das absolut gerechtfertigt war“, antwortete Tim, wobei er so sehr wie er selbst klang wie die ganze Zeit seit er hier angekommen war nicht. Kon musste grinsen. Tim war immer noch da, unter dem ganzen hochmütigen und seltsam kokettierenden Gehabe. Solange er Tim unter der Verkleidung erkennen konnte, konnte er sich auch in Erinnerung rufen, dass es eine Verkleidung war. Und hoffentlich die nächsten paar Stunden überstehen, ohne dass ihm eine Ader platzte.

Chase drehte sich seitlich auf der Bank und rutschte etwas zurück, so dass er sie beide im Blick hatte. „Ich hab jegliches Vertrauen in den International Querier verloren“, verkündete er mit leichter Bewunderung in der Stimme, „Wie zur Hölle habt ihr sowas aus der Klatschpresse raus gehalten?“

„Damals war er noch kein Wayne“, meinte Kon, „Stimmt doch, oder? Sweetheart?“

„Nicht dem Namen nach, nein“, stimmte Tim zu. Er neigte den Kopf und warf Kon einen überraschend heißen Blick aus halb geschlossenen Augen zu. „Darling.“

Er und Tim fixierten sich einen langen Moment mit Blicken, bis Jake sich leise vom Tresen aus einschaltete: „Also… Tut mir leid, wenn das jetzt unhöflich klingt, aber... Du bist wirklich Bruce Waynes Sohn?“

„Adoptiert“, antwortete Tim und wandte Jake, der sich immer noch die Hände an seinen Hosen abwischte, sein gefährlich träges Lächeln zu.

Jakes Blick wanderte hastig mehrmals von Tim zu Kon und zurück, als dachte er, dass er irgendwas verpasst hatte. Vielleicht sowas wie eine Pointe.

„Ich hab ja immer gedacht, Wayne ist schwul“, sagte Chase, „Ich mein, bist du nicht schon der dritte oder vierte Typ, der bei ihm eingezogen ist?“

Tim verzog das Gesicht. „Ich würde es vorziehen, nicht über sein Liebesleben nachzudenken, danke.“

„Aber es gibt ziemlich viele Gerüchte“, fuhr Chase fort, „Hat er denn nie—“

„Igitt“, unterbrach Kon ihn laut, „Chase, im Ernst, hör auf damit. Er ist—“ Er sah zu Tim. „Er ist—“ Batman. „Sowas wie Tims Dad, okay?“

„Weiß er‘s?“, fragte Clarence, „Das mit euch, mein ich?“

Tim lachte, bevor Kon etwas erwidern konnte: „Oh, definitiv. Wir sind schon öfter als ich zählen kann wegen Conner aneinander geraten.“

Clarence runzelte die Stirn: „Er mag‘s nicht, dass du mit einem Kerl zusammen bist?“

Jetzt war es Kon, der lachte. Die Antwort darauf kannte er nur zu gut. „Er mag einfach nur mich nicht.“

„Ach, komm schon“, meinte Tim lächelnd, „Er hat sich mit dem Gedanken angefreundet. Und nach den ganzen Reisen, die ich letzten Herbst gemacht hab, hat er mir sogar gesagt, wie froh er ist, dass du für mich da warst, als ich dich gebraucht hab.“

Kon lehnte sich verwirrt blinzelnd zurück. Das konnte man gar nicht anders als wie ein Kompliment auffassen. Ein Kompliment von Batman!

„Jedenfalls reden wir nicht viel miteinander über unsere Gefühle, aber er leiht mir den Jet, wenn ich Conner besuchen will. Das muss doch was heißen, meinst du nicht?“

„Jet?“, quiekte Jake.

Tim rollte seine Schultern zurück und seufzte: „Ich hab keine Ahnung, wie jemand ohne einen Jet eine Long-Distance-Beziehung führen kann. Und bevor ich selber meinen Pilotenschein hatte, hat mein Bruder mich hierher geflogen—“

„Dein… Bruder?“, fragte Chase interessiert, “Du hast also Brüder.”

„Drei“, stimmte Tim zu.

