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say my name (12|16) - June - 16.08.2021

Kapitel 12
but maybe


Dean stand an der Küchenzeile im Pausenraum und goß kalten, starken Kaffee in seinen To-Go-Becher mit Stanford-Aufdruck.

Der Tag war lang gewesen, oder viel eher der Arbeitstag war lang gewesen; Er hatte mit der Frühschicht begonnen und das auch noch an einem Sonntag.
Aber jetzt war es früher Nachmittag und Kevin und er hatten es geschafft.
Endlich.

Dean verdeckte halbherzig ein Gähnen mit seinem Oberarm und fuhr sich dann mit der Hand über die Augen.
Er wollte nach Hause, sich noch kurz aufs Ohr legen und-

Okay, weiter hatte er bis jetzt noch nicht gedacht, unter anderem, weil mit Steve telefonieren keine Option war, egal wie gerne er ihn anrufen würde.
Earl war seit Mittwoch wieder da und das hatte ihre Kontakte auf Steves Zeit im Laden beschränkt; Manchmal hasste er es, dass Steves Laden Sonntags geschlossen hatte, oder viel eher hasste er die Grundsituation.

Bei dem Gedanken, dass er ihm frühestens Montag wieder sicher schreiben konnte, zog es unangenehm in seiner Brust und seine Augen verdunkelte sich unwillig.
Er- Er wollte Steve schreiben. Er wollte mit ihm telefonieren, seine Stimme hören, die Art, wie er die Wörter betonte, wie die Abgründe zwischen seinen Silben klangen, das leichte Lachen, das ihm manchmal entkam und das er versuchte zu verstecken.
Er wollte-

Fuck.
Deans Hand fuhr grob über seine Haare, in dem vergeblichen Versuch, seine Gedanken etwas mehr zu ordnen, und sein Blick glitt automatisch zur Uhr im Pausenraum; Es war kurz nach zwei und Dean legte nachdenklich den Kopf schief. Als könnte er daran einen Indikator abschätzen, wie wahrscheinlich oder unwahrscheinlich es war, dass es Steve im Moment gut ging.

Gott, er hasste es;
Er hasste Earl, er hasste die Situation, in der Steve sich befand, er hasste es, ihm nicht helfen zu können, dass Steve sich nicht helfen ließ;
Er hasste das konstante Vibrieren der Sorge in seinem Inneren, wie eine ständig zu stramm gespannte Gitarrensaite, die immer leicht in einem tiefen Basston durch seine Knochen schwang und- Nein.
Nein, er hasste die Sorgen, die er sich um Steve machte nicht im geringsten, er-

Er hasste nichts an ihm, es war eher das genaue Gegenteil. Er konnte nicht aufhören, an ihn zu denken; Die blauen, tiefen Augen, die strahlen und funkeln konnten, regelrecht leuchteten, wenn er wirklich fröhlich oder wirklich wütend war, die dunklen unordentlichen Haare, an denen sogar Charlie verzweifelt war und die so weich und seidig aussahen, dass er kaum dem Drang widerstehen konnte, seine Finger hindurch gleiten zu lassen, die tiefen, baritonen Wellen seiner rauen Grabesstimme. Sein Witz und Humor, seine sanfte, liebevolle und liebenswürdige Art, sein merkwürdiger Faible für Bienen - Steve war-
Er-
Er hasste nur dass er nichts für ihn tun konnte.
Wenn jemand Hilfe verdiente, dann wäre es Steve.
Wenn jemand Glück verdiente, dann war es Steve.
Er würde- wenn er nur-

Dean seufzte und fuhr sich wieder über seine Augen, strenger diesmal, konzentriert und er atmete tief durch.
Egal, wie unfair das war, oder eher wie unfair er das empfand, er konnte daran nichts ändern.
Er konnte nichts daran ändern, dass Steve jetzt bei Earl war, er konnte nichts daran ändern, dass Steve generell mit Earl zusammen war und nicht mit ih- Jemand anderem. Jemand, den er verdiente, der ihn verdient hatte. Jemand gutes, auf den er sich verlassen konnte, der für ihn da war, ihn verstand und schätze und-
Jemand - anderen, eben. 
Er konnte nichts daran ändern, wie hilflos er sich fühlte - oder Steve. Er konnte nur - warten.
Morgen war schon Montag.
Morgen könnte er ihm wieder schreiben, sich davon überzeugen, dass es ihm gut ging, dass alles in Ordnung war und- und bis dahin würde er jetzt einfach auf Kevin warten, der noch in der Umkleide war, und dann nach Hause fahren.

Er hoffte nur, Kevin würde nicht mehr allzu lange brauchen, aber vermutlich warf er gerade wieder Herzchen-Augen auf sein Handydisplay, weil Jo ihm geschrieben hatte.

Bei dem Gedanken musste Dean leicht schmunzeln und er öffnete seine Fotogalerie auf dem Handy, während er sich gegen den Tresen lehnte und an seinem kalten Kaffee nippte.

Die Halloween-Party war letztes Wochenende gewesen.
Kevin und Jo hatten seither regen Kontakt, Kevin dazu immer ein Lächeln auf den Lippen und Jo offensichtlich ständig ihr Handy in der Hand; Dean wusste nicht, wie sie es sonst anstellte, Kevin immerzu Nachrichten zu schicken.

Dean stoppte das Wischen durch die Galerie bei einem Gruppenfoto, auf dem besonders gut zu erkennen war, wie sehr Kevin Jo anhimmelte, die gerade in die Kamera sah.

Er lächelte bei dem Anblick und schüttelte leicht den Kopf.
Er könnte nicht sagen, dass er das erwartet hatte, aber hey, wenn die beiden sich gut taten, war er der letzte, der sich beschweren würde.

Sein Daumen wischte weiter durch die Galerie und über verschiedene Schnappschüsse; Charlie, die Gilda Huckepack trug, Charlie, Gilda und Jo auf der Tanzfläche, Kevin eingeschüchtert von Benny, Garth mit mehreren Cheeseburgern auf einem Teller und - Steve.
Steve mit Charlie, Steve mit Gilda, Steve mit Benny, Steve alleine, Steve an der Bar, ein Selfie von Steve und ihm, noch ein Selfie- noch eins, Steve auf der Tanzfläche mit Jo (und Kevin unbegeistert im Hintergrund), Steve, Steve, Steve, nochmal eines von Steve, wieder eines und noch eines und noch-

Wie viele hatte er gemacht?!
Dean räusperte sich unwohl, verließ die Großansicht und überflog die Übersicht der Bilder.
Verdammt, er hatte… viele Bilder von Steve gemacht.

Er blickte sich einmal kurz um, als könnte ihn jemand dabei beobachten, wie er etwas verbotenes tat, ehe seine Augen über die Bilder flogen, über die zahlreichen Bilder.
Fuck, er hatte ein Probl-

Dean runzelte kurz die Stirn und klickte ein Bild an, das offensichtlich nicht er gemacht hatte;
Das Bild war von hinter dem Tresen aufgenommen und er meinte sich in diesem Moment dunkel daran zu erinnern, dass Benny einmal nach seinem Handy gefragt hatte.
Steve und er saßen eng beieinander, die Köpfe zusammengesteckt, vor sich ein gemeinsamer Teller vom Buffet, Steves Hand lag locker auf dem Tresen, Deans Hand direkt dahinter, aber sein Daumen hatte sich in die Kuhle zwischen seinen Fingerknöcheln gelegt.
Dean er erinnerte sich an das Gefühl der weichen Haut unter seinen Schwielen, an die Wärme und das feine Spiel der Sehnen.
BIld-Dean lachte, den Kopf nach hinten geworfen, den Mund weit offen, die Augen geschlossen - er erinnerte sich nicht mehr daran, was Steve genau gesagt hatte, das ihn so zum Lachen gebracht hatte, aber er erinnerte sich an das Gefühl, an das warme Knistern in seinem Inneren, das mit seinem Lachen nach oben geblubbert war und Steve - sah ihn an.
Er sah ihn direkt an, mit großen, leuchtenden Augen, einem so breiten Lächeln, dass man sein Zahnfleisch sah, breit und voller Freude und - und-
Er sah fast stolz aus, wie er Deans Lachen beobachtete, für das er der Grund war, stolz, warm und - beinahe zärtlich.

Sein Schlucken war hart, als er versuchte nicht in dem Anblick des Fotos unter zu gehen, nicht darin zu zerschmelzen, wie intim sie wirkten, wie vertraut und zufrieden.

Es war nur ein Augenblick, alle Fotos waren nur Augenblicke, ohne Kontext, ohne Bezug zur Realität, aber auf diesem Bild-
Man- Man könnte fast meinen, sie wären- Steve wäre-

Ein Lächeln zuckte in seinem Mundwinkel und es war lächerlich, aber trotzdem hob er den Daumen, um Foto-Steve über die Haare zu streichen, deren samtige, weiche Struktur er sich nur vorstellen konnte.
Eine Berührung, die nicht wahr war, sondern völliger Blödsinn, die es nicht in der Realität gab, aus dem Kontext gerissen genau wie das Foto, aber- was würde er nicht-
Wenn er nur könnt-


Sein Handy fiepte viel zu schrill mit einer Nachricht und riss ihn brutal aus seiner Blase.
Es entwischte beinah seinem Griff, aber er konnte es gerade noch halten und hektisch gegen seine Brust drücken.

Verdammt noch mal, Winchester!

Dean tat einen tiefen Atemzug, schielte unauffällig um sich herum und hinter die Glaswand des Pausenraums, ob ihn jemand bei seiner- was auch immer das gewesen war -, beobachtet hatte, aber scheinbar hatte er seine Peinlichkeiten immerhin nicht öffentlichkeitswirksam zur Schau gestellt.

Er atmete nochmals tief durch und sah dann nach der Nachricht, die seine Trance gebrochen hatte.

<b>Garth:
Deano
Blöde Frage
Aber dein Buddy, von der Feier
Steve
Vielleicht solltest du ihn anrufen?
Ich glaube er braucht gerade einen Kumpel</b>

Dean brauchte ein paar Herzschläge, bevor er die Worte der Nachrichten verarbeitet und verbunden hatte.
Seine Schultern wurden mit jedem Wort, jeder Silbe, die in sein Bewusstsein drang, härter und angespannter. Seine Zunge fühlte sich trocken an, schwer, als er hart schluckte, bevor er sich damit unbewusst über die Lippen fuhr.

Seine Daumen schwebten über den Tasten, die Fingerspitzen gefüllt mit hektischen, besorgten Fragen, die er nicht in Worte fassen konnte;
Wo hatte Garth Steve gesehen? Was war los? Wies-

Ein Bild lud sich in den Chatverlauf.

Der schale Kaffee in seinem Magen wurde zu Eiswasser, ihm wurde kalt, übel und er schluckte schwer gegen das Gefühl von trockener, heißer Galle in seinem Mund.

