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What Happens in Vegas (Teil 5/9) - Druckversion

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What Happens in Vegas (Teil 5/9) - tenten31 - 06.02.2021

Morgen wäre es soweit. Morgen war Donnerstag und sie würden sich keine Fehler erlauben können. Die Hochzeit war das Wann und das Wo. Aber das Wer und das Wie waren die schwierigeren Dimensionen dieser Mission. Zu beidem konnten sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur Vermutungen anstellen.

Was auch der Grund war, weshalb sie beim Frühstück beschlossen hatten, sich aufzuteilen um schneller voranzukommen. Gansey würde seine Augen im Casino offen halten, Blue in der Einkaufs- und Fressmeile des Excalibur.

Es war immer noch unangenehm kalt hier drinnen, erst recht, nachdem sie aus gut über 30 Grad in der prallen Sonne draußen gekommen waren. Diesmal war Blue allerdings vorbereitet – sie hatte eine waldgrüne Häkel-Sommerjacke mitgenommen, außerdem einen Strohhut, den sie auch hier drinnen auf dem Kopf ließ, um nicht sofort von allen Kameras identifiziert werden zu können.

Immerhin war es deutlich leiser als im Casino, selbst wenn das allgemeine Gemurmel der Bildschirme, der Musik in den Läden, der Einkäufer und neugierigen Touristen um sie herum ein beständiges Hintergrundrauschen ergab.

Blue bewegte sich mit den Menschenmengen, streifte mit großen Augen durch die gewundenen Gänge, deren Steinimitat, heraldische Banner und hinterleuchtetes buntes Kirchenfensterglas immer wieder daran erinnerten, was das Thema dieses Gebäudekomplexes war. Was sie dabei zu finden hoffte, wusste sie nicht so recht, aber sich zu bewegen half ihr auch beim Denken. Nachdem sie in ihrem eigenen Hotelzimmer keinerlei Planung laut aussprechen konnten, kam ihr dieser Teil der Mission also sehr gelegen.

Die Frage war, was sie machen würden, wenn sie bis morgen Abend keinerlei neue Informationen hätten. Wenn diese Hochzeit der einzige Anhaltspunkt bliebe, mit dem sie arbeiten müssten. Noah hatte eine Gästeliste auftreiben wollen, sich aber damit noch nicht wieder zurückgemeldet. Lynch hatte ihnen allen Einladungen besorgen wollen, aber auch in dieser Hinsicht hatten sie noch nichts gehört.

Was also, wenn sie nur Ort und Zeit wüssten? Würden sie trotzdem versuchen hineinzukommen? Wahrscheinlich wäre es sinnvoll für diesen Fall als Teil des Hotelpersonals zu erscheinen – Blue begann, wie willkürlich ein paar Fotos mit ihrem Handy zu schießen, immer auch darauf achtend, dass die Uniformen des Personals darauf sichtbar wären.

Sie kaufte einen Karamell-Macchiato, von dem sie probeweise nippte – und sich bemühte, ihr Gesicht nicht allzu sehr zu verziehen. Das Zeug war ihr persönlich viel zu süß und fettig, aber es war erstaunlich heiß bei all dem Sirup und der Sahne. Gerade versuchte sie den Deckel von ihrem To-Go-Becher zu ziehen, als sie in jemanden hinein lief – und einen Großteil ihres Getränks auf dessen Hoteluniform verschüttete.

„Oh mein Gott, das tut mir so leid. Verzeihung, ich hab kurz nicht darauf geachtet, wo ich hinlaufe. Ich zahl Ihnen auch die Reinigung“, bot sie sofort in entschuldigendem Ton und etwa eine halbe Oktave höher als gewöhnlich an.

Der junge Mann verzog das Gesicht, als er an sich hinunter sah, seufzte. „Schon okay, Miss. Passen Sie nur nächstes Mal besser auf, wohin Sie gehen. Ich kümmere mich darum, dass jemand die Flecken aufwischt.“

„Oh, vielen Dank! Ich bin wirklich manchmal so ein unglaublicher Schussel.“ Sie legte ihm für einen Moment ihre freie Hand auf die Schulter.

Mit einem schicksalsergebenen kleinen Lächeln nickte der junge Mann und eilte dann schnellen Schrittes davon.

Blue sah ihm noch ein paar Augenblicke hinterher, dann suchte sie die nächste Damentoilette auf, wo sie den halben Becher Karamell-Macchiato in den Mülleimer warf und sich die klebenden Hände wusch. Hastig sah sie sich um, checkte die Kabinen, ob noch jemand mit ihr im Raum war. Niemand.

„Noah, hörst du mich?“, murmelte sie.

Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. „Laut und deutlich, meine liebe Blue. Was hast du für mich?“

Blue musste entgegen ihrer selbst schmunzeln. Jedem anderen Menschen wäre sie für diese sexistisch angehauchte Anrede beleidigt. Einzig Noah hatte da eine Sonderstellung. „Einen aktiven Marker, der dich theoretisch dorthin führt, wo es Excelsior-Hoteluniformen gibt, die wir ausborgen können. Gibt’s was Neues in Sachen Gästeliste?“

„Okay, ich bin an dem Marker dran. Und zur Gästeliste leider nichts Neues. Es scheint keine bei der Hochzeitsplanerin abgegeben worden zu sein.“

„Verdammt, also keine einfache Spur für uns. Aber andererseits auch gut; so kommen wir eher rein.“

„Kann ich sonst noch was für dich tun?“

Blue überlegte einen Augenblick, als sich hinter ihr bereits die Tür öffnete und sie beschloss, die Gelegenheit entsprechend zu nutzen und zurück ins Gemurmel der Passagen zu gehen. „Nein, danke. Over and out.“

Noahs Stimme in ihrem Ohr verstummte wieder und Blue ließ sich erneut von den vielen anderen Menschen treiben. Sollte sie Gansey Bescheid geben wegen der Uniformen und der nicht vorhandenen Gästeliste? Vielleicht hätte er ja derweil noch eine andere Spur aufgetan…

Als bereits Ganseys Stimme in ihrem linken Ohr erklang, wenn auch ungewohnt zögerlich: „Jane, kannst du sprechen?“

„Positiv. Hast du was herausgefunden?“, murmelte sie und machte sich bereits daran, ihre Kopfhörer in die Ohren zu stecken, so dass es aussah, als hörte sie Musik oder telefonierte – selbst wenn diese einfach nur in ihrer Tasche verschwanden, ohne eingesteckt zu sein.

„Nein, leider nicht. Ich habe eine Weile an den Automaten gespielt, dann ein paar Runden Blackjack. Und ganz ehrlich? Ich sehe den Reiz nicht. Warum spielen Menschen sowas exzessiv?“ Inzwischen klang er wieder eher nach sich selbst, locker, wenn auch dabei nachdenklich.

„Ernsthaft? Mister Super Spy ist zu gut für Glücksspiele aller Art?“, zog sie ihn auf, spürte ein kleines Lächeln auf ihre Lippen treten.  „Hast du dann nicht den falschen Beruf? Obwohl man dir mit deinem guten Aussehen wahrscheinlich alles abkauft, oder? Hast du’s schon mal in der Politik versucht?“

„Das ist noch weniger was für mich. Mom arbeitet in Washington – die könnte dir sicher so einige Geschichten erzählen!“, seufzte er gespielt, auch wenn Blue meinte, ein kleines Lächeln aus seiner Stimme herauszuhören.

„Natürlich, wieso war das klar, dass deine Mutter…?“ Blue seufzte theatralisch und verdrehte zu sich die Augen, auch wenn Gansey das natürlich nicht sehen konnte. „Wie kann der Sohn zweier so zwielichtiger Menschen nur kein Glücksspiel mögen? Also auch keine Politiker-Karriere?“

Gansey lachte leise. „Nein danke. Wenn die einen erst einmal haben, findet man so schnell nicht wieder hinaus.“

„Und ich dachte immer, Casinos sind so konzipiert, dass man nicht mehr raus findet… Halt, Moment, jetzt seh ich’s auch. Ist sich beides zu ähnlich. Ein Spiel mit gezinkten Karten, aus dem man nicht mehr raus kommt.“

„Bingo. Die Vorstellung hat etwas Klaustrophobisches für mich“, stimmte Gansey zu.

„Aber ich muss jetzt nicht den Notarzt rufen für deine Platzangst?“ Blue bemühte sich, besorgt zu klingen.

„Eine Weile halte ich es schon noch hier aus. Ich habe ja gute Gesellschaft.“

„Die beste…“ Bevor Blue jedoch noch mehr sagen konnte, fiel ihr jemand auf, keine zehn Meter von ihr entfernt. „Oh Shit!“, entfuhr es ihr und ganz reflexartig bog sie ins nächstgelegene Geschäft ab.

Ohne ihn jedoch aus den Augen zu lassen. Immerhin schien er sie noch nicht bemerkt zu haben, lief stattdessen zielstrebig aber ungehetzt durch die Ladengasse. Er trug Shorts und Hawaiihemd, dazu eine große spiegelnde Sonnenbrille mit weißem Gestell.

„Was, Jane, was ist los?“, konnte Blue Ganseys Stimme neben sich hören. Sämtliches Lächeln war daraus gewichen.

Wie zufällig drehte sie sich von den bunten Souvenirs vor ihr zurück zur Ladengasse. Erblickte nur noch seinen Rücken, als er in der Menge verschwand.

„Ich glaube, ich hab gerade unseren Maulwurf gefunden“, raunte sie.

„Shit.“

(tbc in Teil 6)