„Einer von ihnen single?“

Das Lachen, das explosionsartig aus Kon heraus brach, überraschte sogar ihn selbst. Er zog die Aufmerksamkeit des gesamten Diners auf sich, aber er konnte einfach nicht aufhören. Er hielt sich die Hände vor den Mund, um das Lachen zumindest zu dämpfen, und beugte sich tiefer über den Tisch. Als er sich schließlich wieder unter Kontrolle hatte, hatte er Tränen in den Augen. „Du – ha!“ Er wischte sich übers Gesicht. „Oh Gott. Tut mir leid, Chase, aber schlechte Nachrichten. Einer ist grad mal elf, einer ist ein Psycho und der einzige, der‘s überhaupt wert wäre, mit ihm zu reden, ist nur sowas wie der passionierteste Hetero-Kerl, den ich je getroffen hab.“

Tims Schmunzeln wurde schärfer, bis er schließlich wie er selbst aussah. „Warum glaubst du, dass Dick hetero ist?“

„Ähm“, machte Kon verdutzt, „Kory?“

„Du solltest mal mehr mit deinem Cousin reden“, gab Tim zurück und richtete sich von seiner lehnenden Position auf. „Sollten wir nicht langsam losfahren? Ich meine, ich verstehe, dass es schick ist, zu spät zu sein, aber man kann auch zu weit gehen…“

„Warte“, meinte Kon betroffen, aber alle stimmten Tim bereits zu und schnappten sich ihre Taschen und Jacken, als sie aufstanden. „Nein, warte, Mann – Tim!“

Tim drehte sich zu ihm um.

Clark?“

Tim zuckte die Schultern.

„Ja klar.“

Jake war der Einzige, der ihnen noch zuhörte und er starrte Tim mit großen Augen und offenem Mund an. Er hatte gesagt, dass er Clark kannte, erinnerte sich Kon. Natürlich war er also total verblüfft. Weil Tim das sowas von erfunden hatte! Das musste er einfach haben.

„Ja klar“, wiederholte Kon, „Ha ha, sehr lustig.“

„Ich hab Fotos“, meinte Tim beiläufig, als Russell kam und Jake von ihnen weg und Richtung Tür führte. „Und jetzt komm schon, bevor sie uns zurücklassen. Ich hab schließlich keine Ahnung, wo wir hin müssen.“

„Fotos?“ Fotos? Tim hatte – was? Welche Art Fotos? Kon saß in der Bewegung erstarrt, halb aufgestanden.

„Wenn du dich nicht beeilst, zeig ich sie dir noch“, drohte Tim.

Kon beeilte sich lieber.

*

Die Anderen stiegen alle in Autos und Minivans. Nachdem Katie kurzzeitig noch versucht hatte, ihn zum Tauschen zu überreden, saß Kon inzwischen ungelenk hinter Tim auf dessen Ducati und versuchte herauszufinden, was zur Hölle er mit seinen Händen machen sollte. Er war noch nie wirklich auf einem Motorrad mitgefahren – zumindest keinem richtigen. Er glaubte nicht, dass das Supercycle zählte. Das hatte eine Art Fahrgastraum im hinteren Teil gehabt – und überhaupt hatte es ein eigenes Bewusstsein gehabt. Und war mit mehreren hundert Meilen pro Stunde geflogen.

Kon musste sich nicht wirklich festhalten, aber es würde seltsam aussehen, wenn er es nicht tat. Aber das brachte alle möglichen neuen Probleme mit sich. Sollte er sich an Tim festhalten oder am Sitz oder wo? Es gab keine Rückenlehne und selbst wenn doch, dann waren Tim und er schließlich angeblich ein Paar, oder?

„Halt dich an mir fest“, flüsterte Tim leise.

Kon legte seine Hände auf Tims Hüften.

„Fest“, beharrte Tim, bevor er kurz für einen Kickstart des Motors aufstand. Kon war nicht wirklich darauf vorbereitet gewesen, wie sich das Brummen des Motorrads zwischen seinen Beinen anfühlen würde. Schließlich schlang er seine Arme um Tims Brust, als das Motorrad sich in Bewegung setzte. Die Frage, wo er seine Hände hin tun sollte, war also kein so großes Problem wie er befürchtet hatte.

Wäre Kon auf einem Motorrad hinter jemandem mitgefahren, mit dem er wirklich zusammen war, war er sich ziemlich sicher, dass er es als sexuelle Erfahrung gesehen hätte. Er konnte Tims Herzschlag gegen seine Brust und unter seinen Händen fühlen, genauso wie das Zucken seiner Muskeln, wenn sie sich in die Kurven legten, ihre Körper eng gegeneinander gepresst. Nachdem das hier allerdings Tim war, versuchte Kon sehr, nicht daran zu denken, wie eng er gegen Tims Hintern gedrückt war und wie der Sitz unter ihm vibrierte. Er versuchte nicht einmal zu ertasten, wo genau seine Hände lagen.