Das Bild zeigte Steve.
Er stand an der Tür einer Hochbahn und man musste ihn nicht einmal kennen, um zu sehen, wie sehr er sich bemühte, sich zusammen zu reißen; Die Haut in seinem Gesicht war rot und fleckig, vermutlich von der Kälte draußen und mühsam zurückgehaltenen Tränen, seine Augen weit aufgerissen, glasig, starr und gerötet. Er hielt den Kragen seines weißen Hemdes vor der Brust verkrampft zusammen und Dean war sich sicher, dass seine Hände zitterten.
In der anderen Hand hielt er - Gottverdammt - Er hatte seine Schuhe in der Hand. Deans Augen glitten auf dem Bild nach unten und - ja. Er war nur in Socken zur Hochbahn gelaufen.
Wo war seine Jacke?!

Dean zog scharf und tief die Luft ein, während er sich mit der Hand streng über Augen und Haare fuhr, um sich zu erden.

Gott! Gott, verdammt, Steve! Was musste passieren, damit man ohne Jacke und Schuhe aus dem Haus rannte?!
Wieso war er nicht-, wieso hatte er nicht-

Vollkommen egal.

Sein nächste Atemzug war ruckartig, fast gebieterisch.
Seine Zunge fuhr nochmals über seine Lippen und der darauffolgende war beherrschter, ruhiger, dann noch einer - noch einer - einmal noch, bis sein Atem ausgeglichen war, beruhigend eben und tief; Er öffnete Steves Kontakt (ja, vielleicht hatte er ihn unter Favoriten abgespeichert, na und?!) und wählte die Nummer.

Bitte, schickte Dean ein Stoßgebet zu jedem Gott, der zuhören wollte, Bitte, hab dein Handy dabei!

Sein eigenes piepste wieder und er zog es kurz vom Ohr, um die Vorschau der Nachricht zu sehen.

<b>Garth:
Es klingelt!</b>

Dean schloss erleichtert die Augen und wartete, das stetige Klingeln in seinem Ohr, wieder und wieder und wieder, bis die Erleichterung in kalter Panik ertrank.
Er nahm nicht ab.
Er nahm nicht ab!
Sein Hals wurde eng und seine Finger krallten sich fest in die rauen Fasern seiner Jeans, sein Finger trommelte einen hektischen, ungeduldigen Rhythmus auf den Rücken seines Handys.

Steve würde das nicht tun. Er würde ihn nicht ignorieren, richtig? Er- Er würde sich nicht von ihm wegdrehen, wenn er HIlfe brauchen würde, richtig?
Dafür gab es keinen Grund, oder? Wieso sollte er Dean nicht helfen lassen?
Nein, er- Er würde rangehen.
Jeden Moment.
Jeden Moment.

“Komm schon, Steve. Komm schon. Komm scho-!”

“Dean?”

Dean lief meistens, eigentlich immer, ein Schauer über den Rücken, wenn er Steves Stimme hörte, das grabestiefe, vibrierende Dröhnen seiner Worte, die in seinem ganzen Körper resonierten und ihn sich warm und flirrend fühlen ließen. Die Schauer waren heiß, kribbelnd und wohlig auf und unter seiner Haut.

Aber diesmal wurde die atemlose Erleichterung, die er spürte, als Steve endlich abnahm, nicht von dem heißen Schauer unterstrichen; Das Zittern seiner Schultern unter diesem einen Wort war frostkalt.
Steves Stimme war mühsam mit letzten Resten Selbstbeherrschung zusammen gehalten, wacklig und feucht, als könnte sie bei der kleinsten Berührung zerspringen, wie feines Glas.
Er hörte das Zittern, in seiner Stimme, in diesem einen Wort, hörte die eiskalte Angst in ihm vibrieren, wie ein Erdbeben unter einem Kartenhaus und Dean musste einen Moment die Augen schließen, um sich selbst zusammen zu halten.

Dean schluckte hart - gegen die eigene Angst, gegen die Erinnerung, als er ihn das letzte Mal so gehört hatte, blutend, aufgelöst und voller Schmerzen, gegen die heiße Qual, die er bei dem Gedanken verspürte, dass er jetzt nicht bei ihm war - und zwang ein Lächeln auf sein Gesicht, überschäumend mit Zuversichtlichkeit und Wärme, damit jeder noch so kleine Funke davon es in seine Stimme und durch die Leitung schaffen würde.

“Heya, Steve.”

Er hörte, wie Steve zittrig und schnaubend Luft holte, bevor er schniefte und die Luft wacklig durch den Mund ausstieß.
“Dean- Ich, was- Es-” Er musste wieder tief atmen, feucht und scharf. “Es- Es passt- passt gerade nicht- so gut, Dean. Was-?”
Steve brach ab, ob aus Mangel an Worten oder aus Angst, seine zitternde, rissige Stimme würde in der Mitte durchbrechen und wie Bleikristalle auf dem Boden zerschellen, konnte Dean nicht sagen. So oder so, es zog übel und kalt in seiner Magengrube.
Steve versuchte ihn abzuwimmeln. Er brauchte offensichtlich Hilfe - und er-
Er kam nicht zu Dean. Im Gegenteil, Steve versuchte sogar, sich von ihm abzuwenden.
Wieso-?!

Dean schloss für einen eigenen Atemzug kurz die Augen und kämpfte laute, harte Wellen voller Emotionen, die in diesem Moment nichts zu suchen hatten, hinter eine Mauer.
Das einzige, das im Moment wichtig war, war Steve und sein Wohlbefinden, egal, wie sehr er Earl jeden Zahn einzeln ausschlagen wollte, egal, wie tief es in ihm zog, weil Steve nicht zu ihm kommen wollte, sich sogar abwandte, obwohl er ihm helfen könnte, helfen wollte, egal wie weh es tat, ihn so zu hören.

Es ging nur um Steve.
Nur um Steve und sein Wohlbefinden, nicht um Deans angekratztes Ego. Steve hatte seine Gründe, die hatte er bestimmt.

Steve hatte ihm eine Frage gestellt - und Deans erster Impuls war, zu lügen.
Einfach sagen, dass es Zufall war, dass er ihn jetzt angerufen hatte, ein bisschen das Universum in seinem Ermessen verbiegen, Steve das Gefühl von Vorsehung und Sicherheit geben, weil Dean da wäre, wenn er ihn brauchte, ohne, dass er ihn darum bitten musste, weil er da wäre, auch wenn Steve seine Hilfe nicht wollte, immer erreichbar und sicher und für ihn da, wenn er sich anders entschied, wenn er doch zu Dean laufen wollte.
Er könnte ihm die Schmach ersparen, in dieser Situation ausgespäht und beobachtet worden zu sein.
Aber-

Er konnte Steve nicht anlügen.
Er wollte Steve nicht anlügen.

Dean rief sich einen Moment das Bild, das Garth ihm geschickt hatte, ins Gedächtnis und seine Zunge benetzte nervös seine Lippen. Garth musste ihm schräg gegenüber sitzen, etwas zu seiner Linken
Er würde ihn nicht anlügen.
“Schau nach links, Steve.”

Er hörte es an seinem stockendem Atem, als Steve Garth erspähte, an dem langen Moment Stille, der die Leitung füllte, bis die Durchsage der Hochbahn die nächste Haltestelle ausrief.

Dean hörte, wie Garth laut verkündete Das ist nicht meine Haltestelle! - Bye, Steve! und dann - vermutlich - die Bahn verließ.
Er schüttelte über Garth den Kopf und ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen.
“Er hat fluchtartig die Bahn verlassen, als du ihn angeschaut hast, oder?”

Steves schnaubendes Lachen war feucht und brüchig, aber da.
“Ja, hat er. Ich hoffe, er- nicht, dass ich- Ich wollte nicht-”

“Garth ist ein großer Junge, keine Sorge. Der kommt klar.”

Dean konnte sich fast vorstellen, wie Steve zustimmend aber gedanklich bereits abwesend nicken würde.

Stille breitete sich wieder in der Leitung aus und Dean schluckte, um seine Stimmbänder von dem klammen, trockenen Gefühl zu befreien, das der Klang von Steves brüchiger, zitternder Stimme in ihm auslöste.
Wenn er nur-
Er würde alles dafür tun, wenn er ihn jetzt halten könnte, stützen, schützen. Einfach für ihn da sein, in seine Arme schließen und die Kälte und Angst aus ihm vertreiben.
Er würde seine Finger in Steves Haare gleiten lassen, sanft über seinen Kopf streichen, während er ihn an sich drückte, sicher und fest, bis das Zittern seine Muskeln verlassen hatte und seine Stimme wieder fest und grabestief wäre. Er wäre-
Er könnte-

Wut kochte in ihm hoch, heiß und schäumend und er schluckte nochmals, um sie seinen Hals wieder hinab zu zwängen. Er würde Earl- Wenn er ihn jemals zu Gesicht bekam-!

Nicht jetzt.
Das war jetzt nicht wichtig, Steve war wichtig.
Gott, Steve!
Was war nur passiert?!
War er verletzt?
Was hatte Earl getan, dass er-
Dean versuchte im Kopf durchzugehen, wo von Steves Wohnung aus die nächste Hochbahnhaltestelle wäre - wenn er sich nicht irrte, weiter weg, als ihm lieb war.

Dieser Bastard. Dieser verdammte Bastard.
Er räusperte sich. 
“Steve?”

“Dean, ich-”

“Steve, was ist pa-”

Dean.” Die Verzweiflung in Steves Stimme war einen Moment so dick und greifbar, dass Dean sie fast auf seiner Brust spüren konnte, bevor ein weiteres, unterdrücktes Schniefen sie abschüttelte. “Dean, ich- kann nicht- hier- ich- Bitte.”
Sein Atem zitterte, seine Stimme war brüchig, nur mühsam zusammengehalten, voller Risse gefüllt mit unterdrückten Tränen und der Drang, seine Arme um Steve zu schlingen, ihn zu halten, zu wiegen, durch seine Haare zu streichen, ihn sich sicher fühlen zu lassen, warm und behütet, während er in seine Schulter weinen könnte, so viel er wollte, konnte und brauchte, war geradezu unerträglich.
Es erstickte ihn, leer und atemlos und voller Sehnsucht, aber er kämpfte es hinunter und zwang sich , wenigstens seine Schultern zu entspannen und nickte ein paar Mal.
“Natürlich, Engel. Hey, es ist alles in Ordnung.”

Ein schniefendes Wimmern drang durch die Leitung, bevor er hörte, wie Steve geradezu nach Luft schnappte, als wolle er sie hinunterschlucken, dann weitere, deutliche, laute Atemzüge, die mit dem Zug in die Lunge die letzten Reste Selbstbeherrschung sammeln sollten.
Dean wartete geduldig, die Augen geschlossen, sein Herz krampfend vor Wut, Mitgefühl und deplatzierter Zuneigung, bis Steves Atem wieder ruhiger wurde und er ein deutliches Schlucken hörte.
“Wo fährst du hin?”

