Triggerwarnung: Der nachfolgende Text thematisiert Themen wie Verlust, Trauer, Depression und Suizidgedanken. Sollte ihr selbst Probleme mit diesen Themen haben oder euch psychisch labil fühlen, lest die Story bitte nicht.
Suizidgedanken sind eine häufige Folge von psychischen Erkrankungen, die mit professioneller Hilfe gelindert und geheilt werden können. Hilfsangebote findet ihr bei der Deutschen Depressionshilfe [Klick] und der Telefonseelsorge unter der 0800 - 111 0 333 (für Kinder & Jugendliche) oder der 0800 - 111 0 111. Der Anruf ist kostenlos, anonym und rund um dir Uhr möglich. Bleibt nicht allein damit, sondern wendet euch an Menschen, denen ihr vertrauen könnt. Selbst wenn es schwierig ist: Verliert nicht den Mut!
A/N: Eigentlich sollte der dritte Teil der drei Weihnachtsgeister eine Fortführung meiner bisherigen Adventskalendergeschichte darstellen, die aufgrund des fehlenden Fandomsbezugs direkt im Discord gepostet wurde. Eines Abends kam mir jedoch auf Tumblr die Fanart zutiefst traurigen Remus unter - eine Szene, die ich zu Anfang aufgreife. Um ehrlich zu sein, war ich nicht darauf gefasst, in welche Richtung sich die Geschichte weiterentwickeln würde und wie existentiell die Geschichte doch für den jungen Remus werden würde. Concrits Welcome
Der Geist der zukünftigen Weihnacht
24. Dezember 1981 – Christmas Eve
Remus fühlte sich müde und leer. Zusammengekauert, die Beine nah an seine Brust gezogen, welche er mit seinen Armen fest umschlungen hatte, lag er in einem aufgewühlten Bett. Er trug noch immer das T-Shirt, das er vor fünf Tagen angezogen hatte; es waren noch immer dieselben grob gestrickten Wollsocken und dieselbe graue, löchrige Jogginghose, die ihm ein wohliges Gefühl hatten geben sollen. Seine Haltung, in die er sich zusammengezogen, als könne er die Scherben, in die er drohte zu zerfallen durch reine Willenskraft wieder zu einem Ganzen fügen, half nur leider nicht. Mit geschlossenen Augen versuchte er sich im sicheren Dunkeln seiner selbst zu verlieren und nicht mehr zu denken – nicht mehr Bilder vor seinem inneren Auge vorbeiziehen zu lassen, die er nie gesehen hatte.
Fühlte es sich so an?
War das die Leere, von der so viele berichteten?
In den vergangenen Wochen war so viel Euphorie durch die Zaubererschaft geflossen, dass sie angesichts des hinterlassenen Chaos durch Du-weißt-schon-wer mittlerweile bei vielen wieder abgeebbt war. So viele Jahre der Angst, des Terrors, der Zerstörung – und alles war mit einem Mal vorbei. Mit einem Mal schien egal was geschehen war, oder auf welcher Seite man gestanden hatte, als gehöre es einer weit entfernten Vergangenheit an oder sei nie passiert. Arthur meinte zwar, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, ehe das Ministerium die verbliebenen Todesser gefangen und dingfest gemacht haben würde. Doch Remus glaubte nicht daran; Molly noch weniger.
Eine merkwürdige Normalität hatte wieder Einzug gehalten, die Remus zuletzt nur zu seinen Schulzeiten erlebt zu haben glaubte. Er wusste, dass er diese Zeit im Nachhinein vermutlich deutlich idealisierte, war das Leben für einen Werwolf wie er es war doch nie einfach gewesen.
Doch damals hatte er seine Freunde noch gehabt. Damals hatte James noch gelebt und hatte liebestrunken seiner angebeteten Lily nachgestellt. Damals hatte Sirius noch nicht seine besten Freunde verraten. Damals war Peter noch nicht durch Sirius gejagt und mitsamt weiterer zwölf Muggel in die Luft gesprengt worden, bis einzig noch ein Finger von ihm hatte gefunden werden können.
Eine Träne lief Remus Wange hinunter und glitt in den Stoff des Kissens unter seinem Kopf, während er einen harten Stich an der Stelle spürte, die sich noch wie ein großes Loch anfühlte.
*§*
Es klopfte leise an der Tür und Remus schlug seine Augen auf. Er fühlte sich nicht weniger müde und dennoch wach genug, um nicht schlafen zu können. Noch ehe er die Tür in seinen Blick fassen konnte, fiel er auf den Tagespropheten, der neben ihm lag. Auf der Titelseite prangte das Bild von Sirius, gekleidet in der Gefangenenuniform Askaban mit einem Schild in seiner Hand, wie es so viele Gefangene bekamen, wenn man begann, sie auf eine Nummer zu reduzieren, in der Hoffnung, ihnen ihre Persönlichkeit und Individualität zu entreißen als hätten sie ihr Recht auf diese auf immer verwirkt. Die Zeitung war schon einige Woche alt und war mittlerweile zerknittert. Hier und da gab es einige Eselsohren. Doch Sirius schrie ihn noch immer aus dem Bild heraus an. Seine langen Haare, auf die er so stolz war, hatte sie ihm abgeschoren. Aus seinen Augen sprangen ihm immer wieder aufs Neue Angst und Panik entgegen… und Hass. Eine merkwürdige Mischung, die vermutlich nur jene identifizieren konnten, die Sirius wirklich gekannt hatten. Nur war Remus offenbar der Letzte, der noch übrig war und zweifelte selbst daran, ob er sich nicht vielleicht geirrt hatte.
Die Tür seines Zimmers öffnete sich und Remus griff rasch zu der Zeitung und steckte sie schnell, aber keinesfalls rücksichtsvoll unter sein Kissen. Herein kam Molly – wieder mit einem kleinen Tablett, dass sie neben Remus aufs Bett stellte. Dann setzte sie sich an seine Seite. In der Zwischenzeit hatte er wieder seine Augen geschlossen. Warum er das Spiel immer wieder abzog, war ihm selbst unklar. Er war kein Kind mehr – vor allem war er nicht Mollys oder Arthurs Sohn.
„Heiße Schokolade?“ fragte sie mit warmer Stimme. Sie wusste, dass er wach war.
„Oder willst du etwas essen?“ schlug sie vor. Remus roch die Sandwiches, noch ehe er die Augen öffnete.
Nur reagierte er nicht.
Er reagierte nie und so vernahm er wieder ein leichtes Seufzen und spürte, wie Molly die Decke, die hinab gerutscht war, wieder über seine Schultern zog.
„MUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUM“, schrie es aus dem Treppenhaus heraus zu ihnen hinauf und ließ Molly aufschrecken, ehe sie leise seufzte. Sechs Jungen waren nicht einfach.
Remus war wieder allein und ließ sich sanft von der Dunkelheit seines Zimmers umfangen. Der Kakao und die Sandwiches standen noch unberührt auf dem Tablett neben ihm. Der Geruch, der ihm die Nase stieg, sorgte dafür, dass ihm übel wurde, sodass er sich nur noch umdrehte und die Decke ein Stück weiter über seine Schultern zog. Nur wenig später war er endlich wieder eingeschlafen.
*§*
Am Morgen des 25. Dezembers war Molly bereits sehr früh im Fuchsbau zugange. Acht Männer im Alter zwischen einem und 40 Jahren mussten erst einmal verköstigt werden und den Luxus eines Hauselfen vermochten sie sich noch nicht zu leisten. Es war noch einmal acht Uhr als die ersten Füße die Treppe herunter tapsten und mit einem aufgeregten „Guten Morgen“ Richtung Wohnzimmer tappsten. Ein aufgeregtes und ehrfurchtsvolles „Ohhh“ erschall und wenig später stand der neunjährige Charly bereits bei Molly in der Küche. Diese war bereits von vielen unterschiedlichen weihnachtlich Gerüchen erfüllt, die der Kleine zu erhaschen versuchte. Weihnachten war immer etwas ganz besonderes und Molly genoss die Zeit, in der sie ihre Familie noch gemeinsam beisammenhalten konnte, ehe in ein paar Jahren ihr erster Sprössling nach Hogwarts gehen würde. Es war eine eigenartige, neue Normalität nach dem Sturz von Du-weißt-schon-wer. Doch nun fühlte es sich nicht mehr wie ein Wunschtraum an.