Sie würden miteinander tanzen müssen, ging es Kon mit einem Mal auf. Tanzte Tim überhaupt? Kon fand es schon schwer, sich vorzustellen, wie er auch nur den typischen Schüler-Stehblues tanzte, aber Tim Wayne… Kon konnte nur hoffen, dass er nicht in irgendein schickes Gesellschaftstanz-Ding hineingezogen würde, von dem er keine Ahnung hatte. Das wäre schon ein großartiger Weg, ihn wie einen Idioten aussehen zu lassen.

Das Gemeindezentrum lag nur ein paar Blocks entfernt. Als sie dort ankamen, war es hell erleuchtet und darum herum standen jede Menge Autos und Gruppen von Teenagern in Anzügen und Kleidern. Das Heulen der Ducati ließ die meisten davon zu ihnen sehen – und sie anstarren. Auch wenn Kon nicht so recht wusste, ob sie beide oder das Motorrad mehr Aufmerksamkeit auf sich zogen – zumindest bis sie abstiegen und ihnen alle Blicke folgten.

Der Rest des Clubs stieg aus den Vans aus wie Clowns aus einem Zirkuswagen, obwohl sie erst dann Aufmerksamkeit auf sich zogen, als sie anfingen sich in Paaren zusammenzufinden. Tim legte einen Arm um Kons Hüfte, wobei seine Hand besitzergreifend in Kons Rücken lag. Er ging auf die Zehenspitzen und drückte seine Lippen gegen Kons Ohr: „Showtime, Loverboy!“

Oh, das war so unfair! Kon war – Kon hatte sehr empfindliche Ohren! Und ein Supergehör, Tim hätte also gar nicht so nah kommen müssen! Er erschauderte und schloss sich dann den anderen an, die sich in einer lockeren Zweierreihe aufgestellt hatten, mit Clarence wie ein Tambourmajor allein an der Spitze. Von den anderen Schülern um sie herum waren ein paar Buhrufe und Auspfeifen zu hören, und Kon konnte einige Leute hören, die ungehalten vor sich hin murmelten, und noch einige mehr, die lachten. Aber niemand näherte sich ihnen direkt, als sie durch die Doppeltür hinein in die Lobby gingen. Kon konnte das nur als ein gutes Zeichen werten.

Allerdings wurden sie an den Türen zum Ballsaal von einem älteren Mann aufgehalten, den Kon nicht kannte und der anscheinend ein Problem mit Daniels Date hatte. „Wenn du kein Schüler bist, kann ich dich nicht rein lassen.“

„Aber ich hab ihm ein Date-Ticket besorgt“, protestierte Daniel.

Kon und Tim gingen zum vorderen Ende der Schlange, vorbei an den restlichen umherlaufenden Schülern.

„Date-Tickets sind für Dates, junger Mann, nicht für deine Freunde von anderen Schulen.“

„Er ist mein Date“, gab Daniel zurück.

Der Mann blinzelte verwirrt und trat einen Schritt zurück. „Nein, das – das ist unvertretbar.“

„Warum?“, fragte Kon, „Sie haben auch Lilahs Freund rein gelassen und er ist nicht mal mehr auf der High School.“

„Pssst“, zischte Russell hinter ihm.

„Wir könnten uns ein bisschen umsortieren, wenn das hilft“, schlug Katie vor. Sie hakte sich bei Kon unter. „Dein Freund kann mit Mel rein gehen. Caroline und Daniel können tauschen—“

„Nein“, meinte Kon, „Er wird uns gefälligst rein lassen. Wir haben Date-Tickets gekauft, wir haben Dates dabei. Basta.“

Der Blick des Mannes ging über die Menge an gleichgeschlechtlichen Paaren, die inzwischen die halbe Lobby füllten. „Ist das irgendein Trick? Oder ein Streich?“

Tim schob verärgert Katie von Kons Arm und ergriff ihn selbst. „Ist dieses Dorf wirklich so rückständig?“

„Das hier ist ein Schulball!“, beharrte Kon, „Alle stehen sowieso nur rum, reden und trinken Bowle. Was glauben Sie denn, was wir machen werden?“

„Ganz offensichtlich ist er sich bewusst, dass du deine Finger nicht von mir lassen kannst“, meinte Tim in gelangweiltem Ton, „Natürlich fangen wir mit der homosexuellen Orgie an, sobald er nicht hinsieht.“

Kon war zu sehr damit beschäftigt, sich möglichst nicht an seinem Lachen zu verschlucken – das mit dem entsetzten Gesichtsausdruck des Türstehers nur noch schlimmer wurde –, um zu bemerken, wer aus dem Ballsaal heraus zu ihnen trat, bevor es zu spät war. Er sah, wie eine riesige Hand klatschend auf der Schulter des Kerls landete, bevor er in Clarks leicht belustigtes Gesicht blickte.

