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[ab 18!] Close To Home (von iesika) | Teil 16/18 - Druckversion

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Close To Home (von iesika) | Teil 16/18 - tenten31 - 26.10.2020

Kon schluckte schwer und wandte sich bewusst ab, um sich nach etwas zu trinken umzusehen. Als er die Bowle gefunden hatte, hielt er geradewegs auf sie zu und schüttete sich zwei kleine Plastikbecher voll die Kehle hinunter, bevor er überhaupt etwas davon schmeckte. Nachdem er sich seinen Becher zum dritten Mal wiederaufgefüllt hatte, wurde ihm die Schöpfkelle aus der Hand genommen. Von großen Händen. Er sah auf.

„Alles okay bei dir?“, fragte Clark.

Kon kniff die Augen zu. Wenn sein Gesicht vorher noch nicht rot gewesen war, dann war es das auf jeden Fall jetzt. „Mir geht’s gut.“

„Conner—“

„Das ist alles nur Show“, flüsterte Kon leise genug, dass nur Clark es hören konnte, „Wir lenken von den anderen Kids ab. Um sie zu beschützen.“

Clark antwortete nicht, weshalb Kon noch einen Schluck von seiner Bowle nahm und dann einfach seinen Blick darauf gerichtet ließ. Er beobachtete, wie die Kohlensäurebläschen an den Seiten hingen, bevor sie langsam aufstiegen und an der Oberfläche platzten. Es schmeckte nach Ananas und möglicherweise Ginger-Ale und noch irgendwas, das er gerade nicht einordnen konnte. Alles, was in diesem Moment zählte, war, dass es kalt und feucht war. Er stürzte den Rest hinunter und zerdrückte den durchsichtigen Plastikbecker, bis er zerbrach und in seiner Hand zusammenfiel.

„Conner“, sagte Clark erneut, diesmal mit einer Hand auf Kons Schulter, die sich selbst durch das Jackett warm und nach Sonnenschein anfühlte.

Nur für einen Augenblick lehnte er sich einfach dieser Berührung entgegen, bevor er sich daraus befreite. Er wusste nicht, worüber Clark reden wollte, aber er war sich ziemlich sicher, dass er dieses Gespräch lieber vermeiden würde. Alles, worüber er mit Clark redete, ließ ihn sich immer unbeholfen und seltsam fühlen und er glaubte nicht, dass er dabei in diesem Moment auch noch Hilfe bräuchte.

„Ich wollte dich nur warnen, vorsichtig zu sein. Du weißt, ich mag Tim…“

Kon gab einen leisen abweisenden Laut von sich. „Ich bin doch nicht wirklich mit ihm zusammen“, flüsterte er zurück, „Das ist nur geschauspielert.“

„Conner, bitte, hör mir zu“, meinte Clark und packte ihn am Arm, seine Stimme leise aber ernst. Mit dem Gesicht, das Clark gerade zog, würde jeder Beobachter bestimmt davon ausgehen, dass er für ihre öffentlichen Liebesbekundungen Ärger bekam – was Kon als Freibrief nahm, finster dreinzublicken und wegzusehen. „Du weißt, dass ich Bruce schon sehr lange kenne.“

„Was hat das denn damit zu tun?“, zischte Kon, „Du vögelst nicht mit ihm auch noch rum, oder?“

Etwas in Clarks Augen flackerte und er wich zurück, ließ dabei aber Kons Arm nicht los. „Wovon redest du überhaupt?“

„Ich rede von Nightwing. Verdammt!“

„Tim hat dir davon erzählt“, meinte Clark und es war keine Frage, auch wenn Erstaunen in seiner Stimme lag. Er schluckte schwer. „Das war vor langer Zeit. Damals war er nicht Nightwing. Noch nicht.”