„Sind deine Brüder auch schon wach?“ fragte Molly ihren Sohn, während sie Teig in einer Pastetenform ausbreitete.
„Ja, sind sie. Bill liest schon wieder und Papa ist bei Fred und George. Darf ich mir ein Geschenk aussuchen? Bitte!!“
Ein aufgeregtes Funkeln sprang Molly aus den Augen des Kindes entgegen. Eine milde und doch amüsierte Strenge legte sich auf ihre Züge.
„Nach dem Frühstück. Würdest du bitte bei Onkel Remus klopfen und fragen, ob er beim Frühstück dabei sein will? Sag ihm, dass wir uns freuen würden, wenn er dabei wäre“.
Charly nickte eifrig und düste die Treppe hinauf. Bald darauf rief Charly jedoch bereits nach ihr, kam zur ihr zurückgelaufen: „Mum, Onkel Remus ist weg!“
*§*
Remus hatte lief einen engen, verschneiten Pfad am Rande eines Waldes entlang. Die Hände hatte er in die tiefen Taschen seines Mantels gesteckt, den er vor Beginn seines Undercover-Einsatzes vor vielen Jahren mal von einem Ordensmitglied geschenkt bekommen hatte. Hätte ihn ein Muggel gesehen, wäre er vielleicht eher als Relikt einer anderen Zeit durchgegangen. Andererseits hatte es ihm noch nie getaugt, über Oberflächlichkeiten wie diese nachzudenken. Der Pfad führte zu dem kleinen Muggeldorf Ottery St. Catchpole. Zu Anfang war er mit Arthur jeden Tag hier entlanggelaufen, bis ihm die Energie ausgegangen war. Bis es ihm Tag für Tag schwerer gefallen war, überhaupt noch aufzustehen.
Heute hatte ihn jedoch eine eigenartige Klarheit ergriffen. Der Gedanke war ihm nicht gerade neu, stellte er sich doch schon seit einiger Zeit vor, wie es sein würde. Ob das Wasser kalt war (ja, war es). Oder ob wie tief der Fluss war (tief genug). Ob man ihn schnell genug finden würden (nein, das hoffte er nicht). Ob er auf Passanten aufpassen musste (deshalb hatte er sich für heute entschieden).
Remus verließ den Pfad und stapfte in den Wald hinein runter zum Fluss. Sein Weg führte ihn nicht mehr näher zu dem Dorf, sondern vielmehr weg von diesem zu Gefilden, die vermutlich so schnell von anderen aufgesucht werden würden. Lange hatte er nicht mehr so zielstrebig und derart kalkulierend ein Ziel verfolgt, wie er es diesmal tat. Der kalte Winterwind schien seine Gedanken zu klären; das Geräusch des knackenden Schnees verbunden mit dem starren Herbstlaub unter seinen Füßen beruhigte seine Sinne. Er fühlte eine besinnlich, ja sogar erlösende Stille in sich und bedachte er, was er vorhatte, schien die aufgehende Wintersonne, die sich hier und da im Schnee reflektierte ein merkwürdig unpassendes Zeichen zu sein. Eigenartiger Weise fiel ihm nun so viel mehr auf als seien seine Sinne doch gerade wieder zum Leben erweckt worden. Hier, wo er so weit weg von all dem anderen sein konnte, wirkte die Welt wieder ein klein wenig ganzer.
Dennoch ging er weiter, denn ihm ein Grund, was er stattdessen tun sollte, fiel ihm ebenso wenig ein. Irgendwann würden Molly oder Arthur merken, dass er gegangen war. Er hatte sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, eine Nachricht zu verfassen. Vielleicht auch, weil der damit gerechnet hatte, dass einer der Jungen ihn finden würde. Doch wenn er ehrlich zu sich selbst war, war das nicht der Grund gewesen. Er hatte eine plötzliche Klarheit erfahren und der folgte er, weil er sie doch befreiend war – ihn befreien würde.
*§*
Vor sich sah Remus nunmehr Fluss, der nach dem kleinen Ort zu einem großen Fluss mit der ein oder anderen Stromschnell herauswuchs. Eine Brücke spannte sich unweit von seinem Standpunkt über den Fluss und dank des Weihnachtsfestes, war keiner zu sein. Der junge Mann lief an der Uferböschung entlang zu der Brücke. Mit einer aufkeimenden Nervosität blickte Remus sich um. Von Zeit zu Zeit kamen hier auch Muggel in ihren fahrenden Kisten vorbei. Jetzt hörte er jedoch keine nahenden Metallgeräusche. Mit einem Satz kletterte er auf das Geländer der Brücke und hielt sich an einem der Stahlseile fest. Jetzt erst merkte er, wie stark der Wind tatsächlich zu sein schien. Tatsächlich hatte er große Mühe einen festen Stand zu finden, während darüber hinaus der Fluss unter ihm in einem wilden, tosenden Rauschen an ihm vorbeizog.
Remus verlor sich im Anblick des Wassers unter ihm. Hier und da meinte er sogar ein leises Flüstern zu hören. Einen Lockruf, der ihn bestärken sollte. Und doch wirkte es auf seine eigene Art und Weise befreiend und hypnotisierend zugleich. “Remus, nicht!“, drängte eine helle, intelligente Frauenstimme aus den reißenden Untiefen an sein Ohr. Fasziniert beobachtete er das Spiel aus eisblauen, grauen und hellgrünen Farben unter sich und dennoch hielt er überrascht inne. Die Stimme kam ihm bekannt vor – so bekannt, dass es ihm Tränen in die Augen trieb. „Moons“, vernahm er die Stimme seines besten, toten Freundes. Der Schock traf ihn tief. Er musste sich irren. Das konnte nicht James sein. James war tot. Lily war tot.. Peter war… „Remus, mein Schatz. Tu es nicht. Geh zurück zu ihnen. Es ist zu früh – viel zu früh! Du wirst noch gebraucht!“
Die Stimme seiner erst kürzlich verstorbenen Mutter säuselte um sein Ohr. Ein leichter Schneefall hatte eingesetzt und benetzte nunmehr sachte seine Haut. Hier und da landeten die kleinen Flocken auf seinem Ärmel und zersetzten sich sofort zu kleinen Wassertropfen. Das Flüstern der drei Stimmen erschwoll zu einem vielstimmigen Chor in seinem Kopf, bis ihn eine reale Stimme herausriss.
*§*
„REMUS!“
Ein Blick verriet ihn, dass Arthur ihn gefunden hatte. Blankes Entsetzen spiegelt sich auf seinem Gesicht wider, als er in sicherer Entfernung stehen blieb. Offenbar wollte er Remus nicht auch noch zu einer Kurzschlussreaktion verleiten.
„Arthur“, erwiderte Remus und ließ den Blick über die Flussebene vor sich gleiten.
„Remus, tu mir den Gefallen. Kommst du… Kommst du bitte herunter“.
Es wunderte Remus nicht, dass Arthur allein gekommen war. Vielleicht hatte er sogar ziemlich genau gewusst, wo suchen musste. Er zögerte noch.
„Remus, ich… was soll ich den Kindern sagen? Charly wollte dich holen“.
Der kleine Charly – aufgeweckter Junge. Er hatte ihn so sehr an James erinnert. Aufgeweckt war er; absolut fasziniert von Quidditch.
„Du bist nicht allein Remus. Nicht heute und auch sonst nicht, wenn du das nicht willst. Es ist hart – für dich besonders. Aber es…“
„Es geht weiter, meinst du?“ erwiderte Remus zweifelnd. Er hatte eine Ahnung wie das Leben eines Werwolfes aussehen würde. Nicht zuletzt des Ministeriums hatte dafür gesorgt, dass Werwölfe mehr und mehr an den Rand der Gesellschaft gedrängt wurden.