Diesmal klang es fast nach einem Lachen, aber vollständig freudlos. 
“Ich weiß es nicht.”

Ein lautes, tobendes Fahr zu mir! dröhnte durch Deans Kopf, aber er presste die Lippen aufeinander, damit es nicht entkommen konnte.
Trotzdem wollte er ihn schütteln, bis er es verstanden hatte; Steve könnte zu ihm kommen, immer, jederzeit, er würde- Er wäre-
Nicht jetzt!

Dean nickte wieder, mehrfach, während er überlegte, was er tun könnte, wie er helfen könnte, was-
“Ich brauche deine Hilfe”, der Gedanke schoß spontan und unüberlegt durch seinen Kopf, wie eine Flipperkugel und er hoffte nur, betete fast schon, das Steve- das Steve ihm diese Ausrede durchgehen lassen würde. Dass Steve sich selbst die Ausrede durchgehen lassen würde.

“Was? - Ich meine-” Er hörte das sortierte, angestrengte Räuspern. “Wobei?”

“Charlie will, dass ich mir ein neues Outfit anschaffe, für Thanksgiving - sonst bekomme ich keinen Truthahn und - uh - ich dachte, vielleicht, hilfst du mir? Sonst muss ich mit Charlie shoppen gehen und ich sage nur Montage - das überleb ich nicht nochmal.”
Alles davon, war wahr. Er hatte eine lange Diskussion mit Charlie geführt, ob karierte Hemden eine angemessene Aufmachung für Thanksgiving waren oder nicht - und am Ende hatte er verloren. Und nein, er würde nicht nochmal mit Charlie Outfits kaufen gehen, einfach weil er nicht noch einen Tag überstehen würde, an dem in Dauerschleife Walking on Sunshine lief.
Er hatte Steve wirklich fragen wollen, ob er ihm beim Shoppen unterstützen wollte; Nur eben unter anderen Umständen.

Er hörte, wie Steve einen zittrigen, unsteten Atemzug nahm.
“Dean, ich-”

Deans Augen schlossen sich von selbst und er presste die Lippen aufeinander.
“Steve.” Gott, er klang fast atemlos, aber, er konnte nicht. Er konnte Steve nicht einfach weiter in der Hochbahn fahren lassen, frierend, aufgelöst und ängstlich. Er musste sich selbst davon überzeugen, dass es ihm gut ging. Er musste-
“Ich muss dich sehen, bitte.” Dean schluckte hart, benetzte seine zu trocknen Lippen und räusperte sich. Normalerweise wäre es ihm unangenehm, so - offen zu sein, so flehend zu klingen. Aber bei Steve konnte er das, er vertraute Steve - und es wäre nur fair. Er kannte auch Steve an seinen dunkelsten Orten. “Bitte.”

Die Stille war zäh und dickflüssig, verstopfte die Leitung mit ihrer Leere und Deans Herz krampfte in seiner Brust.
“Ste-”

“Okay.” Dean sackte erleichtert in sich zusammen und rieb über seine Haare. Steves Stimme klang immer noch zittrig, aber fester. “Ich-”
Das leise Lachen, das sich tief durch die Leitung zwängte, war immer noch feucht, fast zersplittert, aber trotzdem konnte er die Spuren des Amusements heraushören.
“Ich- natürlich, helfe ich dir, Dean. Sehr gerne.”

Dean ließ sich gegen den Tresen sinken, schickte ein stummes Dankgebet in den Himmel und fuhr sich über die Haare, die Augen geschlossen.
“Cool, Danke. Uh- die, die Bahn in der du bist, fährt die an der Mall-Haltestelle vorbei? Wir könnten uns dort treffen? Ich- ich kann gleich da sein. - Falls nicht kann ich- dich abholen?”
Steve musste ihm nur sagen, wo er wäre, wo er sein würde, Dean wäre dort.

Die Stille verhärtete seine Muskeln, spannte sie an, lang gedehnt, fast schmerzhaft, fest, pulsierend, wartend und dann-

“Danke, Dean.” Seine Stimme war leise, fast nur ein Flüstern, tiefe, leise Wellen, Bewegungen in einem Teich, dessen Grund man nicht kannte. Sie erfassten Dean, tropften in seine Ohren, auf seine Muskeln und Knochen und er entspannte sich mit einem erleichterten Atemzug, weil das so viel mehr wie Steve klang, wie sein Steve, als das zitternde, brüchige Klirren von fast zersplitterndem Bleiglas. “Die- Die Bahn fährt zur Haltestelle, denk ich. Ich- Es wird noch ein bisschen dauern.”

Deans Mundwinkel zuckte in einem Lächeln nach oben.
“Hey, ich danke dir. Und kein Problem, Steve, ich werde da sein. Bis gleich.”

“Bis gleich, Dean.”

“Oh, und - uh, Steve?”

“Ja?”

Dean räusperte sich kurz, bevor er weiter sprach, versuchte, seine Stimme so kausal und gelassen, wie irgend möglich klingen zu lassen. . “Setz dich bitte und - uh - zieh deine Schuhe an. Aber, setz dich auf jeden Fall, okay?”

Diesmal klang das schnaubende Lachen wieder feuchter, gefährlich brüchig, aber er hörte die Zustimmung daraus.

“Ja, das mach ich. Danke, Dean.”

“Bis gleich.”

Er legte auf, zog noch einmal selbst beruhigend die Luft ein und nickte dann, ehe er sich auf dem Absatz zur Tür drehte um, möglichst schnell in die Gänge und in die Mall zu kommen - und stand plötzlich genau vor Kevin.

Fuck!

Kevin lachte auf, offensichtlich musste Deans Gesicht seine Gedanken unverfälscht widerspiegeln.

“Du hast mich vergessen, oder?”

Gott, wie konnte er nur Kevin vergessen?! Verdammt, er nahm ihn fast jeden verdammten Tag mit!
“Kev, ich- uh-”

Kevin unterbrach ihn mit einem freundschaftlichen Schlag auf die Schulter und schob sie beide dann Richtung Ausgang.
“Hey! Kein Problem, Dean!”, sein Grinsen veränderte sich von breit und stichelnd zu kleiner und schüchtern. “Ich- wollte eh bei Jo in der Wache vorbei schauen und vielleicht mit ihr einen Kaffee trinken, wenn sie Zeit hat. Also nehm ich einfach die Bahn.”

Dean drehte sich zu ihm, nachdem Kevin ihn gerade in den Aufzug geschoben hatte, und zog ihn in eine feste Umarmung.
“Danke, Kev!”
Kevin lachte gegen seine Schulter und klopfte wieder auf seinen Rücken.

~*~

Deans Herzschlag hämmerte den ganzen Weg über; Seit er Kevin bei der Bahnstation raus gelassen hatte, klopften seine Finger unruhig auf dem Lenkrad, er fuhr zu aggressiv, zu gereizt, zu schnell und bremste zu scharf.
Aber er wollte - konnte - Steve keine Sekunde länger warten lassen, als unbedingt notwendig, falls er schon an der Mall wäre.

Er konnte es kaum ertragen, wenn er sich vorstellte, wie die zitternde Gestalt über den Parkplatz lief, bis er endlich in der Mall wäre oder - schlimmer noch - so dämlich wäre, auf dem Parkplatz auf ihn zu warten.
Seine Augen waren mehr auf seine Umgebung und die Passanten gerichtet, um Steve möglichst früh zu erspähen, als es für ihn und den Verkehr gut war.
Trotzdem schaffte er es ohne Unfall (es war knapp gewesen) auf den Mall-Parkplatz und parkte Baby möglichst nah an dem Ende mit der Hochbahnstation.
Er drehte sich fast hektisch noch im Fahrersitz um, um auszuschließen, dass Steve gerade jetzt an ihm vorbei lief, aber- nein.

Dean atmete einen Moment lang tief ein und aus, bevor er sich über die Haare fuhr, Babys Lenkrad einmal liebevoll und entschuldigend, für den rüden Fahrstil, streichelte und dann ausstieg.

Seine Augen glitten erneut über den Parkplatz, suchten den dunklen Haarschopf und das weiße, prominente Hemd, das unter all den dunklen Winterjacken auffallen musste, wie ein bunter Hund.
Verdammt, es war kalt!
Dean schauderte, zog seine eigene Jacke enger um sich und sein Handy aus der Hosentasche.
Vielleicht war Steve doch schon rein gegangen? Immerhin, verflucht nochmal, hatte er keine Jacke an und-

“Dean?”

Deans Kopf schoss so schnell nach oben, dass er ein Knacken in seinem Nacken hören konnte.
“Ste-” Dean verschluckte sich an seinem eigenen Wort, als er den anderen Mann erspähte; Steve hatte den Kragen seines Hemdes losgelassen, um seine Arme um den Oberkörper zu schlingen und es fiel offen und weit auseinander, er hatte bestimmt zwei oder drei Knöpfe nicht geschlossen und der kalte Wind zog an dem dünnen weißen Stoff und schlug ihm den Hemdkragen gegen das Kinn.
Er war bleicher, als auf dem Bild aus dem Zug, aber seine Wangen, Nase und Hände waren prominent rot, vermutlich wegen der Kälte, die Augen gerötet und die Hände trotz dem festen Griff um seine Arme zitternd.

Dean verkrampfte reflexartig die Hände, starr, hart, fast schmerzhaft, um sich davon abzuhalten, auf Steve zu zustürzen und ihn energisch in seine Arme zu zerren.
Er konnte die zitternden Muskeln von hier aus sehen, das Schlottern seines Kinns und Klappern der Zähne.
Gottverdammt, Steve!

Stattdessen schluckte er einmal hart gegen den Kloß in seinem Hals und zwang ein charmantes, schiefes Lächeln auf seine Lippen, von dem er hoffte, es würde nicht so hohl aussehen, wie es sich anfühlte.

Steve blickte ihn einen Moment an, den Mund einen Spalt geöffnet, als wollte er etwas sagen, bevor er die kalten, blauen Lippen fest aufeinander presste, sich etwas weiter in sich zurück zog und stehen blieb. 

Deans Lächeln wurde nur breiter, während er gegen die Welle unwohles Ziehen in seinem Magen schluckte. Er zog seine Jacke aus und kam Steve entgegen. Die Kälte begann augenblicklich an seinen Armen zu zerren und sich unter den dünnen Stoff seines Hemdes und Shirts zu schneiden; Er bekam eine Gänsehaut und ihm wurde geradezu übel, bei dem Gedanken, wie lange Steve schon so herum lief.
Er lächelte den Gedanken weg und konzentrierte sich wieder auf Steve:
“Heya, Tony Manero, bisschen frisch für den Look, oder?”

Steve runzelte verwirrt die Stirn, hob aber wenigstens wieder den Kopf, um Dean fragend anzusehen und Dean nickte erklärend auf das weit auseinander fallende Hemd.
Er folgte seinem Nicken mit den Augen.