Kon merkte, wie seinen Augen ganz von selbst größer wurden. Er stolperte einen Schritt zurück, so weit wie er nur konnte, ohne zu sehr gegen Clark anzukämpfen. „Verdammt!“, wiederholte er, „Verdammte Hölle und Scheiße! Du – er war Robin? Du warst—” Ihm wurde schwummrig. Eigentlich sollte er damit ein für alle Mal fertig sein, mit dem Hinterfragen, damit, dass er sich ständig mit Clark verglich, aber mein Gott! Wenn Superman und – und Robin

“Nein! Ich – das war dazwischen”, erklärte Clark nervös, „Vor Lois.“

Dazwischen? Was sollte das denn überhaupt heißen? Zwischen Robin und Nightwing? Hatte Dick sich zeitweise mal zur Ruhe gesetzt oder so? „Weiß sie‘s? Dass du auch auf Kerle stehst?“

Clark atmete durch die Nase aus. „Ja.“

„Und du hättest mir da nicht mal was davon sagen können? Vielleicht, als du mir einen Vortrag drüber gehalten hast, bei einer Schwulenrechtsgruppe mitzumachen?“

„Ich hab nicht— Du hast wirklich gedacht, dass ich deshalb verärgert war?“ Clark seufzte. „Conner, ich dachte, du täuschst das alles nur vor. Ich wusste, dass du es gut meinst, aber… Tut mir leid. Ich hab das alles missverstanden und war unglücklich über die Täuschung, die ich dachte, gesehen zu haben.“

„Mein Gott“, gab Kon beleidigt zurück, „Du verdammter Riesen-Heuchler!“ Er streckte die Hand aus und schnappte sich Clarks Brille. Clarks Hand schnellte in die Höhe und sie stritten sich ein paar Sekunden lang darum. Clarks Hände tasteten gegen Kons Aura, bis Kon nachgab und sie ihn wieder nehmen ließ, sobald er das Gefühl hatte, dass er seinen Standpunkt klargemacht hatte. Clark senkte den Kopf und schob sich die Brille wieder auf die Nase. Dann sah er sich besorgt um, als ob in dieser kurzen Zeit auch nur irgendjemand zu ihnen herüber gesehen und die Verbindung hergestellt hatte. „Du lügst doch genauso viel wie ich. Wahrscheinlich sogar mehr.“

„Das ist nicht dasselbe und das weißt du auch. Ich gebe nicht großartig vor, irgendwas zu sein, außer harmlos. Das ist etwas ganz anderes als sich als Mitglied einer Minderheitengruppe auszugeben—“

„Ich kann echt nicht glauben, dass du auch nur denken kannst, dass ich sowas tun würde“, zischte Kon, „Du glaubst echt, dass ich keinerlei Integrität hab, oder?“

„Das ist es nicht!“, beharrte Clark, „Ich weiß, dass du es gut meinst. Das hab ich nie bezweifelt.“

„Was dann?“

Clark sah zur anderen Seite des Raums, wo sich Tim gerade in der Nähe der Seitentür mit Jake und Russel unterhielt. „Ich dachte, Tim hätte dich dazu angestiftet“, gestand er. Mit einem Mal wirkte er verlegen.

„Du—“, setzte Kon an und merkte, dass er leiser sprechen sollte, „Du hast gedacht – was, dass ich es gut meine, aber blöd genug bin…“, knurrte er und riss seinen Arm aus Clarks Griff. „Ganz offensichtlich ist es also Tims schlechter Einfluss, wenn ich mich wie ein Arschloch verhalte? Hältst du wirklich so wenig von ihm? Oder von mir, dass du denkst, ich würde einfach tun, was auch immer er mir sagt, und mein eigener moralischer Kompass wäre mir völlig egal?“

„Nein!“, flüsterte Clark zurück, seine Augen groß und aufrichtig, „Conner, ich hab doch nur versucht—“

„Weißt du was?“, sprach Kon einfach über ihn hinweg, indem er seine Stimme wieder auf normale Lautstärke anhob. Er goss Bowle in einen frischen Becher. „Ich bring jetzt meinem Date etwas von der Bowle.“

„Conner—“

„Du kannst mich mal“, meinte er im Plauderton und ging davon. Zum Glück versuchte Clark nicht, ihn aufzuhalten oder, was noch schöner gewesen wäre, ihm zu folgen. Kon hätte die Bowle nur sehr ungern verschwendet, indem er sie ihm in sein dummes, verficktes Gesicht schüttete. Was fiel ihm eigentlich ein? Hierher zu kommen, Kon zu beleidigen, seinen besten Freund zu beleidigen. Und dann so zu tun, als erwartete er, dass Kon damit einverstanden wäre. Als würde er von Kon erwarten, dass er einfach daneben stand und es annahm, nur weil er fucking Superman war.