„Ja… irgendwie. Aber das hier… James hätte das nicht gewollt. Lily und Peter…“
„Lily und Peter auch nicht“, ergänzte Remus und macht nun doch Anstalten, von dem Geländer zu klettern. Arthur überwand die letzten Meter, half ihm herunter und ehe es beide recht verstanden, umarmten sie einander, um sich Halt zu geben.
*§*
Als Arthur und Remus wieder am Fuchsbau ankamen, hatte Molly bereits das Mittagessen angerichtet. Beide wirkten noch mitgenommen von Geschehnissen an der Brücke, doch Remus hatte Arthur das versprechen abgenommen, dass die Ereignisse unter ihnen bleiben würden. Dennoch empfing Molly Remus mit einer mütterlichen Umarmung, die ihm zeigte, wie froh sie offenbar war, dass er unversehrt zurückgekehrt war. Den vielsagenden Blickwechsel zwischen ihr und Arthur übersah er jedoch.
„Wo warst du denn, Onkel Remus?“ fragte ihn der Charly aufgeregt, der aufgeregt auf seinem Stuhl herumturnte.
„Ich“, er sah zu Arthur, „war am Fluss spazieren“, erwiderte er nur, ehe er sich zum ersten Mal seit vielen Wochen wieder an den Tisch der Weasleys setzte. Offenbar reichte die Erklärung für Charly aus, denn nur kurz darauf rang er seinem Onkel das Versprechen ab, mit ihm und seinem Spielzeug-Hogwarts-Express zu spielen.
*§*
Der Weihnachtsnachmittag verlief noch recht harmonisch. Die Jungen hatten es sich zur Aufgabe gemacht, ihren Onkel beschäftigt zu halten. Während im Radio die größten Hits von Celestin Warbeck dudelten und Arthur bei jedem weiteren Hit besonders leidend wirkt, summte Molly die Melodie ihres Lieblingshits ‘Ein Kessel von heißer, starker Liebe‘ mit. Von Zeit zu Zeit drohte auch der Gnom (die Weasleys verkleidete jedes Jahr einen Gnom als Weihnachtsengel, der ihren Christbaum zierte) aus seiner Starre wieder zu erwachen, doch meist war einer von Ihnen schnell genug, um den Zauber aufrecht zu erhalten.
Der Abend war schon weit vorangeschritten, als die Jungs, einer nach dem anderen, ins Bett geschickt worden waren. Remus und Arthur saßen noch schweigend im Wohnzimmer, beide mit einem Eierpunch in der Hand und hingen ihren eigenen Gedanken nach.
„Ein ehemaliger Kollege sucht noch jemanden, der ihm beim Binden alter Bücher behilflich sein könnte. Wäre das was für dich?“ fragte er schließlich ziemlich unvermittelt, während sich Molly wieder zu ihnen gesellte. Sie ließ sich in einen großen Ohrensessel fallen und wirklich sehr erledigt.
„Rodrick, meinst du?“ fragte sie neugierig nach und blickte den ebenso zu Remus, der sich noch nicht geäußert hatte.
Ein wildes Toben herrschte unter seiner Oberfläche und ließ den Tag in all seinen grotesken Ausformungen Revue passieren. Schließlich nickte er.
„Danke, Arthur“.
Es war kalt. Und dunkel. Wenn man einmal von dem sternenklaren Himmel dieser verfluchten Stadt absah. Und dem Vollmond, der sich in eben jenem Wasser spiegelte, welches die Stadt vom Rest der Welt abgrenzte. Die Brücke war zerstört. Es gab keine Möglichkeit, von hier weg zu kommen. Oder hier her zu gelangen. Je nach dem. Allerdings … Wer kam schon freiwillig nach Gotham City? Der Rest der Welt würde dieses Drecksloch ganz sicher nicht vermissen, wenn es einfach vom Erdboden verschluckt werden würde. Und dennoch … Sie war hier. Lebte in dieser von Verbrecherbanden regierten Großstadt.
„Hmm?“ Ihr Blick hob sich von dem Feuer, welches einigen Obdachlosen ein wenig Wärme in der kalten Vorweihnachtszeit spendete und ein Junge, etwa in ihrem Alter wiederholte seine Frage erneut. Ob sie von hier wegwollte? „Was würde das für einen Unterschied machen?“, lautete die Antwort in Form einer Gegenfrage. Ein ratloses Schulterzucken folgte und er rieb beide Handflächen fest aneinander, um sie zu wärmen. Selina hüllte sich indessen ein wenig mehr in ihre Jacke und starrte ins Feuer. Es würde definitv keinen Unterschied machen. Ihr Leben war so oder so verkorkst. Da spielte es absolut keine Rolle, wo sie sich aufhielt. Also konnte sie auch genauso gut in Gotham bleiben. Hier kannte sie sich aus, wusste, an wen sie sich halten musste und wo sie herbekommen konnte, was sie zum Leben brauchte. Da wäre sie ja schön blöd, all dies aufzugeben und in einer fremden Stadt neu anzufangen. Und dann war da ja auch noch Bruce …
Verdammt! Warum kam der Idiot ihr jetzt in den Sinn, nachdem sie es endlich geschafft hatte, ihn aus ihren Gedanken zu verbannen? Wegen ihm blieb sie hier bestimmt nicht. Ausgerechnet ER hielt sie hier nicht!
Innerlich aufgebracht erhob sich Selina von ihrem Platz. „Bin gleich wieder da“. Dann ging sie ein paar Schritte durch den Park. Vielleicht wäre sie auch nicht gleich wieder da. Wahrscheinlich würde sie jetzt nachhause gehen. In ihr eigenes kleines Domizil mitten in der Stadt. Und während sie ging, wanderte ihr Blick zu dem sternenklaren Nachthimmel hinauf. Ein Stern funkelte heller als der andere. Sie alle strahlten regelrecht um die Wette. Ab und zu glitten dunkle Wolken an ihnen vorbei, ließen sie kurz verschwinden und wieder auftauchen. Im Prinzip genau, wie sie selbst auch. Selina tauchte auf einfach so aus dem Dunkel auf. Allerdings mit dem kleinen Unterschied, dass man sie dann nicht zuvor schon gesehen hatte.
Doch nicht nur sie hatte diese Gabe. Selina sah sich um. Hatte sie dort hinter einem der Bäume einen Schatten vorbei huschen sehen? Aber da war nichts. Sie zuckte mit den Schultern und ging weiter, unter den Bäumen hindurch, bis ihr scharfer Hörsinn ortete, dass etwas irgendwo hinunter fiel. Nein. Nicht irgendwo. Direkt über ihr aus einem der Bäume. Und sie reagierte schnell. Hüpfte gerade noch zur Seite, um auszuweichen.
Mit einem dumpfen Aufprall landete ein Stern direkt vor ihren Füßen. Es war selbstverständlich keiner der Sterne, die dort oben am Himmel vor sich hin leuchteten. Es war ein etwa handflächengroßer, weißer Plastikstern. Und auch er leuchtete. Selina ging in die Hocke, um sich den Gegenstand genauer zu betrachten. Er besaß – wie wohl so ziemlich alle Sternnachbildungen hier auf der Erde – 5 Zacken. Und bei genauerer Betrachtung ein Batteriefach. Logisch. Wie würde er sonst leuchten können? Doch die größte Aufmerksamkeit schenkte Selina dem Zacken, der in diesem Moment nach rechts zu eben jenem Baum zeigte, aus dem er gefallen war. Mit schwarzem Stift stand dort ihr Name geschrieben. Mit zusammengezogenen Augenbrauen strich sie mit dem Finger über die feinen, schwarzen Buchstaben: Cat!
Bis es abermals über ihr in der Baumkrone raschelte und ein Schatten im nächsten Baum verschwand. Also hatte sie sich das doch nicht eingebildet. „Hey“, rief sie in die Dunkelheit hinein. Doch logischerweise ohne Erfolg. Keine Reaktion. Nur ein Baumrascheln hier und da und etwas Leuchtendes – weitere Sterne? – was immer mal wieder zu Boden fiel.