Kon war sich sehr sicher, dass er sterben würde.

„Stimmt was nicht, Earl?“, fragte Clark den Türsteher mit der vollen, sanftmütigen Ernsthaftigkeit eines Clark Kent. „Oh, hi, Conner! Ich hatte mich schon gefragt, wo ihr bleibt.“

„Was machst du denn hier?“, platzte es unwillkürlich aus Kon heraus. Oh Gott! Er konnte Clark nichtmal ins Gesicht sehen, weil er immer noch an Tim Fotos denken musste.

„Tja, die Schule hat mich auf der Suche nach Aufsichtspersonen angeschrieben und ich dachte mir, es wäre schön, Ma übers Wochenende zu besuchen. Lois ist hier auch irgendwo – sie versteckt sich aber. Eine der Englischlehrerinnen hat versucht, sie zu einem Gastvortrag zu überreden und mit einem Mal hat sie eine Blasenschwäche entwickelt. Oh, aber wir halten hier alle auf. Kommt schon rein und blockiert nicht weiter die Tür.“

„Aber“, protestierte Earl.

„Tim“, meinte Clark und hielt ihm seine Hand zum Schütteln entgegen, „Schön, dich zu sehen. Wie läuft das Übernahmeangebot?”

„Wenn du davon hättest wissen sollen“, gab Tim zurück, „hätte Bruce dir davon erzählt.“

„Ha! Okay, na gut.“ Er gab die Tür frei und deutete Kon und den Anderen, dasselbe zu tun. „Ich musste es zumindest versuchen. Irgendwie muss man ja seinen Lebensunterhalt verdienen. Trotzdem schön, dich zu sehen. Übernachtest du auf der Farm?“

„Tja“, machte Tim, mit einem Mal verschlagen. Er schlang einen Arm um Kons Taille, obwohl Kon versuchte ihn möglichst unbemerkt wegzudrücken. „Das kommt drauf an.“

„Worauf?“

„Darauf, ob du und Lois das Gästezimmer nehmen. Du weißt, dass ich nichts dagegen hab, bei Conner zu schlafen…“

Kon hielt es nicht länger aus. Er packte Tim am Arm und marschierte mit ihm weg in Richtung Tanzfläche, wo die anderen Clubmitglieder bereits herumstanden. „Was zur Hölle?“, verlangte er.

„Sweetie“, antwortete Tim in seinem bescheuerten, schrecklichen Tim-Wayne-Ton, „Du weißt doch, dass ich nur Spaß mach.“ Er griff nach Kons Hand und verschränkte ihre Finger ineinander, bevor er seine freie Hand auf Kons Schulter legte. „Tanzt du mit mir?“ Sein Blick ging zur Seite und Kon drehte sich um, wo er Jake sah, der sie über Russells Schulter hinweg beobachtete.

„Du—“, zischte Kon. Bevor er aber noch ein weiteres Wort herausbrachte, hatte Tim ihn bereits zu sich gezogen, so dass ihre Oberkörper sich berührten, und legte einen Arm um Kons Schultern. Kon tat es ihm gleich, ohne auch nur darüber nachzudenken, so dass seine Hand zwischen Tims Schulterblättern zu liegen kam.

„Oh, sei nicht sauer, Babe. Clark weiß, dass es nur Spaß war.“

„Bist du sicher?“, fragte Kon mit Nachdruck, wenn auch leise, jetzt wo sie so eng beisammen standen. Er merkte, dass sehr viele Leute zu ihnen sahen. „Warum ist er überhaupt hier?“

Tim fing an, sich im Takt der Musik zu wiegen und drängte Kon so mit sich, einen langsamen Bogen beschreibend. „Dir ist schon klar“, meinte er halblaut und klang dabei glücklicherweise wie er selbst, trotz des Tim-Wayne-Lächelns, „dass die Chancen recht hoch sind, dass der Mörder heute Abend hier ist? Und deine Freunde—“ Dabei nickte er zu Katie und Mel, die nicht weit von ihnen entfernt tanzten, Mels Wange in Katies Ausschnitt gepresst, „—verhalten sich absichtlich provozierend?“

Provozierend“, höhnte Kon, „Sie tanzen doch einfach nur.“

„Sie beziehen Stellung“, verbesserte Tim, „sozial und politisch. Sie weigern sich, sich einschüchtern zu lassen. Das ist bewundernswert, aber es eröffnet die Möglichkeit, dass es die Aufmerksamkeit deines Killers erregt.“