Kon grummelte wütend vor sich hin, während er den Saal durchquerte und sich nach seinen Freunden umsah. Gina und Lisa wurden angegafft, aber das schien ihnen nichts auszumachen. Chases Hand lag auf Hamiltons Hintern und Hamilton erhob keinerlei Einspruch dagegen. Alle schienen sich gut zu amüsieren. Außer dem Ärger an der Tür gab es bis jetzt keine Probleme. Kon hoffte, dass ihr Glück anhalten würde.

Pete Miller tanzte mit einer von Carolines Cheerleader-Freundinnen und starrte zornig über ihre Schulter zu Delilah und Carson hinüber. Die beiden standen gegen eine Wand gelehnt, tranken Bowle und lachten mit Clarence. Als Kon an ihm vorbei ging, streckte er seine Aura den Boden entlang aus und zog an seinen Füßen, was ihn ungeschickt schlingern und gegen seine Tanzpartnerin stolpern ließ. Miller landete mit dem Gesicht voran in ihrem Ausschnitt, was ihm ein Wegschubsen und eine Ohrfeige einbrachte. Das besserte Kons Laune gleich ein wenig. Er straffte die Schultern und legte ein Lächeln auf, bevor er Jake retten ging.

Tim hatte ihn anscheinend in die Enge getrieben und es sah aus, als hätte Russell es endlich geschafft zu entwischen, um ihnen Bowle zu holen. Jake stand also nicht weit von der Wand entfernt einfach nur da und sah ein wenig verschreckt aus, während Tim zu nahe bei ihm stand und beim Reden ausschweifend gestikulierte. Die Musik war laut genug, dass Kon nicht viel hören konnte, bis er etwas näher heran ging. Er war sich nicht sicher, was genau er zu hören erwartet hatte, aber es war definitiv nicht das, was er vorfand.

„—aber wenn du willst, könnte ich mit Giles sprechen. Er ist immer auf der Suche nach frischen Talenten – es ist ziemlich prestigeträchtig, derjenige zu sein, der einen neuen Künstler entdeckt, weißt du.“

„Ähm“, machte Jake einen halben Schritt zurück, als Tim sein Gewicht nach vorne verlagerte und ihn so weiter aus dem Gleichgewicht brachte.

„Oder ich könnte euch einfach einander vorstellen. Bruce gibt nächste Woche eine Feier – irgendso ein Wohltätigkeits-Ding, ich weiß nicht mal genau, was – und Giles lehnt nie eine Einladung ab. Ich bin sicher, dass er auch da sein wird. Du könntest also auch gleich mitkommen; ich schicke sowieso den Jet für Conner.“

„Du machst was?“, fragte Kon, als er an Tim heran trat. Auf gar keinen Fall hatte er sich wirklich an ihn angeschlichen, aber Tim fuhr herum und fasste sich an die Kehle, als wäre er eine melodramatische viktorianische Romanfigur.

„Conner!“, sagte er und klang dabei durch und durch überrascht, „Wenn man vom Teufel spricht.“ Er trat augenblicklich neben Kon und griff nach seinem Handgelenk, dann drehte er sich so, dass Kons Arm um seine Taille geschlungen lag. „Jake hat mir gerade erzählt, dass er alles in diesem Diner selbst gemalt hat! Wusstest du das?“

Kon begegnete Jakes Blick, dann sah er zur Decke hoch. „Ja, Tim.“

„Und wir sind ins Reden gekommen und, oh, ich muss ihn einfach ein paar Leuten vorstellen, also hab ich ihn zu Bruces kleinem Empfang eingeladen.“

„Welchem kleinen Empfang?“

Tims düsterer Blick in diesem Augenblick hatte keinerlei Ähnlichkeit mit dem, den er Bösewichten zuwarf. Normalerweise schmollte er um vieles weniger dabei. „Du hast es doch nicht etwa vergessen?“

„Äh.“ Kon blickte hilfesuchend zu Jake, erhielt von ihm aber keinerlei Anhaltspunkte. „Hilf mir auf die Sprünge?“

„Es ist – ach, verdammt, ich hab keine Ahnung, wofür es ist. Donnerstag. Irgendsoein Wohltätigkeits-Ding. Erinnerst du dich?” Tim legte seine Hand zurück auf Kons Schulter. „Waisenkinder, verletzte Kätzchen, rettet die Babyrobben, sowas eben.“

„Tut mir leid“, gab Kon zurück und verzog das Gesicht, „muss ich wohl vergessen haben.“

Tim wedelte wegwerfend mit einer Hand vor seinem Gesicht herum. „Ach, macht nichts. Aber ich meinte gerade, Jake hier sollte unbedingt kommen, weil Bruce ja so gut befreundet ist mit diesem einen Typen – Giles Coltsworth, hast du ihn schon mal getroffen?“

Gott, seine Freunde würden alle denken, dass er jemand war, der mit so jemandem wie Tim Wayne zusammen sein konnte, ohne verrückt zu werden! Jake fixierte ihn bereits misstrauisch. „Nein”, antwortete Kon.