Ihre Neugier war geweckt und so jagte Selina mitten in der Nacht einem unbekannten Schatten hinterher, den sie wohl ohnehin nicht einholen konnte. Aber verdammt nochmal! Das war es wert. Jemand meinte ja wohl ganz offensichtlich sie! Also lief sie hinterher, so schnell sie konnte, sammelte alle Sterne ein, allesamt mit den gleichen drei Buchstaben beschriftet. Es waren insgesamt vier an der Zahl. Viel mehr wären ihr auch kaum zu tragen möglich gewesen. Die einzigen Taschen, die sie bei sich hatte, waren die beiden Jackentaschen und diese waren durchlöchert. Doch trotz allem würde sie darauf achten, nicht in eine Falle zu tappen.
Doch es war eine Falle!
Am Ende des Parks angekommen, hielt ein schwarzes Auto an und schnitt ihr den Weg ab. Ein Bentley, wie das Logo auf der Motorhaube verriet. Ein Bentley, den sie bereits sehr gut kannte. Selina konnte erkennen, wie der dunkel gekleidete Fahrer aus dem Wagen stieg und geradewegs auf sie zukam. Ja sie sogar am Arm packte. Offenbar rechnete er damit, dass sie gleich abhauen würde. Womit er auch gar nicht so falsch gelegen hatte, denn genau das hatte sie vor. „Guten Abend Miss“, erkannte sie die Stimme und konnte sich einen ergebenen Seufzer nicht verkneifen. „Ich muss Sie bitten, mich zu begleiten“. Also wurde sie zur Beifahrertür geführt, stieg ein und ließ es geschehen, dass die Tür sich wieder hinter ihr schloss. Selina versuchte gar nicht erst, sie wieder zu öffnen, während der Fahrer damit beschäftigt war, um den Wagen herum zu gehen und selbst einzusteigen. Stattdessen verschränkte sie trotzig beide Arme vor ihrer Brust, während sie sich über sich selbst ärgerte. Die Sterne leuchteten immer noch fröhlich vor sich hin. Sie hatten auf ihrem Schoss ihren notdürftigen Platz gefunden.
Die Fahrt erschien ungewöhnlich lang. Was aber wohl eher daran hing, dass unangenehme Dinge sich ziehen konnten, wie ein durchgekauter Kaugummi. Selina kannte ihr Ziel sehr genau. Und sonst hatte sie selbst zu Fuß nicht so lange gebraucht.
Doch endlich waren sie da. Fuhren durch das geöffnete, schmiedeeiserne Tor, in dessen Mitte ein schwungvolles „W“ prangte. Den Kopf gegen die Fensterscheibe gelehnt, verdrehte Selina die Augen in Richtung der perfekt weißen Decke des Bentleys. Warum hatte sie sich darauf nur eingelassen? Warum hatte sie sich von diesen verfluchten Sternen anlocken lassen? Warum …?
„Wir sind da“, erklärte Alfred unnötigerweise und hielt den Wagen direkt vor der breiten Treppe an. Stieg aus und öffnete ihr förmlich die Tür, damit sie aussteigen konnte. Und zum wiederholten Male fragte sich Cat, womit sie eine solche Behandlung verdient hatte. Sie stieg aus, die Sterne in Händen haltend und blickte an der Treppe empor. „Schön, dass Du es einrichten konntest“, grinste Bruce und kam zu ihr herunter. Und während Alfred den Bentley zu den wohl zig anderen schicken Wagen in die Waynesche Garage fuhr, stand Bruce da im piekfeinen Anzug, während sie selbst in zerschlissenen Jeans und durchlöcherter Jacke glänzte. Sein Blick fiel auf die Sterne in ihren Händen. „Du hast sie gefunden“.
„Was für ein Wunder“. In ihr tobte ein Kampf, während dem sie sich kaum in der Lage fühlte, zu entscheiden, ob sie bleiben oder lieber wieder abhauen sollte. Doch Bruce nahm ihr diese Entscheidung vorerst ab und griff sanft ihren Oberarm. Den sie ihm allerdings sogleich wieder entriss. „Lass das“. Sie würde es durchaus schaffen, diese Stufen auch ohne seine Hilfe zu bewältigen. Das sollte er eigentlich wissen. Und schon tat sie Selbiges, während sie Bruce hinter sich Seufzen hörte.
Oben angekommen, wurde ihr dann auch schon die Tür geöffnet. Von Alfred. Und Selina wunderte sich ein weiteres Mal, wie er und Bruce es immer schafften, in diesem übermäßig großen Bau immer so schnell von A nach B zu kommen. Umso genauer sah sie sich auf dem Weg zum Esszimmer um, in welches sie geführt wurde. Von dieser Warte aus kannte sie das gar nicht, hatte sie doch bisher immer den Weg durch ein geöffnetes Fenster gesucht.
Und dann stand sie in der Küche. Vor einem reich gedeckten Tisch, an jedem Kopfende ein Stuhl. An einem davon ein hübsch verpackter Karton stehend. „Das ist Dein Platz“, erklärte Bruce. „Setz Dich doch schon mal. Ich bin gleich wieder da.
Selina sah ihrem Gastgeber hinterher und widmete sich dann dem Geschenk. Tatsächlich … Das war ganz offensichtlich ihr Platz. Ihr Name stand immerhin groß genug auf der Karte, welche an der Schleife des Geschenkbandes befestigt war.
Und als Bruce nur wenige Minuten später wieder zurückkam, Alfred mit einem Tablet im Schlepptau, war Selina verschwunden. Einzig einen Zettel hatte sie auf ihrem Platz zurückgelassen: „Ich brauche keine Almosen“. Daneben drei der leuchtenden Sterne. Den Zettel in der Hand fiel Bruces Blick auf das geöffnete Fenster, während er Alfreds Stimme hinter sich vernahm: „Nun, ich habe Ihnen ja gleich gesagt, dass es die Arbeit nicht lohnt, Master Bruce“.
ℳatar. Jeder in New Eden kennt diesen Planeten als unsere Heimat; den Minmatar. Sie behaupten, dass wir ein Kriegerisches Volk seien. Dabei vergessen unsere Feinde, dass es einen Unterschied macht, ob man für seine Heimat und damit mit Stolz und Tapferkeit kämpft oder ob man einfach nur so aus Spaß kämpft. Seit ich klein bin höre ich immer wieder die alten Geschichten - die Märchen - von früher: Von der Erde und wie sie mal war. Heute aber, 25 Jahre Später, wir schreiben das Jahr YC121, denke ich kaum noch an diese Märchen. Aber sie sind dennoch immer wieder präsent. So auch heute.
Ich war mit meiner Reaper (der ich den Namen "Utopia" gegeben hatte) auf dem Weg nach Jita; einem System weit im Raum der Caldari. Ich muss an dieser Stelle anmerken dass ich persönlich nichts gegen die Caldari habe, aber einige aus meinem Volk schon. Ich selber komme mit ihnen recht gut klar. Nicht zuletzt weil ein Teil meiner Verwandten den Caldari angehört. Draconia Tijandor zum Beispiel ist die Tochter der Schwester meiner Mutter, demnach ist sie meine Cousine. Aber so recht steige ich da auch nicht durch. Ich heiße übrigens Yua-Cascada Tijandor und bin - wie ihr vielleicht schon erahnt - eine Minmatar. Ich bin eine Capsuleer-Pilotin, was man durchaus als meinen Beruf ansehen könnte. Wir Capsuleer-Piloten sind jedoch keine normalen Menschen, wir sind viel mehr als das, wir sind Klone unserer selbst. Wann immer ein Klon von uns getötet wird, wird unser Bewusstsein in einen neuen Klon-Körper geladen und wir wachen auf als sei nichts gewesen. Da ich noch nicht lange eine Pilotin bin habe ich diese Erfahrung noch nicht machen dürfen und ich bin ehrlich, ich kann darauf auch gut verzichten.