Kon stolperte leicht, als Tim sie herum drehte. Es war seltsam, sich mit ihm zu unterhalten, während ihre Gesichter so nah aneinander waren, aber hey, wenigstens hatte Tim sich kürzlich erst die Zähne geputzt. „Glaubst du wirklich, dass der Killer hier was versuchen würde, so gerammelt voll wie‘s hier ist?“

„Wenn er aufgebracht genug ist? Vielleicht.“ Tim verlagerte seine Hand an Kons Rücken und zog ihn noch etwas enger an sich. Er roch anders als sonst – schwach nach Aftershave und etwas, das sein Haargel sein könnte, anstatt nach sauberem Schweiß und Waschmittel. „Und es ist wahrscheinlich am besten, wenn Superboy möglichst nicht in Erscheinung tritt.“

Kon hielt in der Bewegung inne.

„Als jemand, der wirklich schon mal vor den Augen seiner Klassenkameraden kämpfen musste – naja, dachte ich mir, du würdest dir die Erfahrung wahrscheinlich lieber ersparen.“

„Du hast ihn drum gebeten zu kommen!“

Tim zog an ihm, bis Kon wieder in Tanzhaltung zurückfiel und sie einen groben Kreis beschrieben. „Ehrlich gesagt“, flüsterte er viel zu nah an Kons Ohr, „versuchen Schulen immer, ihre weltberühmten Ehemaligen mit Pulitzerpreis dazu zu bringen, bei Schulfesten dabei zu sein. Und er musste nicht besonders überredet werden.“

Kon kochte innerlich. „Warum führst du überhaupt?“

„Weil du dich nicht bewegt hast?“ Tim verlagerte seine Hand erneut. „Hier, wenn du willst, kannst du führen. Du bist sowieso größer.“ Er trat etwas zurück und dann wieder näher, während sie ihre Arme und Beine neu ordneten – und zu seiner Überraschung vermisste Kon in diesem kurzen Moment, in dem Tim nicht mehr da war, seine Wärme und Berührung. „Ich hab ihn nicht eingeladen, um dich zu blamieren“, fuhr Tim fort, „Er ist unsere Verstärkung.“

„Seit wann—“ Kon merkte, dass seine Stimme viel zu laut war und senkte sie zu einem harten, raschen Flüstern: „Seit wann brauchen wir beide Verstärkung, um mit einem einzigen niedrigstufen Meta fertig zu werden?“

Tim warf ihm einen verschlagenen Blick zu, irgendwo zwischen Red Robin und Tim Wayne. Es war gelinde gesagt befremdlich. Er drückte sich enger an Kon und legte den Kopf auf Kons Schulter, sein Atem warm gegen Kons Hals. „Seit wir die verlockendsten Ziele im Raum geworden sind.“

„Seit—“, wiederholte Kon, bevor er abbrach. „Was?“

Kon hätte es für unmöglich gehalten, aber Tim schmiegte sich definitiv noch enger an, bis seine Lippen beim Sprechen federleicht Kons Haut berührten. „Sieh dich um, Loverboy. Alle Blicke ruhen auf uns.“

Kon sah auf. Jake und Russell tanzten immer noch nicht allzu weit von ihnen entfernt, aber mit erheblich mehr Abstand zwischen ihnen als Tim und Kon. Jake sah definitiv zu ihnen – er sah hastig weg, als er bemerkte, dass Kon seinen Blick hob. Überall um sie herum aber sahen die Leute mindestens immer wieder einmal in ihre Richtung. Er erweiterte für einen Augenblick seine Wahrnehmung, insbesondere sein Supergehör, und ja, unter der lauten Musik und dem allgemeinen Gebrummel von Gesprächen hörte er viele Leute über Tim Wayne und Conner Kent reden.

„Du finsteres Genie“, flüsterte Kon voller Bewunderung. Er war so daran gewöhnt, Tim als Experten darin zu sehen, unbemerkt zu bleiben. Aber heute Abend hatte er diesen Umstand komplett auf den Kopf gestellt. Es war auf sonderbare Weise wirklich wie damals bei Mister Sacastic. „Deshalb bist du so? Deshalb hast du dich nicht verkleidet? Deshalb bist du so…“ Unausstehlich? Kokettierend?