Sein ganzes Wesen erstarrte unter seinen angespannten Muskeln, bevor er fast hektisch nach dem Hemdkragen griff und versuchte, ihn zusammen zu halten.
Dean konnte sehen, wie er versuchte ein hartes Schlucken durch seinen Hals zu kämpfen, wie sich seine Augen schlossen und er versuchte, betont ruhig durchzuatmen; Es klang deutlich brüchig. 
“I-Ich, das- Ich…” Seine Lippen pressten sich so fest aufeinander, dass auch die restliche Farbe, die die Kälte übrig gelassen hatte, aus ihnen wich.

Als Dean einen Schritt später direkt vor ihm stand, erkannte er auch, wieso.
Steve hatte das Hemd nicht aufgelassen; die Knöpfe waren abgerissen.
Jemand hatte ihn versucht, ihn am Hemd festzuhalten.

Dean schluckte die Erkenntnis und das Eiswasser, das sie durch seine Venen schickte, herunter, genauso wie das heiße Brennen von Wut auf diesen jemand und seine eigene Schuld, Steve mit dem dummen Kommentar in die Ecke gedrängt zu haben.
Seine Zunge benetzte von selbst seine Lippen und er spürte, wie die kalte Luft an der Feuchtigkeit zog. Seine Hand fuhr über seinen Hinterkopf und er räusperte sich.
Er war ein Idiot.
“Hey, das- Entschuldige bitte. Das hätte ich nicht sagen sollen.” Sein lächeln hatte an Charme und Lockerheit verloren, aber es war warm, ehrlich, sanft und entschuldigend. 
Steve war jetzt hier und er wollte dafür sorgen, dass es ihm besser ging, dass er sich gut fühlte, sicher.
Er legte ihm in einer weichen, flüchtig gemeinten Bewegung seine Jacke um die Schultern. Er wollte, sollte, seine Hände gleich wieder zurück ziehen, aber sie ruhten noch einen Moment auf den Oberarmen. Er konnte fast die kalte Haut und ganz sicher das Zittern in den Muskeln spüren und rieb automatisch sanft mit dem Daumen darüber.

Steve zuckte unter seiner warmen Berührung einen Moment zusammen, aufgeschreckt aus Gedanken und Erinnerungen, die ihn gerade wieder eingeholt hatten, bevor er Dean fast vorsichtig ansah.
Was auch immer es war, dass sich einen Augenblick auf Steves Zunge getummelt hatte, die Sehnsucht nach Wärme gewann darüber und er lehnte sich leicht gegen die Berührung, während er sich tiefer in die Jacke schmiegte.
Es sah gut aus, Deans Jacke an Steve. Sie war ihm ein bisschen zu groß, genau richtig, um sich hinein zu schmiegen und Dean musste einen Moment die Vorstellung hinunter kämpfen, wie er Steve nach einem Essen in einem teuren Restaurant seine Jacke umlegen würde und-

Er räusperte sich, zog seine Hände zurück und zupfte die Jacke vorne noch etwas weiter zu.
“Hier, so ist’s besser.”

“Danke, Dean.” Es war zittrig, voller schlotternder Zähne und vibrierenden Muskeln. Aber Steve schluckte erneut, entkrampfte langsam die harten, kalten Muskeln um seinen Kiefer und benetzte unruhig seine Lippen mit der Zunge.
Seine Augen, blau, tief und glitzernd, sahen Dean nur einen Wimpernschlag lang an, bevor sie sich eisern auf den Asphalt richteten.
“Ich- das- das- Hemd-”
Seine Stimme zitterte, dünn gewalzt von Kälte und Angst, brüchig, tränenfeucht und Dean spürte, wie etwas in seiner Brust sich verkrampfte bei diesem unnatürlichen Klang aus Steves Mund.

Das Lächeln auf seinen Lippen zu halten wurde schwerer, aber er behielt es eisern oben und legte seine Hand, warm und sanft, an Steves Hals.
Ein Schauer, und Dean wünschte sich, dass er wohlig gewesen war, heiß und angenehm vielleicht sogar, wanderte sichtbar über Steves Rücken, bevor er zuließ, dass Dean seinen Kopf und damit seinen Blick langsam nach oben dirigierte.
Er konnte fast den hektischen Puls unter Steves Haut an seinen Fingern hämmern spüren neben den Zittern, das durch seine Muskeln lief und das unebene Auf und Ab seiner Gänsehaut.
“Steve, ist schon okay.” Er nickte, versuchte, sein Lächeln zuversichtlich wirken zu lassen, warm, sicher.

Steves ozeanblaue Augen waren rot umrandet, glasig von unterdrückten Tränen und starr, aber er sah ihn an und Dean erlaubte sich, seinen Daumen über die weiche, kalte Haut an seinem Hals streichen zu lassen; Steve schloss die Augen für einen Moment und nahm einen zitternden Atemzug.
Wieder kneten sich Steves Lippen aufeinander, ehe sie sich leicht öffneten, den Hauch eines gedachten Wortes atmeten - und sich wieder schlossen.
Seine Schultern wurden lockerer und er blickte Dean wieder an und nickte kurz und ruckartig: “Danke.” 

“Schon okay. Lass uns reingehen und erstmal was warmes trinken, okay?”

Steve schluckte nochmal hart, bevor er wieder nickte und Dean zog sein Lächeln einen Moment breiter, offener, aufbauender und löste die Hand von Steves Hals.
Trotz der Kälte hatte sie sich wärmer angefühlt, als sie auf seiner Haut gelegen war.

Er räusperte sich, um seinen Fokus zu korrigieren, verdammt nochmal, Winchester, jetzt war wirklich nicht der Moment!, fuhr sich über die Haare und wandte sich zu Baby.
“Warte kurz.” Er öffnete Babys Kofferraum und holte unter Steves fragendem, wartenden Blick einen Rucksack hervor, warf ihn sich über die Schulter und schloss Baby ab. Er hatte immer Kleidung dabei, eine alte Angewohnheit, die er nicht los wurde, und er konnte Steve unmöglich weiter in dem dünnen, kaputten Hemd herumlaufen lassen. “Komm, ab ins Warme. Wir machen dann nur noch kurz einen Abstecher.”
Er streckte den Arm aus, einladend, offen, vollkommen automatisch, und erstarrte dann einen Moment.
Verdammt, was machte-

Aber Steve trat die wenigen Schritte vor, die sie trennten, und schmiegte sich in die Kuhle in Deans Seite. Sein Arm schlang sich von selbst eng um den zitternden Körper und er hielt ihn nah bei sich, eng an seine Wärme gedrückt, während seine Hand über seinen Arm strich.
Die Umstände, die könnten besser sein. Aber das- das- Es fühlte sich gut an, richtig.
Dean lächelte.


Steve seufzte hörbar, als sie die warme, ihnen entgegenblasende Lüftung am Eingang passierten und Deans Reiben über seinen Arm wurde stärker, als könnte er die warmen Partikel einfangen und in seine kalten Muskeln massieren.
Er lächelte eisern bei dem Anblick, bei dem Seufzen, das so nah Schmerz und Unbehagen war, wie an Wohltat, auch wenn ihm mehr danach war, besorgt die Stirn zu runzeln.
Sie mussten ihn endlich wieder aufwärmen, den kalten Blauglanz aus seiner Haut vertreiben und die grabestiefe Stimme von den Eiskristallen befreien, die an ihr nagten.

Deans Augen glitten suchend über die nächstgelegenen Läden und Stände, ob es etwas geeignetes gab, das Steve schnell aufwärmen würde, während Steve lediglich seinen Kopf auf Deans Schulter legte und seine kalte Nase gegen seinen Hals schob.
Ein wohliger Schauer ran bei der Intimität über seinen Rücken und er schluckte vorsichtig, den Arm weiter eng um den zitternden Körper gelegt, den Blick über die Möglichkeiten gleitend - bis sein Blick auf ein kleines Schild fiel und er fast schon resigniert durchatmete.
Darum sollten sie sich wohl zuerst kümmern.

Es war mühsamer, als er zugeben wollte, seinen Arm von Steve zu lösen, vor allem, als Steve dabei verwirrt, fast erschrocken, seinen Kopf von seiner Schulter hob.
Dean lächelte, warm, beruhigend und griff sanft nach Steves Hand; seine langen Finger waren kalt und steif, aber sie verschränkten sich fast augenblicklich mit Deans und sein Lächeln wurde tiefer, ehrlicher.
Er merkte kaum, wie sein Daumen begann über Steves Handrücken zu fahren.
“Komm, hier lang.” Steve folgte ihm widerstandslos, zumindest bis er bemerkte, dass Dean ihn nicht zu einem der zahlreichen Cafés zog, sondern zur Herrentoilette.
“Dean, uh-”

“Komm, alles gut.” Er zog ihn mit sanftem Nachdruck weiter und Steve zögerte nur einen Moment, bevor er ihm folgte, seine kalte Hand locker und entspannt in seiner, genau passend.
Es war unsinnig - und irrational - aber das Steve ihm einfach so folgte, ließ etwas Warmes in seinem Inneren wohlig brummen.


Die Tür fiel laut hinter ihnen zu und schnitt sie von dem Summen und Auf- und Abwellen der fremden Stimmen in der Lobby ab. Die Musik, ein Pop Radio-Sender mit dem generischen Gute-Laune-Lied folgte ihnen durch einen kleinen Lautsprecher in der Decke. Dean ließ den Rucksack auf den Waschtisch gleiten und kontrollierte, ob die Kabinen leer waren, ehe er sich zu Steve drehte.

Er hatte wieder die Arme um sich geschlungen und hielt Deans Jacke vorne zusammen, während seine Augen forschend und gleichzeitig fragend zusammen gekniffen waren.
Dean zuckte als Antwort auf die nicht gestellte Frage mit den Schultern und ging zu seinem Rucksack.
“So kannst du nicht rumlaufen, nicht bei dem Wetter.” Er zog den Reißverschluss auf, nahm den Erste Hilfe Kasten heraus, der immer oben auf lag, und legte ihn beiseite, ehe er tiefer hinein griff.

Steve beobachtete ihn, Kopf zur Seite gelegt und Stirn gerunzelt, als er ein altes, schwarzes Band-T-Shirt, ein graues Henley-Shirt und einen roten Hoodie heraus holte.
“Hier”, er stapelte die Kleidung auf seiner Hand, sie war noch kalt von ihrer Zeit im Kofferraum und seine Finger glitten wie von selbst über die kalten Fasern, bis er sich zu Steve drehte, den perplexen Gesichtsausdruck sah und abrupt in allen Bewegungen innehielt. “Was?”