„Wahrscheinlich auch besser so. Du bist genau sein Typ; er würde dich wahrscheinlich fragen, ob du für ihn Modell stehst… Na jedenfalls leitet er die Top-Galerie der Stadt. Alle aufstrebenden jungen Künstler haben dort ihren Anfang. Ich würde die beiden nur zu gerne miteinander bekannt machen, Jake hier helfen, einen Fuß in die Tür zu bekommen. Er erscheint mir so ein—“ Er musterte Jake einen Augenblick. „—aufrichtiger junger Mann.“

Kon blinzelte. Daran hatte er nicht einmal gedacht, aber Tim könnte Jake wahrscheinlich wirklich unterstützen. In Gotham gab es ganz bestimmt die verschiedensten Leute, die einem Wayne gerne einen Gefallen tun wollten. Und hatte Tim ihm nicht sogar einmal erzählt, dass Bruce ständig irgendwelche Stipendien vergab? Er hatte es liebevoll, wenn auch distanziert erzählt, wie eine Mutter, die von der Angewohnheit ihres Sohns erzählte, in seinen Taschen Frösche mit nach Hause zu bringen. „Das ist eine Spitzenidee!“

„Oh“, machte Jake, „Ich kann doch nicht – ich meine, ich bin nicht – ich hab es noch nicht mal studiert—“

Studiert“, höhnte Tim, „Ich hab am Montag ein Handelstreffen mit dem deutschen Vizekanzler und hab nicht mal wirklich die High School abgeschlossen.“

„Du—“ Kon brach ab. Er wusste, dass Tim einen GED-Test abgelegt hatte, anstatt zurück zur Schule zu gehen, nachdem er nach Gotham zurückgekehrt war. Den Rest erfand Tim aber sicher für ihr Publikum. „Was?“

„Na, wir haben großes Interesse an der Region. Bruce hat über die letzten zehn Jahre etwa ein halbes Dutzend Technologie- und Optikfirmen aufgekauft, aber Guido ist so gegen Gewerkschaften. Und das ist eben was, an dem Bruce sehr viel liegt, aber er hat leider eine ganz schreckliche Grippe. Alfred hat ihm strenge Bettruhe verordnet und Dick ist einfach fürchterlich bei Verhandlungen.“ Tim seufzte schwer. „Ich hasse deutsches Essen. Ich hasse es wirklich.“ Er verzog das Gesicht: „Wurst und Kohlköpfe.“

„Du magst doch Wurst“, erinnerte Kon ihn.

Tim gab ein amüsiertes Brummen von sich und drehte sein Gesicht so, dass es gegen Kons Kiefer ruhte. Er spürte die Vibrationen seines Lachens und sein Atem kitzelte Kon – und beides jagte ihm leichte Schauer über den Körper. „Mmmh“, machte er, „Stimmt.“ Er drückte seine Lippen gegen die Haut direkt unter seinem Kiefer, über seinen Puls, und zog mit seinen Lippen eine Spur Kons Kiefer entlang zu seinem Ohr hinauf. „Lass uns eine Runde spazieren gehen“, hauchte er, wobei seine Lippen über Kons Ohrmuschel strichen.

„Aber—“, protestierte Kon. Er war selbst überrascht, wie kratzig seine Stimme klang.

„Bevor wir wegen mir noch rausgeworfen werden“, beharrte Tim und oh, das war seine Zunge. Kon kniff seine Augen fest zusammen und wand sich in seinen Schuhen. Zähne. Oh Gott! Okay, wenn Tim so sehr darauf bestand, dass sie gingen, wollte er vielleicht ungestört über etwas reden, über den Fall oder… oder sowas. Kon verkniff sich ein leises Fiepen und ließ sich von Tim führen. Er sah entschuldigend zurück zu Jake, als Tim ihn auch bereits zur Seitentür hinaus in die Nacht zog.