„Teilweise. Liest du die Klatschpresse?“, fragte Tim, „Siehst die Promisendungen an?“

„Äh, nein.“

Tim drückte mit einem leisen Lachen sein Gesicht gegen Kons Schulter. „Hm. Kein Wunder, dass du dann so geplättet warst, wenn du noch nie Brucie in Aktion gesehen hast.“

Kon verzog den Mund. „Brucie?“, fragte er. Er konnte nicht Batman meinen, denn nie im Leben würde jemand Batman so einen bescheuerten Spitznamen geben.

Tim löste sich etwas von ihm, griff um und… schien wie ausgewechselt; seine ganze Haltung war anders. „Ha ha ha, Tiger!“ Er riss Kon in einer unangenehmen Drehung herum und zog ihn in fassungslosen, stolpernden Schritten mit sich. „Du bist einfach ein umwerfender Tänzer, weißt du das?“ Er trat Kon auf den Fuß – fest genug, dass Kon dankbar für seine Unverwundbarkeit war. „Ups. Sorry, Schätzchen, das kommt von dem ganzen Champagner! Weißt du, du solltest mal mit mir und den Jungs zum Skifahren kommen. Es gibt da dieses entzückende kleine Chalet in der Schweiz – oder war‘s Schweden? Welches davon hat das Skifahren? Ich bring die beiden immer durcheinander. Eins davon hat Skipisten und das andere hat Fleischklopse.“

„Gott, hör auf!“, zischte Kon. Er riss Tim wieder zu sich und drückte mit einer Hand seinen Kopf zurück an seine Schulter, in dem Versuch, ihn zurück in die andere Rolle zu zwingen. Am anderen Ende des Raums konnte er Clark lachen hören, als wäre es das Lustigste der Welt. „Du bist manchmal echt unheimlich!“

Tim zuckte die Schultern, bevor er sich wieder an Kon schmiegte. „Das ist mein Job.“

„So unheimlich“, wiederholte Kon voller Zuneigung. Tims Haare kitzelten beim Sprechen an seinen Lippen. „Wie bist du eigentlich so gut drin geworden, andere Leute zu sein?“

Tims Hand glitt Kons Rücken nach unten, bis sie in seinem Kreuz zu liegen kam. „Hm. Ich bin mir nicht sicher? Ein Teil ist gelernt. Bruce und Alfred sind beide vollendete Schauspieler. Aber… naja, ich war schon immer gut drin… mich zu verstecken, schätze ich.”

„Dich verstecken?“, fragte Kon. Er drehte den Kopf leicht, um seinen Mund aus Tims Haaren zu bekommen, und legte stattdessen seine Wange dagegen. Seine Gedanken wanderten zur alten Robin-Maske – der grünen, die Tim getragen hatte, als sie sich das erste Mal getroffen hatten, und die die Augen hinter weißen Linsen versteckte. Er hatte so lange nicht gesehen, was sich hinter dieser Maske versteckte. Sie waren Freunde und Teamkameraden gewesen, hatten gemeinsam gekämpft und gestritten, hatten Leben gerettet, hatten sich gegenseitig das Leben gerettet und er hatte nicht gewusst, welche Augenfarbe Tim hatte. Hatte seinen Namen nicht gekannt. Hatte nicht einmal gewusst, dass er eine Familie hatte, bis lange nachdem seine halbe Familie schon tot war. Nicht einmal Tims eigene Eltern hatten ihn gekannt – nicht wirklich. Vielleicht bis zum Schluss nicht. „Ja“, machte er und ihm wurde ein wenig eng ums Herz, warum auch immer.

„Es geht immer nur darum, die Geheimnisse zu schützen“, fuhr Tim gegen Kons Schulter fort, scheinbar Kons plötzlichen Stimmungsumschwung nicht wahrnehmend. „Das, was wir tun – wir armen verrückten Normalos in Masken und Strumpfhosen, meine ich – naja, es ist eben auf Furcht angewiesen. Und auf Heimlichkeit. Es würde ohne das ganze Schauspielern nicht funktionieren. Also ist Red Robin nicht ich. Aber ich bin auch nicht immer Tim. Oder Tim ist nicht immer ich.“ Er hielt inne und schüttelte den Kopf, als er sich ein Stück löste und Kon ansah. „Das ergibt wahrscheinlich gerade keinerlei Sinn.“

„Bei mir kannst du aber du selbst sein“, meinte Kon ernst, „Das weißt du, oder? Wir – du und ich – es gibt nichts, das du je vor mir verstecken müsstest.“