Da wir derzeit in New Eden das Yoiul-Fest feiern, möchte ich euch gerne eine kleine Geschichte erzählen. Eines der Märchen, die meine Oma mir immer zu dieser Zeit erzählt hatte. Aber alles hübsch der Reihe nach!
Aura - mein Bordcomputer und gleichzeitig auch meine Co-Pilotin - schien die ganze Zeit über geschlafen zu haben. Sie erwachte aus ihrer Trance und sprach wieder mit mir. "Docking Vorgang eingeleitet", sagte sie im gewohnt trockenen Tonfall. Ich musste lächeln und schloss in meiner Capsel sie Augen. Mein Atem wurde wieder ruhiger, als ich das vertraute ziehen des Traktrorstrahls der Station an meinem Schiff spürte. Es mag für Außenstehende seltsam klingen, aber meine Utopia und ich sind eine Einheit. Ich steuere das Schiff mit meinen Gedanken und meinen Bewegungen. Man kann behaupten dass ICH das Schiff BIN! Und nicht umgekehrt. Als ich die Augen wieder aufmachte sah ich in die blauen Augen meiner Co-Pilotin. Aura lächelte sanft - wenn man das so nennen wollte. "Willkommen in Ytiri, Captain", sagte sie. "Danke, meine Liebe", murmelte ich und reckte mich. "Was steht hier für uns an?", fragte ich Aurora. Sie schloss kurz die Augen und blickte mich dann wieder ernst an. "Das Paket abgeben und wieder verschwinden", meinte sie nur. Ich hob eine Augenbraue. "Realy?", machte ich und lachte.
Das war alles? Wow! Ich hatte ja mit allem gerechnet aber nicht mit sowas. Ein Botengang. Wie spannend. Nicht! Aber egal. Auftrag, war Auftrag. Und daran lies sich nichts ändern. Ich erhob mich aus meinem Sessel. Ich spürte, das vertraute zucken, das durch meinen Körper ging, wenn die Kabel sich zurück zogen. Mit einem leisen KLICK verschwanden sie in der Rückenlehne meines Sessels. Ich selber erhob mich und griff nach meiner Jacke. Ich zog sie über und verlies meine Capsel, um mich ins zu Hangar zu begeben um das Paket zu holen.
Das allerdings stellte sich als schwieriger heraus, als ich dachte. Aura hatte eine seltsame Auffassung von Paket. Das hier war ein Schrank, von einem Paket! "Aura!", rief ich meine Assistentin herbei. Sie projizierte sich als Hologramm an meine Seite. "Ja, Captain?" Ich sah sie verärgert an. "DAS nennst du ein Paket?", wollte ich wissen und konnte den Ärger nicht aus meiner Stimme verbannen. Aura zuckte die Schultern. "Ja, Captain", sagte sie gewohnt ruhig, was mich noch wütender machte. Ich stemmte die Hände in die Hüften. "Und wie deiner Meinung nach soll ich dieses Monster hier raus bekommen?" Vielleicht war ich etwas zu schroff mit Aura, aber sie kannte mich ja nun schon etwas. Wir hatten gemeinsam die Ausbildung durchlebt und sie war eigentlich immer für mich da, wenn ich meine Flugstunden hatte. Aura jedenfalls zeigte sich unbeeindruckt. Ihre Augen ruhten auf mir, als hätte ich nicht grade einen Gefühlsausbruch gehabt. "Soll ich Ihnen einen Schlitten bringen lassen?", fragte Aura. Was war denn das jetzt wieder? Wollte sie mich weiterhin verärgern? Ich beschloss nicht weiter nach zu fragen. Das brachte bei Aura eher wenig. Ich wusste, dass ich gegen meine Co-Pilotin eher den Kürzeren ziehen würde. Daher schwieg ich und nickte nur einfach. Aura flackerte und verschwand. An ihrer Stelle materealisierte sich eine Art Transportschlitten. Er war aus Metall und glänzte silbern im Licht des Hangar. Beim genaueren Hinsehen, konnte ich erkennen, dass das Gefährt über dem Boden schwebte. Na, das war ja mal praktisch! Den Transportschlitten schob ich zu dem Paket und lud es auf. "Aura? Wo soll der Schrank eigentlich hin?", fragte ich. Aura antwortete nicht sofort, dann aber sprach sie wieder. "Sektor 3G, Ebene Rot", sagte sie. Ein Seufzen entglitt meinen Lippen. Großartig! Ebene Rot. Als wäre der Tag nicht schon schlimm genug mit so einem Monster von Ladung. Ich zuckte die Schultern und verlies mit meiner Fracht mein Schiff.
Auf der Station angekommen, fand ich recht schnell meinen Zielort und konnte endlich das Paket abgeben. Meinen Transportschlitten schickte ich zur Utopia zurück, während ich mich in eine der Bars begab. Auf Ebene Grün in Sektor 2A fand ich dann eine kleine Bar, wo ich auch minmatar' Bier bekam. Sicher, als Klon musste man selten etwas essen oder trinken, aber dennoch war es etwas, was mich immer noch menschlich sein lies. Ich konnte und wollte diese Gewohnheit nicht ablegen. In der Bar traf ich meine Cousine; Draconia. Sie saß an einem der Tische und hielt ein Gals in der Hand in dem offenbar etwas war, das nach caldari' Ale aussah. Ich werde nie verstehen, wie sie das herunter bekommt. Mir war das Zeug viel zu bitter. Aber ich war mir sicher, dass die das minmartar Bier sicher viel zu süß fand. So war das eben, wenn man verschiedene Vorlieben hatte. Lächelnd trat ich zu ihr.
"Captain Tijandor", grüßte ich sie. Meine schwarzhaarige Cousine sah auf. "Captain Tijandor", grinste sie mich an. Es mochte für andere komisch aussehen, dass sich zwei Captain mit dem gleichen Namen ansprachen. Aber für uns war das normal. Wir waren nun mal eine Familie und daran konnte man nichts ändern. "Was machst du in Jita?", fragte Draconia. Sie hob eine Augenbraue, als sie das sagte. "Botengänge", murmelte sich gelangweilt, während ich mit dem Finger den Rand meines Bierglases nachzeichnete. "Ja, das sind Aufgaben eines Rookies, schmunzelte Conia. Sie grinste noch immer. "hast du schon was vor, wo das Yoiul-Fest vor der Tür steht?" Ich nickte langsam. "Ja, ich wollte zu Mom und Dad nach Matar", gab ich zur Antwort. "Wird Oma Enelka auch da sein?" Ich zuckte mit den Schultern, das weiß ich nicht", gab ich ehrlich zu. "Aber ich hoffe es, ich hoffe, dass sie wieder die Geschichte von dem Murmeltier und der Seife erzählt." Draconia musste lachen. "Kannst du die nicht schon langsam auswendig?", fragte sie. "Schon, aber ich höre sie unheimlich gerne von Omi." Das stimmte, Oma Enelka konnte die Geschichte einfach nur toll erzählen, ohne das sie einem langweilig wurde.
Die Geschichte von dem Murmeltier und der Seife war eigentlich gar keine richtige Geschichte, mehr eine kurze Fabel, die man sich auf der Erde erzählte. Dennoch liebten wir diese Geschichte. Seit ich zurück denken kann, hat meine Oma mir die Geschichte jedes Jahr zum Yoiul-Fest erzählt. Vielleicht ja auch dieses Jahr.
Beginnen tut die Geschichte immer am Vorabend vom Yoiul-Abend. Die Kinder schlafen und die Erwachsenen kümmern sich darum, dass das Essen für den nächsten Tag soweit vorbereitet ist. Etwas ist diesen Abend war anders. Ein Blinder Gast hat sich ins Haus geschlichen. Es ist ein Murmeltier. Der kleine Nager besuchte die Familie jedes Jahr zum Yoiul-Fest (oder wie es die Menschen der Erde nannten Weihnachten), aber dieses Jahr hatte er sich ins Haus getraut. Sonst hatte er immer draußen gewartet und von dort durch das Fenster ins Hausinnere geguckt.