Um die Türen herum standen überall Leute und so gingen sie weiter die Straße hinunter, vorbei an schmusenden und knutschenden Pärchen sowie etwas abseits stehenden Rauchern. Die Stille und die kühle Abendluft war eine Wohltat nach der Hitze und der Geräuschkulisse drinnen. Kon erwartete, dass Tim ihm endlich erklären würde, wohin sie gingen und warum sie die vielen Leute drinnen verließen – aber er blieb stumm. Kon bemerkte nicht einmal, dass sie immer noch Händchen hielten, bis Tim ihn mit sich vom Weg weg und um eine Ecke zog, in eine schmale Gasse, die zwischen dem Gebäude und einem hohen Holzzaun entlang führte. Es war ein ausgesprochen unromantischer Ort, die Wand voller Rohrleitungen und Versorgungsanschlüsse, das Gras spärlich und fleckig, so dass sich hier glücklicherweise keine Pärchen vor der Aufsicht versteckten.

Die Stelle war so gut wie jede andere. Tim war vermutlich innerlich komplett im Detektiv-Modus gewesen und hatte die Leute beobachtet, ob sich irgendjemand auffällig verhielt. Vielleicht hatte er sogar einen Verdächtigen, den sie mal belästigen gehen könnten. Kon kickte einen Plastikbecher unter dem Zaun hindurch und drehte sich zu ihm um. „Also, was wolltest du mir sagen?“, fragte er.

Tim trat nahe an ihn heran und hob beide Hände zu Kons Oberkörper. Kon sah verwirrt zu ihm hinunter, als er plötzlich entschlossen nach hinten gedrückt wurde und zurück stolperte, bis seine Schultern gegen die Ziegelwand prallten.

„Was—“, setzte Kon an, doch der Rest verlor sich in Tims Mund. Kon gab einen überraschten Laut von sich und hielt Tims Schultern, konnte sich aber nicht wirklich dazu überwinden, die Kraft aufzuwenden, die nötig gewesen wäre, um sich zu befreien. Tims Lippen bewegten sich gegen Kons, schlossen sich um seine Unterlippe und zogen sanft. Ohne nachzudenken entspannte Kon sich und gewährte Tims Zunge bereits beim ersten prüfenden Lecken Einlass. Der Kuss war ganz und gar nicht wie der auf der Tanzfläche und doch war das Zittern und das Zusammenziehen in Kons Brustkorb genau dasselbe.

Tim stöhnte weit hinten in seiner Kehle und drängte sich gegen ihn, bis ihre Körper sich lückenlos aneinander schmiegten. Er vertiefte den Kuss und seine Hände wanderten hinunter zu Kons Bauch und wieder nach oben zu Kons Brust, sein Hemd mit sich nach oben und halb aus seiner Hose schiebend.

Kon keuchte in den Kuss hinein und hielt seine Hände fest. „Was machst du da?“, rang er nach Luft.

„Weißt du das denn nicht?“, murmelte Tim. Er beugte sich ihm entgegen zu einem weiteren Kuss, aber Kon drehte den Kopf weg. Scheinbar unbeirrt leckte er eine feuchte Spur von Kons Schlüsselbein hinauf zu seinem Ohr und saugte sein Ohrläppchen zwischen seine Zähne ein.

„Tim“, keuchte Kon. Tims Knie schob sich zwischen Kons Oberschenkel. Kon stöhnte, seine Stimme erschreckend laut in der abendlichen Stille.

„Conner“, raunte Tim und ließ seine Zunge an der Rückseite von Kons Ohr entlang fahren.

„Gott“, keuchte Kon. Was ging hier überhaupt vor sich? Meinte Tim – meinte Tim das wirklich ernst? Bestimmt nicht. Es musste Teil dieses ganzen Schauspiels sein, oder vielleicht ärgerte er Kon auch einfach, weil er vorhin seine Erektion mitbekommen hatte. Tim könnte doch nicht wirklich – auf keinen Fall konnte Tim—

„Du machst mich so wahnsinnig“, keuchte Tim ihm ins Ohr, sein Atem heiß und feucht, „Gott, Conner, du hast ja keine Ahnung…“ Er zog seinen Mund über Kons Wange, um erneut Besitz von seinen Lippen zu ergreifen. „So so…“, murmelte er in Kons Mund hinein, bevor seine Stimme verhallte.