Steve zog seine Unterlippe zwischen seine Zähne und Dean folgte der Bewegung, beobachtete einen langen Moment, wie Steve darauf nagte, den Blick auf die Kleidung in Deans Hand gesenkt, die Arme weiterhin fest um sich geschlungen.
Er schüttelte langsam den Kopf.
“Danke, Dean, aber- Ich kann doch nicht- Das- Es geht schon.” Sein Griff um den losen Hemdkragen wurde fester und Deans Stirn runzelte sich einen Moment verwirrt; Wieso wollte er nich-

Er schluckte, als es ihm endlich wie Schuppen von den Augen fiel, und räusperte sich kurz.
Es lag nicht daran, dass Steve sich in dem Hemd wohl fühlte; Es lag daran, dass er sich unwohl fühlte, sich vor Dean auszuziehen, im schlimmsten Fall weil-
“Bist du verletzt, Steve?”

Seine Lider fielen besiegt über die kristallblauen Augen und Dean zog tief die Luft ein.
Der Griff um den Hemdkragen wurde härter.
“Ich- das- Nicht- Nicht wirklich, es ist nur- nichts.” Er räusperte sich. “Es ist nichts.”

Dean schloss einen Moment gegen die in ihm schreiende Sorge die Augen, gegen den Drang, Steve einfach zu packen und sein Hemd aufzureißen, die verbliebenen Knöpfe durch den Raum sausen zu lassen, um nachzusehen, was dieser Bastard getan hatte.
Aber er nickte nur ein paar Mal und fuhr sich über die kurzen Haare, bevor er die Kleidung auf den Rucksack bettete.
Seine Zunge fuhr über seine Lippen, bevor er sie gegeneinander knetete, wieder nickte und dann die Hände hob, vorsichtig, langsam.
“Darf ich?” Er deutete auf das Hemd und Steves Muskeln spannten sich für einen Moment hart an, aber dann sanken seine Schultern kraftlos und er lehnte sich mit der Hüfte an den Waschtisch.
Sobald seine Hand den Kragen losgelassen hatte, fiel sie fast leblos nach unten; Erschöpfung, Kälte und Angst hatten genug gefordert.

“Es ist wirklich nichts, ich-”
Er atmete müde aus und nickte.

Als Dean nach den verbliebenen Knöpfen griff, waren sie immer noch kalt unter seinen Fingern und er knöpfte sie langsam und vorsichtig auf. Es war keine Absicht, dass seine Finger über die kalte Haut strichen, als er den geöffneten Stoff zur Seite schob;
Es war kein Stromschlag, kein Feuerwerk, das seinen Körper durchzuckte oder das hohe Sirren einer gespannten Saite, die nur darauf wartete in seinem Inneren zu klingen. Aber trotzdem konnte er seine Hand nicht wegnehmen. 
Die Haut war kalt und klamm, aber als seine Fingerknöchel über die festen, zitternden Muskeln unter ihr strichen, zog Steve scharf die Luft ein. Dean konnte beobachten, wie sich eine Gänsehaut ausbreitete und wie eine Flutwelle über Steves Brustkorb rannte.

Er konnte den Blick nicht abwenden; helle, straffe Haut über zitternden Muskeln, überzogen mit der feinen Gänsehaut, die sich ihm entgegen streckte. Das nächste Mal war es kein Versehen, als seine Finger die freigelegte Haut berührten, darüber strichen und den schmalen Streifen zwischen den beiden Knopfleisten liebkosend berührten, verfolgt von der Gänsehaut und dem scharfen, zittrigen Atemzügen von Steve.

Der letzte Knopf war offen, das Hemd lose an Steves Körper; Dean konnte die Muskeln sehen, wie sie sich unter seiner Haut bewegten, wie sich seine Rippen durch seinen Atem dehnten und die feine Spur Haare, die von seinem Bauchnabeln nach unten wanderte, den Hosenbund passierte und sich damit aus seinem Blick schlich.
Er wollte mehr erkunden, mehr Haut unter seinen Fingerspitzen fühlen. Er wollte Steve das Hemd von den Schultern streifen, ihn packen und an sich ziehen, so lange über die Gänsehaut küssen und lecken, bis sie sich in heiße, erregte Schauer verwandeln würde. Er wollte Steve auf den Waschtisch heben, seine Hose öffnen und selbst dafür sorgen, dass die Kälte aus seinem Körper verschwand, wollte mit festen, harten Stößen selbst die Hitze in seinen Körper treiben, bis er vor brennender Extase zittern würde. Er-

Seine Hände hatten begonnen über seine Bauchmuskeln zu streichen, die Schwielen an seinen Händen kratzten über die weiche Haut.
Wieder schüttelte ein zittriger, scharfer Atemzug Steves Körper, bevor er Dean plötzlich am Handgelenk packte.

Dean schreckte fast aus seiner Trance und frostkalte Erkenntnis drückte ihn und seine Gedanken einen Moment unter Wasser.
Was tat er hier?!
Er konnte nicht-!
Fuck!
Fuck, Fuck, Fuck, Fuck, FUCK!
Was zum Teufel-
Wie konnte er Steve so etwas antun?! - Er zog scharf die Luft ein, schluckte hart und hob dann den Blick, um Steve anzusehen, der Mund offen aber wortleer und nach Entschuldigungen schnappend.

Er konnte sehen, wie Steves Adamsapfel unter dem festen Schlucken hüpfte, bevor sich ein Lächeln auf seine Lippen legte. Deans Mund klappte sich bei diesem Anblick ruckartig zu und er musste selbst schwer gegen seinen wässrigen Mund schlucken.
Steve wirkte kaum unsicher, nicht belästigt und angegriffen von Deans perversem, unpassendem Verhalten.
Er wirkte fast - schelmisch, herausfordernd.
Oh Gott.

“Hier oben.” Seine Stimme klang rauer, heiser, seine Augen wirkten dunkel, wie Meerwasser über einem tiefen Abgrund. Deans Zunge fuhr sich gierig über seine Lippen, ehe er abrupt nickte, seinen Blick sich mühsam von den tiefen Augen löste und wieder auf Steves Brust richtete.
Er hatte sein Handgelenk losgelassen und zog sich erst die linke Hemdhälfte über die Schulter; Der kalte Stoff gab den Blick frei auf das fein geschwungene Schlüsselbein, das sich gegen seine Haut abhob und eine wohlgeformte, trainierte Brust. Dean wollte die Konturen nachfahren, seine Finger darüber gleiten lassen, sanft, kratzend, neckend, bis zu der harten, aufgestellten Knospe seiner Brustwarze.

Sein Mund wurde trocken, ihm wurde heiß und er konnte die unpassende, peinliche und perverse Faszination, die durch sein Blut brannte, rotglühend in seinen Wangen pochen spüren. Er fluchte innerlich, als seine Zunge über seine Lippen glitt, kaum im Zaum gehalten bei der Vorstellung, sie könnte über das aufgestellte, harte Fleisch gleiten und sein Glied pochte aufmerksam und halbhart.
Fuck, was trieb er hier?!

Steves Hand hob sich zur anderen Hemdhälfte, diesmal zögernder, verhaltener und das reichte aus, um Deans Aufmerksamkeit einzufangen. Er  blickte ihn an.
Seine Wangen waren rot, seine Lippen glänzten feucht - und die schelmische Herausforderung in seinem Blick war deutlich ins Wanken geraten. Er versuchte das schiefe Lächeln aufrecht zu halten, aber es wurde dünner, unsicher und schließlich wich er Deans Blick zur Seite aus.
Er zog an dem Hemdkragen, um auch diese Seite über seine Schulter zu schieben - und runzelte die Stirn.

Bevor Dean eins und eins zusammenzählen konnte, riss Steve an dem widerspenstigen Stoff, der an seiner Haut klebte, und zischte schmerzerfüllt.

Der Laut holte Dean in die Realität zurück, wie ein Eimer kaltes Wasser über seinen Kopf, und er schluckte eilig, bevor er sich streng räusperte.
Er war nicht hier, um Steve zu sexualisieren oder- oder- Mit ihm auf der Herrentoilette einer Mall herum zu machen, nicht, dass es auch nur annähernd soweit gekommen wäre!
Er war hier, um Steve zu helfen! Er war verletzt!
Verdammt nochmal! Er war ein verfluchter Perversling!
Masturbation unter Dusche war eines, aber das hier- das ging zu weit! Viel. Zu. Weit!

Dean atmete tief durch, korrigierte und konzentrierte seinen Fokus und griff sanft aber nachdrücklich nach Steves Handgelenk.
“Lass mich sehen”, seiner Stimme war rauer, als es für die Situation angemessen war, und er räusperte sich erneut, bevor er Steves Hand wegzog und damit das Hemd.
Darunter zum Vorschein kam, wie gerade befürchtet, eine Schürfwunde auf der rechten Brust; Ihre Wundränder waren rot und wütend, die Wunde feucht und schmutzig von dem fest getrocknetem Hemd und darum herum befanden sich kleine, punktuelle Flecken.
Earl musste versucht haben, Steve am Hemdkragen zu packen und hatte Steve am Ende fest und brutal über die Brust gekratzt.
Es hätte schlimmer sein können, aber es brannte vermutlich furchtbar.

“Das müssen wir saubermachen, okay?”
Sein Mund war trocken und seine Stimme unangenehm heiser.
Gott, was trieb er hier? Er- Steve durchlitt so etwas und er-
Er war ein Arschloch.

Dean fuhr sich einmal kurz aber streng durch die Haare, ehe er sich zu seinem Erste-Hilfe-Kästchen umdrehte und es öffnete.
Als er die Sprühflasche mit Desinfektionsmittel und eine sterile Kompresse in der Hand hatte, suchte er Steves Blick.
Er hatte ihn nicht mehr angesehen sondern stur auf den Boden, seit die Wunde aufgedeckt war.
“Steve, das- das wird jetzt brennen, okay?”

Ein ruckartiges Nicken war die Antwort und Dean seufzte innerlich. Er wollte ihm nicht wehtun, aber die Wunde blutete nicht; Es wäre besser so.

Trotzdem biss er sich selbst auf die Lippen, als er ein paar kurze Sprühstöße auf das nässende Fleisch gab. Steve zog scharf die Luft ein und hielt sie an, während seine Hände sich um die Kante des Waschtisches krallten,bis das scharfe Brennen des Desinfektionsmittels durch seinen Körper und seine Nerven gedrungen war. 
Anstatt ihn zu beruhigen, entschied sich Dean, sich lieber zu beeilen und tupfte vorsichtig mit der Kompresse das hinab laufende Desinfektionsmittel von der Haut.
Die Gänsehaut war zurückgekehrt aber dieses Mal fühlte es sich kalt und nüchtern an, sie auf der hellen Haut zu sehen.

Sobald die Wundränder trocken genug waren, warf Dean die Kompresse und Flasche achtlos in das Waschbecken neben ihnen und holte eine Packung Pflaster und eine kleine Verbandsschere hervor. Er nahm kurz und grob Maß, schnitt das Pflaster zurecht und klebte es sanft auf die Wunde.