Fridolin, wie das Murmeltier übrigens hieß, war grade auf dem Weg zu dem Tannenbaum, der im Wohnzimmer stand. Unter diesem lagen lange, dicke, kleine und dünne Schachteln, die in hübsches, buntes Papier eingewickelt waren. Eine der Schachteln erregte jedoch Fridolins Aufmerksamkeit. Neugierig, wie der kleine Kerl nun mal war schlich er näher heran und beschnüffelte das Geschenk. "Was mag das sein...?", brummte er vor sich her. Er wollte grade danach greifen, als er eine Hand an seinem Nacken spürte und ihn jemand hoch hob. "Na, wer bist denn du?", fragte der Vater der Familie. "Fridolin, der erste von Großholz!", sagte das Murmeltier stolz, wenn auch ein wenig erschrocken. Erschrocken war auch der Vater. Er ließ Fridolin wieder fallen. "Behandelt man so einen Gast?", knurrte Fridolin und strich sich das Fell glatt. Er sah zu dem Vater auf. "Du kannst sprechen...", murmelte dieser. "Na selbstverständlich, du doch auch!?" Verständnislos schüttelte das Murmeltier den Kopf.
Der Vater hockte sich zu dem Tier hinunter. "Hat Anna dich herein gelassen, junger Freund?", fragte er. Fridolin nickte eifrig. "Ja, sie sagte, dass ihr Kastanien esst und dann später mit so Feuerstäben - was sagte sie noch gleich?- ah ja! Streichhölzern Kerzen anzündet und ich dabei sein darf!" Der Vater lächelte gütig. "Ja, das ist meine Anna", sagte er. "Es tut mir Leid, dass ich dich so erschreckt habe, kleiner Freund. Wenn Anna dich eingeladen hat, dann bist du natürlich willkommen." Vaters Blick ging über die Geschenke. "Jetzt weiß ich wer Fridolin ist", lächelte er das Murmeltier an. "Anna hatte da so ein Geheimnis drum gemacht." Das Murmeltier richtete sich stolz auf. "Ja, Fridolin ist mein Name! Oh!" Er blickte auf die Geschenke unter dem Baum. "Aber ich habe nichts für Anna..." Er klang traurig und lies den Kopf hängen. Der Vater strich ihm über den Kopf. "Wie wäre es, wenn du ihr eines von unseren gibst, wenn es morgen soweit ist, ja?" Fridolin nickte. "Aber jetzt ist auch für dich Schlafenszeit. Du kannst gern dort, vor dem Kamin oder auf der Truhe dort schlafen." Fridolin nickte. Er kletterte auf die Truhe, die mit schwarzem Samt und einem großen Kissen bezogen war und schlief ein.
Am nächsten Morgen war das Murmeltier schon früh wach. Ganz aufgeregt, was passieren würde, lief es durch das Haus und versuchte überall zu helfen, wo es nur konnte. Dann, später am Abend saßen alle beisammen am Tisch und aßen den Braten und später als Nachtisch die Kastanien. Genau so wie Anna es versprochen hatte. Dann, waren die Geschenke dran. Fridolin war ganz aufgeregt, das war das erste Mal, dass ihm jemand etwas schenkte. Anna reichte ihm ein kleines, etwas grob, in grünes Papier gewickeltes Geschenk. "Frohe Weihnachten Fridolin", sagte sie zu ihm. Das Murmeltier nickte. Er riss das Papier vom Geschenk und lachte auf. "Seife! Sowas habe ich in der Stadt schon gesehen. Papa meint immer, die Stinktiere aus dem Wald brauchen sowas! Aber ich auch! Danke Anna!"
Wie es nun genau weiter ging, weiß ich nicht mehr genau, daher unterbrach ich meine Ausführung und sah meine Cousine an. "Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute", meinte sie wohlwollend. Ich buffte sie gegen den Arm. "Du spinnst", sagte ich zu ihr. Draconia zuckte die Schultern und erhob sich. "Ich muss zu Haven zurück. Lord Grandley will dass ich heute Abend noch in Black Rise ankomme. Irgendein Diplomat muss von A nach B..." Ich sah sie kurz an. "Happy Yoiul", sagte ich zu ihr. Sie nickte, drückte kurz meine Schulter und verlies die Bar. Auch ich machte mich auf den Weg zurück zur Utopia. ich wollte Aura nicht zu lange warten lassen. Und ich war mich sicher, dass der nächste Einsatz sicher nicht lange auf sich waren lies.
Jun wusste, er war verschwitzt vom Herauftragen seiner ganzen Taschen und zwei schweren Koffer, den letzten Resten seines alten Lebens, die bis jetzt noch nicht hierher umgezogen gewesen waren. Allerdings war das nicht der Grund für das plötzliche Gefühl, schweißgebadet zu sein, sobald er die Tür seines neuen Zuhauses hinter sich schloss.
Heute wäre also der erste Tag seines restlichen Lebens… Ein Neuanfang in einem Sharehouse zusammen mit einem gewissen Aiba Masaki. Bisher hatte er seinen neuen Mitbewohner noch nicht getroffen, weder bei der Besichtigung, noch bei der Schlüsselübergabe und auch nicht, als er seine Möbel hierher umgezogen hatte; Aiba war wohl Wildtier-Experte und reiste deshalb viel. Was Jun nur entgegenkam, schließlich brauchte er immer erst eine Weile, bis er sich in einer neuen Umgebung wohlfühlte.
Dementsprechend war er auch davon ausgegangen, das Sharehouse kalt, dunkel und leer vorzufinden. Stattdessen wurde er von molliger Heizungswärme und schrecklichem japanischen Grunge begrüßt. Na super!
Er konnte gar nicht schnell genug den Mantel ausziehen (bis gerade eben hatten sich im Stoff noch filigrane Schneeflocken verfangen, inzwischen waren da nur noch unförmige Wassertropfen) und seine Stiefel ausziehen. Bereits dieses Bisschen half, dass ihm wieder etwas kühler wurde.
Einen Augenblick überlege Jun zuerst sein Gepäck zu verstauen, entschied sich dann aber dagegen. Schließlich war er ja auch neugierig darauf, was für ein Mensch da solchen Krach als Musik bezeichnen würde. Er folgte den Geräuschen – bis ihm auf halbem Weg der Duft von Apfel, Nüssen und Zimt in die Nase stieg. Jun hielt kurz inne, schloss die Augen und atmete tief ein. Vor seinem geistigen Auge stiegen Erinnerungen an Weihnachten bei seiner Großmutter auf.
Als Jun weiter in Richtung der offenen Küche ging, verstummte der Lärm in seinen Ohren. Stille breitete sich um ihn herum aus und er blieb abrupt im Türrahmen stehen. Beobachtete einfach, die Hände in den Taschen seines Hoodies.
Vor ihm in der Küche tanzte ein Mann – vermutlich Aiba – mit dem Rücken zu ihm von einem Topf, in dem er kurz rührte, zum nicht weit entfernt liegenden Kochbuch, bevor er sich einer Schüssel zuwandte, in der er irgendetwas zusammenmischte, und schließlich einen Blick in den Backofen warf.
Aiba war großgewachsen und schlaksig. Seine leicht wirre, braune Mähne wurde von einem Grünen Haarband aus dem Gesicht gehalten. Seine Hände waren groß und schlank wie er selbst und flogen elegant von einer Aufgabe zur nächsten. Allerdings konnte Jun selbst von seiner Position aus sehen, dass die abgemessenen Zutatenmengen nicht stimmen konnten (vorausgesetzt natürlich, er wollte so etwas wie Plätzchenteig machen).
Als erneut Geräusche zu ihm vordrangen, hörte Jun auch, dass sein Mitbewohner fröhlich mitsang; seine Stimme war angenehm, mit einer leicht rauchigen Qualität, die Jun sofort sympathisch schien.
Wie lange er dort gestanden hatte, bis Aiba ihn bemerkte, wusste er nicht. „Oh, hi! Hab gar nicht bemerkt, dass du schon da bist. Wie geht’s? Ich bin übrigens Masaki.” Jun war regelrecht geblendet von seinem strahlenden Lächeln.