Tims Gesichtsausdruck veränderte sich nicht – nicht wirklich –, doch sein Blick wurde für einen Moment seltsam sanft. Seine Augen waren wirklich blau, so aus nächster Nähe – wirklich verblüffend. Tims Pupillen waren groß im schwachen Licht, mit nur einem dünnen farbigen Ring darum. Dann blinzelte Tim zweimal und wandte das Gesicht ein winziges Stück ab. Er schluckte. „Im Moment sind wir aber nicht allein.“

Kon sah sich um. Ein paar Leute sahen auf jeden Fall immer noch zu ihnen herüber, aber es war nicht annähernd so schlimm wie vorher. „Ja, aber ich glaub, so langsam wird allen langweilig.“

Tim gab einen kleinen misbilligenden Laut von sich. „Das können wir so aber nicht belassen.“

Kon lachte leise. „Also, Mister Experte, was schlägst du vor, dass wir dagegen tun?“

Einen Augenblick schwieg Tim, bevor er den Kopf einen Bruchteil eines Zentimeters neigte und in sein Tim-Wayne-Lächeln zurückfiel. „Dipp mich!“

„Was?“

„Dipp mich!“, verlangte Tim.

Kon verdrehte die Augen, aber als die Musik an eine Stelle kam, wo es nicht allzu unpassend wirkte, bugsierte er Tim in einer übertrieben überschwänglichen Drehung an seinen Arm und dippte ihn tief, bis nur noch seine Telekinese und Tims verrückter Gleichgewichtssinn ihn auf den Füßen hielten. Tim lachte laut – nicht sein echtes Lachen, sondern etwas Grelles, Künstliches – und warf mit funkelnden Augen den Kopf in den Nacken.

Er sah wirklich aus, als amüsierte er sich gerade wunderbar. Kon fragte sich einen langen Moment, ob er mit Spoiler so gewesen war, damals, bevor sie ihm das Herz gebrochen hatte. Er glaubte nicht, dass er Tim jemals verliebt miterlebt hatte, was ihm mit einem Mal schrecklich schade vorkam. Tim war inzwischen die ganze Zeit so verschlossen. Kon hätte ihn nur zu gerne ehrlich so offen und fröhlich erlebt, und nicht nur als Teil einer Rolle.

Er zog Tim wieder nach oben und in eine weitere Drehung, bevor er ihn wieder auffing und mit genug Schwung an sich zog, dass Tim sich mit den Händen an Kons Oberkörper abstützen musste. Er spürte sie über sein Hemd nach oben gleiten und dachte, Tim würde seine Hände auf seine Schultern legen – bis Tims Finger direkt weiter seinen Hals hinauf strichen, sich um seinen Kiefer legten und ihn zu ihm zogen. Er erkannte gerade rechtzeitig, was hier passierte, um nicht direkt zusammenzuzucken, als Tims Lippen sich auf seine legten, solide und fordernd gegen Kons, sein Atem warm und schwach minzig.

Kon erstarrte vor Schreck, sämtliche Muskeln in seinem Körper unbeweglich und angespannt. Um sie herum konnte er die Reaktionen der anderen Tänzer wie durch einen Nebel hören – Schock und Empörung und, im Falle ein paar seiner Freunde, Entzücken. Am anderen Ende des Ballsaals konnte er Clark sich an seiner Bowle verschlucken hören, bevor Lois lachte – und irgendwie war das genau der Anstoß, den er brauchte, um seine Arme eng um Tims Taille zu schlingen und den Kuss zu erwidern.

Wenn sowieso alle sie schon anstarrten, dann konnten sie ihnen genauso gut auch eine Show bieten. Kon beugte Tim über seinen Arm nach hinten, der Kuss innig und feucht und so obszön, wie er ihn nur machen konnten. Er leckte über Tims Lippen, dominant und schmuddelig wie etwas aus einem Porno, leckte über seine Zähne und seine Zunge. Er drückte ihre Körper eng aneinander und ging einfach ran. Er küsste Tim, als würden sie gleich hier und jetzt auf der Tanzfläche vögeln, schwer atmend und mit offenem Mund – und Tim teilte ebenso heftig aus wie er einsteckte, biss Kon auf die Lippe, saugte an seiner Zunge, tief und fest. Tim stöhnte, eine Hand an Kons Hinterkopf, die andere weiter nach unten wandernd, um sich an seinem Hintern festzuhalten und ihre Hüften gegeneinander zu pressen.