Sein Daumen strich die Klebestreifen fest, langsam, kräftig aber sanft, während er genügend Courage sammelte, um Steve anzusehen. Er wusste, dass Steve ihn beobachtete, vermutlich die ganze Zeit beobachtet hatte, während er der Realität vollkommen ausgebüchst war, um einen seiner besten Freunde in einer Notlage sexuell zu belästigen.
Way to go, Winchester.

“So, das sollte halten.” Er räusperte sich und schaffte es letztendlich doch, den Blick zu heben.
Steves Augen waren weniger dunkel, als noch vor wenigen Momenten, dafür aber nachdenklich und leicht verengt, wie immer, wenn er über etwas grübelte.
Es würde nur noch ein paar Gedankenzüge dauern, bis sein Kopf nachdenklich zur Seite kippte.
Ein Lächeln zuckte bei dem Gedanken über Deans Lippen.

Steve räusperte sich hörbar und offensichtlich unwohl, bevor er nickte.
“Danke, Dean.”
Seine Finger fuhren einen Moment ebenfalls über das Pflaster, bevor er das Gesicht verzog und die Hand wieder wegnahm.

“Wenn es nochmal antrocknet, weich es vorher mit warmen Wasser auf, okay? Sonst reißt du die Wunde wieder auf.” Steve nickte gedankenverloren, sein Hemd war über beide Schultern geschoben und hing lose in der Höhe seiner Ellbogen hinter seinem Rücken. Dean kämpfte dagegen, aber schließlich glitten seine Augen doch einmal über den starken Oberkörper vor sich, die Muskeln und scharfen Konturen und er schluckte trocken, bevor er sich räusperte.

“Hast du sonst noch-” Er musste sich nochmal räuspern, um seine Stimme in den Griff zu kriegen. “Hat- Bist-” Er stürzte die Lippen und atmete einmal tief durch, weil er nicht wusste, wie er es formulieren sollte.
Für seine Boden-Metapher hatte er gerade keinen Platz, aber er wollte Steve auch nicht unter Druck setzen, indem er ihn fragte, wo Earl ihn noch erwischt hatte. 

“Am Nacken, denke ich.” Deans Augen schnellten zu Steve, der erneut betont wegsah und einmal mit den Schultern rollte. “Ich glaube, er hat mich am Nacken gepackt.” Das Spiel aus Muskeln und Sehen ließ seinen Kehlkopf in einem hörbaren Schlucken hüpfen, bevor er Dean direkt anblickte. “Und er hat mich ins Gesicht geschlagen, aber nicht so fest, diesmal.”
Steves Stimme hatte sich von den Eiskristallen und brüchigen Tränen erholt, die sie vorher noch gefesselt hatten und klang wieder nach den tiefen, baritonen Wellen, die Dean einen Schauer über den Rücken jagten.
Seine Stimme war fest, stark, beinahe herausfordernd, als wollte er Dean zu einer Reaktion provozieren.

Seine Stirn runzelte sich, für einen Moment verwirrt und verwundert, was Steve erwartete.
Aber auf der anderen Seite - Steve zeigte Stärke, unglaubliche Stärke, sich selbst gegenüber und Dean gegenüber, weil er es sich eingestand, weil er es aussprach und wenn es nur ihm gegenüber war.
Es war ehrlich, wahr, ein Fortschritt, ein Schritt in die richtige Richtung. Aber Dean wusste, vermutlich genauso gut wie Steve, dass die meisten Leute das so nicht erkennen würde, dass die meisten nur sehen würden, dass sich jemand von Steves Statur “so etwas” einfach gefallen ließ und damit selbst daran Schuld war.
Dean war selbst an diesem Ort gewesen, selbst in dieser Position und er wusste, wie viel Kraft und Überwindung es kostete, manche Dinge laut auszusprechen, wie trotzig und kämpferisch er dabei reagiert hatte, wie angespannt seine Muskeln und Nerven gewesen waren, bereit es wenn nötig mit seinen Fäusten zu klären;
Er wusste nicht, welche Reaktion Steve von ihm befürchtete, was sich hinter dem starken und herausfordernden Ton versteckte, aber er hoffte, er würde sie ihm nicht geben.

Er wollte für ihn da sein, Steves Freund sein. Er wollte seine Zuflucht sein, nicht sein Richter und Henker.
Also nickte er lediglich und hob langsam die Hand, damit Steve seiner Bewegung folgen konnte.
Er legte sie auf seine Schulter und drehte ihn leicht, sodass er einen besseren Blick auf seinen Rücken und Nacken hätte.

Sein Rücken war muskulös und Dean ließ sich einen Moment von den Wellen der Bewegung ablenken, die ihn durchlief, als er sich umdrehte.
Er konnte nicht verhindern, dass seine Augen einmal hinab glitten, über den feinen, schmalen Nacken, zu den breiten, kräftigen Schultern, über die schmale Stelle, wo seine Wirbelsäule sich prominent erhob, hinab zu seinem Becken und seinem Hintern, eng und ansehnlich verpackt in der dunklen Anzugshose.
Dean schluckte einmal, bevor er den Kopf schüttelte und den Blick wieder nach oben lenkte.

Fuck..
Steve beobachtete ihn durch den Spiegel und Dean hätte sich am liebsten die Hand gegen die Stirn geknallt, entschied sich aber dafür, endlich nach Steves Verletzung zu sehen; Er wollte und sollte Steve endlich helfen! Und nicht- was auch immer er hier trieb.

Seine Augen legten sich wieder auf den schmalen Nacken und die starke Schulter.
Dort waren tatsächlich ein paar Kratzer.
Dean ließ seinen rauen Daumen darüber fahren, die Berührung löste ein erneutes Muskelspiel in Steves Rücken aus, dem er sich nur mühsam entziehen konnte, aber sie hatten bereits Schorf gebildet und nässten nicht.
“Ja, da sind ein paar Kratzer”, informierte er auch Steve und ließ seine Schulter los, “aber die sehen gut aus. Sie haben sich schon geschlossen.”

Steve drehte sich wieder um, seine Augen waren wieder zu den schmalen, nachdenklichen Schlitzen verengt, sein Kopf leicht zur Seite gelegt, während er Dean musterte, vielleicht sogar wartete.

Da Dean nicht wusste, auf was, drehte er sich um und griff wieder nach der Kleidung.
Es wäre besser für beide, wenn Steve etwas anderes an hätte - oder überhaupt etwas.
“Hier, du solltest dir was Wärmeres anziehen.”

Steves Augen entließen ihn aus ihrem azurblauen Bann und blickten auf die Kleidungsstücke. Dean konnte sehen, wie er einen Moment zögerte, bevor er danach griff und die Finger darüber gleiten ließ.
Seine Lippen verschwand zwischen nagenden Zähnen, ehe er wieder ruckartig nickte.
“Danke, Dean.”

Ein schiefes Lächeln huschte als Antwort über seinen Mund, während er mit den Schultern zuckte.
“Immer, Engel.”

Während Steve sich anzog packte Dean sein Desinfektionsmittel und die Pflaster wieder ein, warf die benutzte Kompresse in den Mülleimer und steckte auch Steves Hemd in seinen Rucksack.

Sie sollten- Sie sollten Steve langsam wirklich etwas warmes zu essen besorgen.


“Dean, ich bestehe darauf.”
Steve hatte die Arme streng vor der Brust verschränkt, eine Augenbraue gebieterisch nach oben gezogen und Dean hob ergeben seine Hände.
“Okay, okay! Fein, meinetwegen. Dann hol du uns was zu essen.”

Sie hatten Stunden in der Mall zugebracht. Nachdem Steve sich umgezogen hatte und sie wieder in den lebhaften Trubel der Mall zurückgekehrt waren, hatte Dean erst befürchtet, dass die fehlplatzierte Intimität der Herrentoilette es zwischen ihnen merkwürdig machen würde. Aber nachdem er Steve dazu genötigt hatte eine heiße Suppe zu essen, eine heiße Schokolade zu trinken und ihm noch einen Tee-To-Go in die Hand gedrückt hatte, war er wortwörtlich und im übertragenen Sinne wieder aufgetaut.
Steve hatte begonnen sich in dem Gewühl aus Menschen und fremden Stimmen zu entspannen, geschützt von der Anonymität unüberblickbarer Menschenmassen und von ihrem unverständlichen Brummen, Lachen und Rufen eingewickelt.

Sie hatten tatsächlich Sachen für Dean für Thanksgiving gefunden.
Ja, einiges davon hatte er vielleicht nur gekauft, weil es ihm gefallen hatte, wie Steves Blick an ihm hängen geblieben war oder wie er ihn verstohlen durch eine Spiegelung beobachtet hatte - aber nichtsdestotrotz waren einige Teile dabei, die Charlie zufrieden stellen dürften.
Jetzt waren mehrere Stunden vergangen, draußen war die Sonne bereits untergegangen und Deans Magen hatte einen lautstarken Protest verkündet.
Steve insistierte, sich um das Essen zu kümmern, das Mindeste, wie er sagte, was er tun könnte, auch wenn es Dean in jeder Faser widerstrebte.
Seine Zuneig- Freundschaft. Seine Freundschaft zu Steve war kein Tauschgeschäft, er half ihm nicht für einen Vorteil oder kostenloses Essen. Aber er verstand, wieso Steve das alles nicht ohne Protest auf sich sitzen lassen konnte. Also ergab er sich und wurde dafür mit einem der seltenen, privaten Lächeln belohnt, die manchmal auf Steves Gesicht auftauchten.
“Ich besorg uns da hinten bei der Aussichtsplattform eine Bank, okay?”

Steve, offensichtlich zufrieden damit, dass er die Diskussion gewonnen hatte, lockerte seine Arme und nickte, während er Deans Fingerzeig mit den Augen folgte.
“In Ordnung, bis gleich, Dean.”

Damit drehte er sich um und verschwand in Richtung des Burgerladens etwas weiter hinten.
Dean blickte ihm einen Augenblick lang mit einem fast verträumten Lächeln hinterher, bevor er sich fing und räusperte. Er musste endlich damit aufhören, verdammt!

Um etwas anderes, produktives zu tun, machte er sich auf den Weg zur Plattform, hielt noch kurz in einem Hobbyladen an und sicherte sich dann eine Bank.
Sie war etwas versteckt hinter weit ausladenden Palmen und einer breiten, dicken Säule, mit Blick auf den Parkplatz und Dean ließ sich mit einem langen Seufzen darauf gleiten.