Wegsehen konnte Jun aber auch nicht, und er war dankbar, als seine Stimme auch funktionierte: „Mir geht’s gut, danke. Freut mich, Masaki. Ich bin Jun.“ Etwas zögerlich betrat er die Küche. „Was bäckst du denn?“
„Eigentlich solltest du das noch gar nicht sehen. Die Bratäpfel und der Saftpunsch sind für deine kleine Mini-Willkommensparty, so dass du dich wie zuhause fühlen kannst. Ich bin nur aufgehalten worden und konnte jetzt erst anfangen…“
„Stress dich nicht!“ Bevor Jun überhaupt realisierte, was er sagte, waren die Worte schon draußen. Das Lächeln dazu kam ganz von selbst, obwohl es doch die letzten Wochen so schwer heraufzubeschwören gewesen war. Noch nie zuvor hatte jemand für ihn als Willkommensgeschenk beim Einzug gekocht oder gebacken, erst recht keine Fremden – denn ja, genaugenommen kannten Masaki und er sich noch nicht. Auch wenn Jun hoffte, dass sich das bald änderte. „Ich könnte dir helfen?“
„Das wäre super. Danke! Aber nur, wenn du wirklich willst.”
„Das ist absolut okay, solange du die Musik ausmachst.“ Einfach auch, um noch etwas in Masakis Nähe bleiben zu können, um seinen neuen Mitbewohner kennenzulernen.
„Okay.“ Vermutlich war es Masakis Lachen, das Jun den Rest gab – so offen und ehrlich, laut und auch leicht kratzig.
Ihr Abendessen aus Bratäpfeln mit jeder Menge Vanille und noch mehr Pekannüssen, dazu heißer Apfelsaft mit Gewürzen, war fantastisch. Sie redeten bis in die frühen Morgenstunden über Gott und die Welt, ohne dass Jun auch nur ans Auspacken dachte; er wusste, dass ihn das morgen ärgern würde, trotzdem scherte es ihn nicht, solange er sich so gut mit Masaki unterhielt.
Als er schließlich doch schlafen ging und die Augen schloss, träume Jun. Der süße Duft von Apfel und Zimt folgte ihm auch in seine Träume.
Als er aufwachte, hatte Masaki sich zu ihm unter die Decke gekuschelt. Als Jun sich noch etwas enger an ihn schmiegte, rochen Masakis Haare immer noch nach dem süßen Duft von Apfel und Heimkommen.
„Schau mal, Mama, ein Engel!“
Castiel hob den Kopf, legte ihn verwundert zur Seite und blickte zu dem kleinen Mädchen, das einige Meter entfernt auf der weißgeschneiten Wiese stand. Er beobachtete, wie das Mädchen lachte, wie seine Mutter lachte, es in die Arme nahm und Schnee von seinem Mantel klopfte.
Aber er verstand nicht, wie konnten sie die Engel sehen? Seine Brüder, Schwestern und ihn? Sie wahrnehmen, hinter ihre Hüllen blicken und die Gnade dahinter scheinen sehen, ohne vor Furcht und Erhabenheit zu zittern, wie es Menschen seit Jahrhunderten getan hatten?
„Ja, mein Kind, ein wunderschöner Schneeengel!“
Ein Schneeengel! Was mochte das sein? Welche Spezies gab es dort, die Castiel nicht kannte und die ihm und seinen Geschwistern doch so nah zu sein schien, dass sie ein Engel war?
Der Schnee knirschte unter den hohen Stiefel seiner Hülle, als er ein paar Schritte auf die Menschen zu machen wollte, wissen wollte, was es war, das die beiden Menschen so verzückte, aber sein Bruder hielt ihn zurück.
„Lass die Menschen, Castiel, wir haben einen Auftrag zu erfüllen.“
Und Castiel wandte sich ab von den Menschen und seiner Aufgabe zu und mühte sich, diesen Moment und den Funken ungehorsamer Neugier zu vergessen.
Es sollten Dekaden vergehen, bis Castiel wieder auf die Erde kam, bis wieder Schnee unter seinen Füßen knirschte und seine Schuhe lustige Abdrücke in dem Weiß hinterließen, ein Dreieck für den Fußballen, ein kleiner Knopf von seinem spitzen Absatz.
Einen Moment, flüchtig und dünn, gab er sich der Freude dessen hin und drückte seinen Fuß immer wieder in den Schnee, wartend, dass all seine Brüder und Schwester erscheinen würden.
Und dann hörte er es wieder, das Wort, das er schon fast vergessen hatte.
„Seht doch nur! So viele Schneeengel!“ Castiels Kopf sauste nach oben, so schnell, dass ein Wirbel im feinen, schmalen Nacken seiner Hülle knackte.
Aber das Wort klingelte in seinem Kopf, wie eine staubige Glocke, die einmal bewegt nicht mehr stillhalten wollte. Schneeengel! Er wollte sie auch sehen! Wollte auch wissen, was sie waren, woher sie kamen, wieso er sie nicht kannte, und wieso die Menschen so verzückt klangen, wenn sie davon sprachen!
Aber er konnte nichts sehen, nur große, weiße Flächen kalten Schnees und Menschen, die lachten, den Schnee zu Kugeln rollten oder im Schnee lagen.
Kein engelsgleiches Geschöpf, nur der Schnee.
Waren sie für Engel unsichtbar?
Engel waren nicht oft auf die Erde gekommen, bevor die Apokalypse in Bewegung gekommen war – und so abrupt wieder gestoppt hatte – aber danach schwärmte sie nur so vor ihnen, fast genauso sehr wie der Himmel, auch wenn das Ereignis, das nie stattgefunden hatte, bereits Jahre her war.
Castiel hatte eine Hülle gefunden, seine wahre, eine Hülle gefunden, in Form eines starkgläubigen Mannes, mit dunklen Haaren und blauen Augen.
Er hatte im Verlauf der Jahre noch öfter von diesen merkwürdigen Wesen gehört, den Schneeengeln, meistens von Kindern, die spielend an ihm vorbei rannten oder auf eingeschneite Wiesen und Hänge stürzten – aber niemals hatte er das Glück gehabt einen zu sehen oder die Chance gehabt, jemanden zu fragen, was diese Wesen waren, die Schneeengel, die er nicht sehen konnte, auch wenn sie für alle anderen so selbstverständlich und überall waren.
In all seinen Jahren auf der Erde hatte es Blut gegeben, Kampf, Tod, Freiheit – und Dean Winchester.
Der Mann wegen dem er die Erde dem Himmel vorgezogen hatte, wegen dem er rebelliert hatte, gekämpft und geblutet hatte, gestorben und wiedergekommen war.
Wegen Dean Winchester war er auf jede mögliche Art gefallen, die man fallen konnte – jetzt beispielsweise rücklings in den Schnee.
Castiel blickte nach oben zu dem Geist, der ihn geschubst hatte und der über ihm blitzte und zuckte, ehe er sich kreischend auflöste, als Dean mit einem eisernen Schürhaken hindurch schlug.
Es dauerte nur einen Moment, Zeit genug für Dean, ihn auf diese kämpferische, siegessichere Art anzugrinsen, die Castiel ein warmes, ziehendes Gefühl im Magen gab, bis der Geist wieder auftauchte.
Aber kaum einen Augenblick später ging er in den von Sam entzündeten Flammen aus Salz und Spiritus auf und Castiel konnte sehen, wie die Seele in den Himmel fuhr, nicht mehr wütend und schreiend und rachsüchtig – sondern friedvoll.
„Du bist ja ganz schön leicht von den Füßen reißen, Cas.“ Deans Grinsen war eine Spur weicher geworden, wärmer und Castiel atmete kopfschüttelnd aus, während er sich rücklings wieder in den Schnee fallen ließ.
Er knirschte unter seinem Körper und Castiel hörte Deans warmes Frühlingslachen.