„Aber—“ Kon brachte kein weiteres Wort heraus. Tims Zunge strich gegen seine eigene und Kon erwiderte den Kuss, konnte sich dessen nicht erwehren. Oh Gott, er schmeckte gut! Kon hatte schon seit sehr langer Zeit nicht mehr daran gedacht Tim zu küssen, schon seit bevor sie Freunde geworden waren. Er hatte gedacht, dass er seiner verdammten hormongesteuerten Phase entwachsen wäre, dass er erwachsen genug geworden wäre, um ihre Freundschaft auch ehrlich zu schätzen, anstatt Tim die ganze Zeit herausfordern zu wollen.

Tim war schon seit langem der wichtigste Mensch in seinem Leben; diejenige Person, zu der er mit seinen Problemen kam; diejenige Person, auf deren Unterstützung er sich verlassen konnte, egal was wäre. Aber das hier – Kon hatte keine Ahnung, was er tun sollte. Er klammerte sich in Tims Rücken, seine Finger gruben sich in massive Muskeln, er spürte Tims Stöhnen um seine Zunge herum nachhallen. Als Tim sich wieder löste, um seine Zähne in sein Kinn zu vergraben, unvermittelt und tückisch, keuchte Kon auf und warf seinen Kopf in den Nacken. „Stopp“, keuchte er. Wenn das hier nicht echt war, würde er sterben. „Tim, nein. Hör auf!“

“Warum?”, fragte Tim. Er drückte seine Zähne gegen Kons Hals, leckte breit und feucht darüber. „Du willst es doch.“ Er zog sein Bein nach oben, bis sein Oberschenkel gegen Kons Leiste gepresst war, drückte es genau mit der richtigen Anspannung gegen seine Hoden.

Kons Keuchen klang in seinen eigenen Ohren eher wie ein Schluchzen. „Tim…“

Tim zog sein Bein minimal nach oben und griff zwischen sie, um Kons Hemd aus seiner Hose zu ziehen. „Und ich will es auch.“

Fuck.“

„Ich will dich. Hab ich immer schon—“ Er drückte seine Lippen erneut gegen Kons Ohr und mit einem Mal wurde seine Stimme tonlos und ernst, als er dagegen hauchte: „Geh zu Boden!“

„Wa—“, schnappte Kon nach Luft, aber Tim verschwand bereits mit einem entsetzlichen Knacken und einer plötzlichen Bewegung, wurde wie eine Puppe beiseite geschleudert. Er prallte an der Wand ab und schlug auf dem Boden auf, dann lag er bewegungslos da.

Baumhauer stand vor Kon, das pickelige Gesicht zu einer zähnefletschenden Grimasse verzogen. Baumhauer, das dürre kleine Arschloch aus Kons Biologiekurs. Er griff nach Kons Kehle – und Kons Hände hoben sich ganz von selbst, um ihn am Handgelenk zu packen, aber er erinnerte sich an Tims Worte und riss dem Typen nicht den Arm aus. Wenn Tim einen Plan hatte… Aber Tims Pläne beinhalteten normalerweise, dass er bei Bewusstsein war.

„Du beschissene, verfickte Schwuchtel“, zischte Baumhauer, „unnatürlicher, gottloser Dreck!“ Eine Vene oder ein Muskel zuckte an seiner Wange und in seinen Augen schimmerte Wahnsinn. Kon konnte überall um seine blassgrauen Iriden herum Weiß sehen und seine Pupillen waren trotz der Dunkelheit zu winzigen Punkten verengt.

Du“, gab Kon zurück und kam sich wie ein Idiot vor. Gott, es erschien ihm jetzt so offensichtlich! Er hatte es nicht wegen des Clubs auf Dalton abgesehen… „Du krankes Schwein!“

Baumhauers Griff an Kons Hals wurde fester und er riss ihn ein Stück zu sich. „Du nennst mich krank. Du.” Er lachte.

Kon sah zu Tim hinunter, der ein paar Meter entfernt in sich zusammengesunken auf dem Boden lag, sein Gesicht im Dreck. Sein Herz schug, aber er bewegte sich nicht. „Wenn du ihm weh tust—“

„Dann was?“, spottete Baumhauer, „Du kannst mir nichts anhaben. Ich bin das Schwert Gottes.“

„Du bist verrückt“, korrigierte Kon. Er wurde für seinen Einwurf durchgeschüttelt und beinahe bis auf die Zehenspitzen angehoben, bis er auf Baumhauers leicht fettige Haare hinunter sah.