Seine Füße taten weh. Aber, die Umstände hätten wie üblich besser sein können, er musste zugeben, er hatte den Tag mit Steve wirklich genossen; Sein Lachen, seine Art, wie er ihn manchmal berührt hatte, um die Kleidung, die Dean anprobiert hatte zurecht zu rücken, oder wie ihre Schultern sich streiften, wenn sie nebeneinander gingen. Wie er sich durch die dunklen Haare strich, den Kopf zur Seite legte, wenn er nachdachte, wie er den Blick abwandte, wenn Dean etwas so unsinniges sagte, dass es ihm schwer fiel, nicht laut zu lachen…

Er musste sich mehr zusammen reißen, das war ihm klar; Sein Verhalten auf der Toilette war unmöglich gewesen, auch wenn Steve sich nicht hatte anmerken lassen, dass es ihn gestört hatte.
Er schätze die Freundschaft mit Steve und er wollte sie erhalten, so lange er konnte. Möglichst ohne, dass er sich dabei selbst sabotierte, indem er Steve zu irgendetwas nötigte, wie beispielsweise lüsterne Blicke in der Herrentoilette einer Mall zu ertragen.

Während er noch über sich die Augen verdrehte, zog er aus dem Rucksatz zu seinen Füßen Steves Hemd und musterte die Stellen, an denen die Knöpfe abgerissen waren. Es waren nur drei Stück, eine Arbeit von fünf Minuten.
Das kleine Tütchen aus dem Hobbyladen klimperte mit der Nadel, dem weißen Garn und den Ersatzknöpfen, als er es neben sich auf der Bank ausleerte, das Garn in die Nadel fädelte und den ersten Knopf annähte.

Er hatte früher ständig die Kleidung von Dad, Sam oder sich selbst genäht; Da John nie wirklich gut darin war, lange eine Arbeit zu haben, hatten sie nicht oft genügend Geld gehabt um neue Kleidung zu kaufen, schon gar nicht, weil ein Knopf fehlte oder eine Naht aufgegangen war.
Also hatte er einiges an Übung und wofür sollte er sie sonst einsätzen, wenn nicht um Charlie bei LARP-Kostümen zu helfen oder für Steve Knöpfe anzunähen?


“Was machst du da?”

Dean stach sich beinah in der Finger, als er überrascht aufschreckte und hochsah.
Steve stand vor ihm, in einer Hand zwei Tüten mit ihrem Abendessen, in der anderen auf einem Papphalter zwei Becher mit buntem Aufdruck und Strohhalm, und starrte ihn geradezu fassungslos an.

Hitze und Röte kribbelte unangenehm in seinen Wangen, als wäre er bei etwas verbotenem erwischt worden, und Dean räusperte sich trocken, während er auf das Hemd sah. Die Knöpfe waren dran - und würden halten.
Trotzdem flatterte sein Magen unwohl.
“Ich uh, ich hab nur…” Er riss den Fadenrest ab und faltete das Hemd notdürftig zusammen, weil er nicht wusste, wie er den Satz beenden sollte.

“Du hast die Knöpfe angenäht?” Steve war näher gekommen, hatte die Tüten samt Papphalter neben Dean auf die Bank gestellt und zog ihm das Hemd aus den Händen.
“Uh-” Etwas an Steves Tonfall war - falsch. Es war ein merkwürdiges, unbestimmtes Gefühl, aber Deans Magen zog sich warnend zusammen.
Die dunklen, rauen Wellen aus Grabestiefe und Meeresrauschen waren nicht ihr übliches Selbst, vibrierend, einfangend und senor; Etwas anders schwang mit, aber Dean konnte seinen Finger nicht darauf legen. Er schluckte und zuckte nur hilflos mit den Schultern. “Ja, uh-”

Sein Mund klappte geräuschvoll zu, als er sah, wie sich Steves Hände zitternd in dem Stoff verkrallten.
“Steve, ist alles- uh, alles okay?” Steves pinke, feuchte Lippen kneteten sich so fest gegeneinander, dass sie weiß wurden und Dean stand langsam von der Bank auf. “Steve?”
“Wieso?!”
Das Wort platze geradezu aus ihm heraus, wie eine Flutwelle, die mit voller Wucht an einer Hafenmauer bricht und Dean taumelte fast zurück.
“Was? Was wieso? Steve, hey, Buddy, ich- ich wollte nur - helfen, okay? Wenn du-”
“Wieso tust du das?!”
Deans Mund klappte erneut zu, als die reißenden Strudel von Steves Stimme ihm die Wörter von den Lippen spülten.

Wieso tat er was?

Sein Mund öffnete sich, schloss sich, schnappte nach den Fragmenten verlorener Wörter in der Luft vor ihm, bevor er unsicher mit den Schultern zuckte.
Er verstand es nicht. Was war passiert? Was war so falsch daran, dass er die Knöpfe wieder angenäht hatte? Es ging nicht darum, dass er dachte, Steve könnte das nicht selbst, das dachte er nicht. Darum ging es nicht - oder? Er wollte nur- helfen.
“Ich- dachte nur-”

Steve hatte wieder begonnen zu zittern, der Griff seiner Hände so fest in dem unschuldigen, weißen Stoff, dass Dean sogar das Vibrieren seiner Oberarmmuskeln erkennen konnte.
Dean schluckte hart und kam einen vorsichtigen Schritt näher.
“Steve, hey, es tut mir Leid, ich wollte nicht-”

“Nein!” Steves Stimme war so voller Kraft und Bestimmtheit, dass es Dean einen Moment luftleer ließ. “Nein, Dean. Sag mir, wieso!”

Wieder öffnete sich sein Mund wortlos, wieder konnte er nur mit den Schultern zucken.
“Wieso was, Steve?”

“Wieso tust du das?!” Deans fragender, hilfloser Ausdruck schien einen letzten Faden Beherrschung in Steve zum Zerreißen gebracht zu haben; Er drückte die Handballen fester, als es Dean lieb war, gegen die Augen und tat einen tiefen Atemzug, der die letzten verstreuten Fragmente Selbstbeherrschung sammeln sollte und seinen Oberkörper zum Zittern brachte.
Dann noch ein Atemzug, noch einer, noch einer und Steve nahm die Hände wieder runter, um Dean direkt anzusehen. Seine Augen schimmerten, leuchteten fast in einem gleißenden blitzgewitterblau, voller Entschlossenheit, Verzweiflung und- Trauer.
“Stev-”

“Wieso”, er schluckte, um seine Stimme zu festigen, “Wieso hilfst du mir? Wieso tust du all die Dinge, die du tust? Hörst du mir zu, schreibst mir, kommst- kommst in meinen Laden, um-” Er brach ab und Dean konnte in dem scharfen Luftholen die Spur nahender, erstickter Tränen hören. “Wieso sagst du nie Ich hab’s dir doch gesagt?” Er schüttelte den Kopf, als gäbe es keinerlei Erklärung auf der Welt, für dieses absurde Verhalten und etwas in Deans Magen zog sich kalt zusammen. “Du hast es mir gesagt. Du hast es mir von Anfang an gesagt, Dean. Du hast gesagt, es wird schlimmer werden, du hast- Wieso-”
Steve brach ab um einen weiteren, zitternden Atemzug seinen Hals hinab zu zwängen, erstickt von Emotionen und Gedanken und schloss die Augen.

Dean konnte die zurück gekämpften Tränen in den Augenwinkeln glitzern sehen.
Die Tragweite, die Tiefe, Trauer und Bedeutung von Steves Worten sanken langsam in seinem Kopf auf den Grund.
Er machte noch einen Schritt auf Steve zu, der Impuls, seine Hand auszustrecken und sie in Steves Nacken zu legen verbrannte fast seine Muskeln, aber er hielt sich zurück.
“Wieso sollte ich?” Seine Stimme war ruhiger, leiser als der rauschende, tosende Ausbruch von Steves Flut, aber auch er konnte die Spur Verzweiflung, die er beim Anblick von Steves Schmerz, seinem Unglauben und Einsamkeit empfand, nicht heraus halten.
Er sagte ihm nicht Ich hab’s dir doch gesagt weil er so ein guter Mensch war.
Er sagte es nicht, weil es nichts brachte, weil es nicht Steves Schuld war, was er offensichtlich selbst nicht glaubte.

Als Steve den Blick hob, um ihn anzusehen, zwängte sich ein Ungläubiges, kehlig-gluckerndes Lachen seinen Hals hinauf.
“Weil du es mir gesagt hast.” Er schüttelte den Kopf, ohne die Augen von Dean zu nehmen, vollkommen fixiert und Dean erwiderte den Blick ebenso starr, ebenso stur; Er würde freiwillig in diesen Augen ertrinken, jederzeit.
“Es ist nicht deine Schuld, Steve, es-”
“Doch, das ist es.”

Seine Hand zuckte, um nach Steves zu greifen, ihre Finger miteinander zu verschränken, wie vorhin auf dem Parkplatz, Halt, Wärme, Nähe.
“Ist es nicht.”

Steve schniefte, das Hemd immer noch in seinen Fingern verkrallt und fuhr sich erst über die Augenwinkel, dann über die Haare, bevor er tief durchatmete und Dean erneut ansah, direkt, forschend, offen; Es wäre ein unangenehmer, starrender Blick, der einem das Mark in den Knochen kalt werden lassen könnte, wenn- wenn es nicht Steve wäre.
Sein Steve.
“Wieso hast du mir nie gesagt, ich soll ihn verlassen?”

Eiskristalle und heiße Glut trafen sich in seinen Adern und rauschten durch seinen Körper, durch seinen Kopf, brachten sein Herz zum Rasen, seine Hände zum Schwitzen; Er spürte das Zittern von Steves Worten in den eigenen Lungen, in dem Zuschnürren seines Halses, in der plötzlichen Schwere seiner Zunge.
Er wollte es.
Er wollte es sagen, er wollte, das Steve ihn verlassen sollte, hier, jetzt, sofort. Er sollte ihn verlassen und in seine Arme kommen, sich von Dean halten lassen, wiegen, liebkosen und küssen.
Er wollte es, um Steves Willen, um seinetwillen!
Aber das konnte er nicht, das- Das wäre nicht-
Er wollte es. Er wollte es! Er wollte es!
Er durfte sich nicht einmischen, er konnte Steve die Entscheidung nicht abnehmen.
Er sollte, durfte ihn nicht drängen, ihn nicht unter Druck setzen.
Er wollte nichts anderes, nur, dass Steve ihn verließ.
Er-
“Verlass ihn.”
Seine Stimme war so erstickt und erdrückt von den Emotionen, die mit Eis und Glut durch seine Venen stoben, dass er sie kaum selbst wieder erkannte, dass er sich einen Moment lang nicht einmal sicher war, dass Steve ihn gehört hatte.

Aber dann sah er das schwere Schlucken, das sich durch Steves Hals kämpfte, sah, wie Steves Augen nach unten rutschten, auf seine Lippen, wie er erneut schluckte und ihn wieder ansah.
“Verlass ihn.”

“Dean-”

Er bemerkte nicht einmal, wie er einen weiteren Schritt nach vorne machte, wie er Steve dadurch zurück drängte, bis er mit dem Rücken an die breite Säule stieß.
“Verlass ihn.” Seine Stimme war rau, heiser und auch seine Augen konnten sich nicht mehr gegen den verlockenden Anblick von Steves pinken, feuchten Lippen wehren. “Verlass ihn, Steve.”