Was Kon zu schaffen machte, war das Stöhnen, wie es in Tims Brust nachhallte, dann grollend seinen Weg hinauf in Tims Kehle fand und schließlich in Kons Mund überlief. Kon schluckte es gierig, denn auch wenn er wusste, dass das alles nur geschauspielert war, nur ein weiterer perfekter Charaktermoment von Tim Wayne, dem schwulen Partylöwen, so fühlte es sich trotzdem real an. Es fühlte sich gut an. In seiner Brust stieg wieder einmal dieses übersprudelnde Gefühl auf, dasselbe Gefühl, das er hatte, wenn er es schaffte, Tim wirklich zum Lachen zu bringen und—oh. Shit. Fuck. Kon steigerte sich gerade ein wenig zu sehr hinein, denn – er spürte ein Zittern durch seinen ganzen Körper gehen, als Tims Zähne seine Zunge entlang schabten – denn er wurde langsam steif. Er versuchte sich ein wenig zurückzunehmen, lockerzulassen, aber Tim wollte davon nichts wissen. Er wollte ihn nicht loslassen – wollte ihn sich nicht zurückziehen lassen.

Tim würde es sicher spüren, so eng wie ihre Hüften gegeneinander gedrückt lagen. Jede Sekunde wäre es soweit. Kon zog, fester diesmal. Er konnte fühlen, wie sich Tims Griff etwas lockerte, aber er ließ immer noch nicht los. Kon hatte keine Ahnung, wie er aus dieser Situation wieder heraus kommen sollte – er konnte schließlich nicht einfach Tim wegstoßen. Sie gaben vor, ein Paar zu sein – und Tim würde so oder so wahrscheinlich erraten, warum Kon sich mit einem Mal sträubte, dieses Spiel weiter aufrecht zu erhalten. Gott, er würde Kon auf ewig damit aufziehen!

„Gentlemen!“

Kon löste sich keuchend aus dem Kuss und stolperte einen Schritt rückwärts, als Tims Griff sich so plötzlich lockerte. Ein paar lange Sekunden stand er einfach nur da, schwer atmend, und starrte Tim an, der die Augen geschlossen hatte. Sein Mund stand immer noch leicht offen und er atmete schwer und unregelmäßig. Kon konnte ihn nur dumm anstarren, als Rektor Cross eine Hand auf Kons Schulter legte.

„Mister Kent, Ihr Verhalten erstaunt mich“, meinte Cross  leise und kaum hörbar über das Rauschen in Kons Ohren, „Das hier ist ein Schulfest. Und bevor Sie jetzt etwas sagen: Solches Verhalten wäre Ihnen so oder so nicht gestattet, egal wer Ihr Date ist.“

„Ich…“, setzte Kon an. Er schüttelte den Kopf und blinzelte ein paarmal heftig. „Entschuldigung, Sir. Ich wollte nicht – ähm…“ Als er den Satz so unvollendet ließ, öffnete Tim langsam die Augen etwas, gerade genug, dass Kon erkannte, wie dunkel sie unter seinen flatternden Wimpern waren. Er hatte keine Ahnung mehr, was er eigentlich hatte sagen wollen.

„Gehen Sie sich etwas Bowle holen“, wies Cross ihn an und tätschelte ihm die Schulter, „Schnappen Sie etwas frische Luft. Kühlen Sie sich ein wenig ab.“

„Ja“, machte Kon, ohne richtig mitzubekommen, was er denn da zugestimmt hatte. Er beobachtete, wie Tims Zungenspitze über seine Lippe huschte und wieder verschwand, und Kon leckte sich aus Sympathie ebenfalls die Lippen. Gott, das war… Kon glaubte nicht, dass er jemals zuvor jemanden so geküsst hatte, und er war sich nicht einmal sicher, was daran diesen Kuss denn nun so anders machte. Es hatte sich angefühlt wie… Ein angenehmes Schaudern erfasste seinen ganzen Körper, und er schüttelte erneut den Kopf. Tim beobachtete ihn aus halb geschlossenen Augen, sein Blick huschte abwärts und dann zurück zu Kons Gesicht.

Fuck! Kon widerstand dem Bedürfnis, selbst an sich hinab zu sehen. Das hatte ihn definitiv mehr erregt als es sollte. Es war wahrscheinlich nicht für alle offensichtlich, aber Tim konnte ziemlich sicher sehen, welche Wirkung dieser Kuss auf ihn gehabt hatte. Ein einzelner Kuss. Kon hatte schon seit Jahren keinen Steifen mehr von einem einfachen Kuss bekommen. Er fühlte sich wieder einmal, als käme er ganz frisch aus dem Labor, ohne jegliche Kontrolle über seine Hormone. Er fühlte sich…

Hatte Tim schon immer so gut ausgesehen?

~> tbc in Teil 16