„Wie kannst du es wagen“, zischte er, „Du, der du Leute für die homosexuelle Agenda anwirbst und gute Kirchengänger zu euren bösen Werken verführst. Weißt du eigentlich, wie lange ich drauf gewartet hab, dich allein anzutreffen? Deine arme Tante ist eine gute, gottesfürchtige Frau. Ich konnte dich doch nicht in ihrem Heim ausmerzen. Aber jetzt – tja“, lachte er leise und streckte sein Bein aus, um mit seinem Schuh gegen Tims Bein zu stupsen. „Zwei auf einen Streich.“

Wo zur Hölle blieb Clark? War er gegangen, nachdem Kon ihn so verflucht hatte? War er ihm so beleidigt? Er könnte dieses Psycho-Ekel leicht abschütteln, aber das würde Fragen aufwerfen. Tim hatte gewollt, dass er sich nicht wehrte, weshalb auch immer – aber das ergab nur Sinn, wenn Clark auftauchen würde. „Du bist doch krank im Kopf“, meinte Kon und versuchte sich an Baumhauers Vornamen zu erinnern. „Thomas“, fügte er hinzu, in der Hoffnung, dass er sich richtig erinnerte, „Du brauchst echt Hilfe.“

„Von deinesgleichen oder denen deines feinen Schwuchtel-Freunds brauche ich gar nichts. Gott hat mir die Stärke gegeben, um die Welt von Leuten wie dir zu befreien!“

Sollte er um Hilfe rufen? Würde ihn jemand hören? Auf keinen Wall fürde ihn jemand drinnen hören und bei den Türen war es wahrscheinlich auch laut genug, um ihn zu übertönen. Es würde Hilfe für Tim bedeuten, aber auch mehr Leute, die in einem Kampf verletzt werden könnten. Und mehr Leute, die dabei wären, wenn Kon doch noch gezwungen wäre, seine Kräfte zu benutzen. Da war es besser, den Wichser weiter anzustacheln: „Ich fühl mich ja geschmeichelt, dass du mich mit Dalton in einen Topf wirfst. Er ist ein außergewöhnlicher Mensch.“

„Er war im Auftrag des Verderbers unterwegs!“, knurrte Baumhauer wütend, „Genauso wie du und die Anderen. Unruhestifter, die Menschen verführen und vom Pfad der Tugend abbringen—“

„Ach, jetzt verführe ich also?“

Baumhauer schlug ihn mit genug Wucht gegen die Wand, dass Kon wahrscheinlich das Bewusstsein verloren hätte, wäre er ein normaler Mensch gewesen. „Schämst du dich denn überhaupt nicht für deine Sünden?“

„Ja klar“, gab Kon zurück, „Wenn ich was Falsches getan hab. Wie jemandem wehzutun.“ Baumhauer schlug ihn erneut gegen die Wand, aber Kon redete weiter: „Ich bin mir ziemlich sicher, dass in der Bibel ziemlich strenge Sachen zum Töten von Menschen stehen. Schämst du dich denn?“

„Ich führe Gottes Willen aus“, zischte Baumhauer, „Ich zerschlage die Gottlosen in Seinem Namen. Aber du solltest wissen, dass Er alle Seine Kinder liebt. Selbst jetzt bist du Ihm lieb und teuer, wenn du nur deinen Sünden abschwörst und auf Seine Seite gehst. Tue Buße!“, stieß er aus und zog seine Faust zurück, „Denn das Himmelreich naht!“ Seine Faust flog auf Kons Gesicht zu. Die Muskeln in seiner Schulter spannten sich an, als er sein ganzes Gewicht in diesen Schlag legte. Kon ließ zu, dass er traf. Er hörte Knochen splittern, als Baumhauers Faust etwas Härteres als Stahl traf. Baumhauer ließ ihn los und stolperte rückwärts, zusammengekrümmt und sich die gebrochene Hand haltend. Er wandte sich heulen ab und schloss vor Schmerz die Augen.

Kon nutzte den Moment und trat vor, um einen Schlag auszuteilen, der Baumhauer von den Füßen riss und durch den Holzzaun befürderte, als bestünde er aus nichts weiter als Streichhölzer. Er kam allerdings nie am Boden auf, denn Superman fing ihn an seinem Hemd auf und hielt ihn so schlaff und bewusstlos fest. Blut tropfte aus seiner Nase und seinem Mund.