Steves Zunge glitt aus seinem Mund und über seine Unterlippe. Dean wollte ihr folgen, sie jagen, über jeden Millimeter seiner Lippen bis in ihre Höhle zurück. 
“Wieso hast du mir das nicht früher gesagt?”

Wörter überschlugen sich in seinen Kopf, kämpften gegeneinander, um den ersten Platz auf der Zungenspitze, um das Privileg der besten Erklärung.
Weil es nicht in Ordnung gewesen wäre, weil er keine Entscheidung für Steve treffen konnte, weil es Steves Leben war, weil er kein Recht hatte ihn zu übervorteilen, weil er immer, egal wie lange es gedauert hätte, bis Steve diesen Entschluss fassen würde, an seiner Seite wäre, weil- weil- weil!

Aber ohne, dass ein Wort den Weg auf seine Zungenspitze fand, hob sich seine Hand. Er sollte sie auf Steves Schulter legen, ein warmer, schwerer Anker, der ihn erden würde, beruhigend und Halt gebend.
Sie fand ihren Platz in der weichen Stelle, wo Hals und Nacken ineinander übergingen; Steves Haut war wieder warm und lebendig unter seinen Fingerspitzen, er konnte die Sehnen spüren und die Muskeln, die sich darin bewegten und den rasenden Herzschlag - oder war das sein eigener?
Er streckte den Daumen aus, ließ ihn über die weiche Haut gleiten, aber - er wollte mehr, höher, weiter! - und sie wanderte nach oben, bis seine Fingerspitzen die weichen, dunklen Haare berühren konnten, bis sie sich über den Hinterkopf in das unordentliche Dickicht graben konnten und Steves Ohr passend und perfekt in der Gabelung zwischen Daumen und Zeigefinger Platz hatte.
Er strich über seine Wange, spürte, wie die harten Schwielen an der weichen Haut kratzen und Steve schloss die Augen.
Deans Atem stockte in seiner Kehle, als er dabei zusah, wie sich Steve voller Genuss gegen seine Hand schmiegte, bevor er ihn wieder ansah.
“Wieso, Dean?”

Er war ihm so nah, dass er Steves Herzschlag an seiner Brust spüren konnte, wie er mit seinem eigenen Puls um die Wette lief, schnell, rasend und atemlos. Er konnte die Wärme spüren, die von Steve ausging und seinen Atem an seinem Gesicht, seine Stimme nur ein Flüstern.

Es waren nur noch Zentimeter, die sie trennten, Ewigkeiten, Lichtjahre und dann fiel Steves Blick auf seine Lippen.

Seine Finger gruben sich in die weichen Haare. Es zog ihn nach unten, wie in einem Strudel und er ertrank in der Anziehung, bis seine Lippen auf Steves trafen.
Er hörte, spürte, wie Steves Atem einen Moment in seinem Hals gefror, spürte, wie Steves heiße, feuchte Lippen gegen seine brannten, kribbelten, wie getrocknetes Meersalz auf seiner Haut, umgeben von dem Geruch von Sommerregen und Sturmwolken, bevor Steve den Kuss erwiderte; Er seufzte wohlig gegen Steves Lippen, bewegte seine gegen sie, bevor seine Zunge vorsichtig aus ihrer Höhle lugte und über die feuchte Linie leckte, die seine Ober- und Unterlippe verband.
Er konnte spüren, wie Steve die Lippen öffnete, wie seine Zunge Deans entgegen kam, Augenblicke bevor sich seine Arme um Deans Hals schlangen, in seinen kurzen blonden Haaren vergruben und er ihn noch näher an sich zog.
Dean folgte willig, dem Kuss, der Art, wie Steve zuließ, dass er seinen Mund auskundschaftete, wie sich ihre Lippen gegeneinander bewegten, wie ihre Nase aneinander lagen, als auch dem Zerren nach mehr Nähe, dem Drang, sich noch enger an ihn zu pressen.
Sein Herz raste unter seine Brust, seine Lippen brannten, jede Stelle Haut war heiß und pulsierend, wo Steves Hände ihn berührt hatten.
Es war immer noch kein Feuerwerk, keine Elektrizität, die ihn summen ließ wie ein zu weit aufgedrehter Verstärker; Es war ein Strudel, der ihn tief ins Meer zog, hinab auf den Grund zu heißen Vulkan-Quellen und atemloser Ohnmacht, wo der einzige Sinn und Lichtblick Steves heiße, feuchte Lippen waren, die sich gegen seine pressten.
Er wollte nie wieder an die Oberfläche, nie wieder auftauchen, nie wieder aufhö-

Steves Hand schlang sich um sein Handgelenk und zog.
Seine Blase platzte und Dean meinte, es sogar klirren zu hören, als er sich widerwillig aber augenblicklich von Steve löste und tief die Luft einzog.
Er brauchte zwei tiefe Atemzüge, um das Gefühl von Steves Lippen auf seinen zu konservieren, seinen Atem so dicht und heiß auf seiner Haut, wie seine Hände an seinen kurzen Haaren gezogen hatten, bevor er die Augen öffnete und Steve direkt ansah.

Sie waren sich immer noch so nah, Körper an Körper gepresst, atemlos, wie nach einem Sprint, mit zitternden Muskeln, die die Fassungslosigkeit der Situation nicht festhalten konnten.
Dean sollte etwas sagen, musste etwas sagen, aber in dem Vakuum zwischen ihnen existierten keine Wörter, keine Stimme, nur das Rauschen ihrer Atemzüge.

Steves Augen waren blau und dunkel, wie das Meer in der Abenddämmerung, seine Lippen leicht geöffnet, sein Atem schwer.
Dean musste etwas sagen, er musste, sollt-
Steves warme Hand lag in seinem Nacken, strich über die kurzen Haare, durch kämmte sie mit den Fingerspitzen und er brummte wohlig. Dean konnte beobachten, wie ein Gedanke in Steves Kopf einen anderen jagte, einer ums andere, immer schneller und schneller, bis die oberste Welle sich auf seinem Gesicht widerspiegelte, atemlos und hungrig;
Er zog Dean fast energisch nach unten und Dean folgte bereitwillig.
Steves Kuss war gierig, sein Mund offen, sein Atem stoßweise und hohl, bis Dean seine Lippen auf Steves drückte, genauso ausgehungert und ungezügelt.
Er schob die freie Hand, die sich nicht in Steves dunkeln, seidigen Haaren vergraben hatte, um seine Taille, drückte ihn näher an sich, fester, bis er sein Bein zwischen Steves schieben konnte.
Das stoßweise Atmen wurde zu genussvollen Seufzern, verhaltenem Stöhnen, als Dean auf Steves Unterlippe biss oder Steve Deans Nacken fest packte.
Er wollte mehr, brauchte mehr, mehr von dem süßen Geschmack von Steves Zunge in seinem Mund, mehr von der Hitze seiner Lippen gegen seine, mehr ersticktes Stöhnen, das er einatmen konnte.
Sein Herzschlag hatte sich verdoppelt, verdreifacht, während seine Hand über Steves Rücken glitt, seine Seite, seine Hüfte, gierig, tastend, erkundend und Steve sich an ihm festhielt, sicher, brennend und gierig.

Die Wellen waren längst über ihnen gebrochen, die Umgebung uninteressant, unwichtig, keiner hörte mehr die leichte Musik aus den Lautsprechern, die Durchsagen über Sonderangebote oder das Auf und Ab der zahlreichen Stimmen.
Alles, was er hörte, war Steves Herzschlag unter seinen Fingern, Steves Seufzen und das Geräusch aufeinander treffender Lippen.

Er drängte sich soweit irgend möglich noch näher an Steve, Brust an Brust, Becken an Becken, sein Bein zwischen Steves und mit einem Ruck, setzte er ihn höher auf seinen Oberschenkel, stemmte sich selbst gegen die Säule, gegen die er Steve gefangen hielt.
Er war bereits halbhart von den sündigen Geräuschen, dem zitternden Atem, der plündernden Zunge und den verhaltenen Seufzern von Steve, und er ließ sein Becken ruckartig nach vorne preschen. Er konnte Steves halbharte Erektion spüren, wie sie auf seine traf und diesmal mag es wirklich ein Blitz gewesen sein, der Dean traf und ein lustvolles Stöhnen von seinen Lippen in Steves Mund gleiten ließ.

Er wollte Steve an der Hüfte packen, mehr Reibung, mehr Nähe, mehr Blitze erzeugen, ungeachtet der Umgebung, scheiß auf die Umgebung!
Mehr, einfach mehr!
Mehr Steve!
Steves Atem erstarrte hoch in seiner Kehle, fast erschrocken, aber bevor Dean ausmachen konnte, was passiert war, schob Steve ihn energisch weg.

Dean stolperte ohne Gegenwehr ein paar Schritte zurück, immer noch atemlos, brennend und hungrig, aber jetzt lagen wieder Ewigkeiten und Lichtjahre zwischen ihnen.
Sie ließen die Realität in das Vakuum fließen, bis es zerplatzte.

Er starrte Steve an, immer noch, für immer, unfähig seine Augen abzuwenden, und konnte beobachten, wie die kalte Realität aus ihrem Vakuum in sein Blut tropfte, Pipette für Pipette, bis sein Atem hektisch wurde und flach, seine Augen groß und sein Mund sich in Entsetzen öffnete.

Nein, nein, nein, nein!
“Steve-!”
Nein, er durfte das nicht ruinieren, nicht ruiniert haben! Er- Er musste-!

Steves Hand hob sich in Zeitlupe, um seinen nach wie vor in Entsetzen geöffneten Mund zu bedecken, während er Dean anstarrte, fassungslos, starr und nur noch Millimeter von Panik entfernt.

“Steve, bitte- ich.”
Dean machte einen Schritt auf ihn zu, Nähe war gut für sie, Nähe brachte ihr Vakuum zurück, ihre Intimität, aber für Steve war es ein Zeichen in Aktion zu springen.

Er schüttelte vehement den Kopf, erst hektisch, als müsste er etwas abschütteln, dann ungläubig. Sein Mund schnappte mehrfach nach Wörtern, nach Luft, nach Begründungen, bis er es aufgab;

Er riss seinen Augen von Deans Anblick los, drehte sich um und verschwand in wenigen Metern in der Menge.
“Steve!” - FUCK!

Dean machte einen Satz nach vorne in dem Impuls, ihm hinterher zu rennen, ihn aufzuhalten, festzuhalten, das brennende, heiße Gefühl seiner Meersalzküsse immer noch auf den Lippen, aber das hätte keinen Sinn.
Er konnte ihm nicht hinterherrennen; er durfte ihm nicht hinterher rennen, ihn nicht bedrängen er- er-
Er hatte es ruiniert.
Fuck.

Fuck!