Kon verlor keine Zeit, um neben seinem Freund auf die Knie zu gehen. „Tim“, sagte er sanft und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Er hatte Angst, ihn zu bewegen. Man sollte ja Leute nicht bewegen, wenn man nicht wusste, wo sie verletzt waren, oder? „Tim, Mann, komm schon…“

Tim drehte ihm sein Gesicht zu und öffnete die Augen. Seine Lippe war aufgeplatzt und seine Wange war rot vom Anflug einer Prellung, die noch zu einem eindrucksvollen blauen Auge werden würde. „Du solltest doch zu Boden gehen“, meinte er etwas zu kratzig und schwach, als dass Kon ihm hätte beleidigt sein können, „Es hat einen Grund, warum ich Superman eingeladen hab.“

„Wo zur Hölle warst du überhaupt so lange?!“, verlangte Kon zu wissen, „Tim hätte ernsthaft verletzt werden können.“

Clark landete leichtfüßig neben ihm. „Ich hab versucht, euch beiden etwas Privatsphäre zu geben“, antwortete er, wobei eine leichte Röte in seine Wangen stieg, „Nach dem ersten Bisschen, das ich mitgehört hab, hab ich nicht angenommen, dass ihr von mir abgehört werden wollt, also hab ich mich bemüht, meine Aufmerksamkeit auf was anderes zu richten. Dann hab ich ihn—“ Er schüttelte leicht Baumhauers leblose Gestalt. „—aufschreien hören, also…“ Er trat abrupt einen Schritt zurück. „Wenn es euch gut geht, werde ich diesen jungen Mann hier bei den entsprechenden Behörden abliefern?“

Geht‘s dir denn gut?“, fragte Kon. Er half Tim dabei, sich aufzusetzen. Scheinbar hatte er ein wenig Mühe, sich aufrecht zu halten. „Shit, dieses Geräusch, als er dich geschlagen hat. Geht‘s dir wirklich gut? Ich sollte dich zu einem Arzt bringen—“

„Du willst doch nur, dass sie meinen Kopf durchchecken“, gab Tim mit einem leisen Schmunzeln zurück, „Wir sollten einen Krankenwagen rufen, aber mir geht es gut. Sehr gut sogar. Gerade böse zugerichtet genug.“

Kon blinzelte verwirrt. „Genug? Genug wofür?“

Tim griff sich Kons Krawatte, die Baumhauer halb gelöst hatte. „Um Anklage zu erheben“, murmelte er, „Komm her, okay?“

„Du—“, setzte Kon an, aber dann zog Tim ihn bereits für einen Kuss zu sich. Er erwiderte ihn bereitwillig und seine Hände legten sich um Tims Gesicht. Tim ging es gut. Es ging ihm gut und sein bescheuerter Plan hatte funktioniert, auch wenn Kon improvisiert hatte. Sie hatten den Bösewicht geschnappt und den Tag gerettet, ohne mehr als ein blaues Auge davonzutragen. Kon konnte eine leichte Spur Blut in Tims Mund schmecken, wo seine Lippe gegen seine Zähne geprallt war, aber irgendwie machte es das auch besser – erfüllt von dem Wissen, dass Tim am Leben war und es ihm gut ging.

Es gab einen Lichtblitz und Kon ließ blinzelnd von ihm ab. „Was—“, murmelte er und sah sich um. Lois stand an der Hausecke mit einer Kamera in der Hand. „Hey!“

„Das ist jetzt schon das zweite Mal, dass sich jemand an dich herangeschlichen hat, während du mich küsst“, betonte Tim wenig hilfreich, „Daran solltest du besser arbeiten.“ Er wandte sich Lois zu: „Hast du schon die Polizei gerufen?“

„Nicht bevor du mir kein Exklusivinterview versprichst“, gab Lois zurück und steckte ihre Kamera ein, „Hübsches Veilchen übrigens. Sehr fotogen.“

„Moment mal“, mischte Kon sich ein, „Exklusivinterview?“ Er sah zu Tim und erwartete bereits, dass er unumwundern ablehnen würde. Schließlich war er derjenige, der sich damals eine komplett neue Identität erfunden hatte, als Young Justice im Fernsehen sein sollten.

„Schätzchen“, meinte Tim Wayne und streckte Kon eine Hand entgegen, so dass er ihm auf die Beine half, „Ich zähle drauf, dass du mich auf die Titelseite bringst.“

~> tbc in Teil 17