„Schau mal, Sam, ein richtiger Schneeengel!“
Castiel richtete sich abrupt auf und blickte sich mit großen, weit aufgerissenen Augen um, ehe er Dean ansah.
„Wo?!“
Er wirkte verwirrt. Sam war mittlerweile neben seinen Bruder gekommen und blickte Castiel ebenso fragend an.
„Was Wo?“
„Wo ist der Schneeengel? Könnt ihr ihn beide sehen?“ Castiel blickte sich wieder um, aber er fand nichts Ungewöhnliches. Sie waren alleine, vor ihnen der verlassene, alte Friedhof, umringt von schneebedeckten Bäumen und Wiesen.
Sein Kopf wandte sich von rechts nach links und wieder zurück, die Augen umher huschend um eine Spur auf dieses mysteriöse Wesen zu erhaschen, das er schon so lange zu sehen versuchte.
Erst Deans Lachen brachte ihn von der Suche ab und er blickte ihn fragend an. „Was, ist er weg?“
Deans Lachen wurde lauter, während er in den Kopf in den Nacken warf und sich seinen Bauch hielt und Castiel wurde warm in der Brust. Auch wenn er nicht wusste, warum Dean lachte, war er doch froh, ihn zum Lachen gebracht zu haben und er lächelte ganz automatisch.
Sams Blick, erst amüsiert, vermutlich aus denselben Gründen, aus denen Dean lachte, glitt zwischen den beiden hin und her und er wurde wärmer, sanfter und er räusperte sich leicht.
„Cas“, japste Dean in den letzten Zügen seines Lachens. „Du bist der Schneeengel.“
Castiel legte seinen Kopf zur Seite und betrachtete Dean mit tief gerunzelter Stirn.
„Ich bin kein Schneeengel, Dean. Ich bin ein Engel.“
Dean schluckte mühsam das erneute Losprusten runter, ehe er sich nickend mit der Zunge über die Lippen fuhr.
„Ja, Buddy, das bist du. – Warte.“
Castiel beobachtete, wie Dean ein paar Schritte zur Seite ging, scheinbar mit den Armen Maß nahm und sich dann rücklings in den Schnee fallen ließ. Er war gerade soweit von Castiel entfernt, dass er noch Deans Fingerspitzen berühren könnte, wenn beide die Arme ausstreckten.
Dean lag der Länge nach im Schnee, halb versunken in der weißen Masse und blickte mit einem Grinsen zu Castiel.
„Leg dich hin – genauso so – und jetzt so!“ Und Dean begann seine ausgestreckten Arme hoch und runter über den Schnee zu schieben, während er die langen Beine öffnete und schloss, öffnete und schloss.
War das wirklich normales, menschliches Verhalten?
Natürlich, Dean Winchester war nach allem, was er wusste, dafür kein direkter Maßstab – aber…?
„Ihr beide seid wirklich herzallerliebst.“ Castiel hörte das Grinsen in Sams Stimme, ohne es sehen zu müssen, aber bevor er reagieren konnte, sprach Dean bereits, der immer noch seine Arme und Beine über den Schnee schob.
„Halt die Klappe, Sammy! Wann hast du das letzte Mal einen Schneeengel gemacht?“
Castiel hatte sich wieder leicht aufgerichtet, um das Schauspiel, das sich ihm bot verdutzt beobachten zu können und drehte sich dann aber abrupt zu Sam.
„Ja, wann?!“
Sam schnaubte ein nasales Lachen, wiegte kurz demonstrierend überlegend den Kopf von rechts nach links und zuckte dann mit den Schultern.
„Ja, ist ja gut, ihr habt Recht.“
Er ging auf Castiels andere Seite, nahm mit den Armen Maß, wie Dean, und ließ sich ungebremst nach hinten fallen. Er lachte, und schüttelte den Kopf, wodurch Schneeflocken seine langen Haare verklebten, ehe er auch begann die Arme auf und ab und die Beine zur Seite und wieder zurück zu schieben.
Castiels Blick huschte von Sam zu Dean und wieder zurück, bis Dean sich zu ihm beugte und ihn in die Schulter knuffte.
Seine Augen flogen zurück zu dem Mann mit den grasgrünen Augen.
„Du sollst das nachmachen, komm schon, so“, und er saß aufrecht im Schnee und flatterte mit den Armen.
Auf Castiels Lippen erschien ein breites Lächeln, auch wenn er immer noch etwas unsicher war, was das bringen sollte, und er ließ sich zurück in den Schnee fallen, ließ seine Arme auf und ab über die kalte Masse schieben und spürte, wie er den Schnee vor sich her schob, während er ihn mit den Beinen auseinander drückte und die Fläche unter sich glatt und tief drückte.
Er konnte spüren, wie Deans lächelnder, warmer Blick auf ihm lag, drehte den Kopf zu ihm, während er weiter Arme und Beine bewegte, und erwiderte das Lächeln fröhlich.
Er wusste nicht wirklich, was das sollte, oder wie man so Schneeengel machte, aber Dean hatte seinen Spaß dabei, also wollte er es auch versuchen. Und er freute sich, dass Dean fröhlich war.
„Sehr gut, genau so.“ Dean nickte, robbte dann etwas zum Ende seiner Bein-gemachten Schneekuhle, machte einen großen Schritt daraus und kam aus der Hocke etwas ungelenk auf die Beine.
Während er sich umdrehte, klopfte er festgedrückten Schnee von seiner Jeans und seiner Jacke und stellte sich zwischen Sams und Castiels Platz im Schnee, die Hände ausgestreckt, um ihnen aufzuhelfen.
Sam war bereits ebenfalls zum Ende seiner Beinkuhle gerutscht, platzierte die Füße vorsichtig außerhalb und ließ sich von Dean hochziehen.
Castiel beobachtete das, rutschte ebenfalls vorsichtig zum Rand, ließ sich von Dean dabei Anweisungen geben, wo er seine Füße platzieren musste, und sich dann ebenfalls nach oben ziehen.
Deans Hand war nass von geschmolzenem Schnee und kälter als seine eigene; Er hätte sie gerne noch einen Moment festgehalten.
Aber Dean begann bereits, den Schnee von seinem Mantel zu klopfen, während er ihn herum drehte, sodass er auf die Mulden im Schnee sah, die sie geformt hatten.
Castiel genoss still, wie Deans Hände über seinen Körper und seinen Mantel fuhren und ihn vom Schnee befreiten, während er die Formen sondierte.
Aber er verstand es nicht.
Sein Blick drehte sich zu Dean, der neben ihm stand und ebenfalls auf den Schnee sah. Er wirkte fröhlich dabei – und Castiel verstand es nicht.
Sein Kopf klappte zur Seite und seine Augen huschten von Deans Gesicht zum Schnee und wieder zurück.
Dean bemerkte es, grinste schief und stieß Castiel leicht mit dem Ellbogen an.
„Das sind sie, deine Schneeengel. Drei Stück.“ Und er deutete auf jede Mulde.
„Das sind nur Abdrücke im Schnee.“
„Nein, das sind Engel-Abdrücke im Schnee.“ Dean legte seinen Arm um Castiels Schulter, kam mit seinem Gesicht nah an seines, um denselben Blick zu haben, und deutete auf die Mulden.
Castiel musste sich konzentrieren, um zuzuhören, das Gewicht von Deans Arm um seine Schultern war so angenehm und er spürte, wie Deans Atem sein Kinn streifte, er lächelte.
„Die Arme, das sind die Flügel und die Beine sind das Gewand.“
„Gewand?“
„Die Kleider, Cas, Engelskleider, du weißt schon. Große, weiße Roben.“
„Engel tragen keine Roben – oder Gewänder, ich, beispielsweise, trage einen Trenchcoat.“
Er hörte Sam hinter ihnen lachend prusten und auch Dean fuhr sich amüsiert mit der Hand über Mund und Kinn. Als er seinen Kopf drehte, berührten sich fast ihre Nasenspitzen.
Castiels Blick huschte einen Moment über Deans Gesicht, die Sommersprossen, die Nase, die Lippen, ehe er ihm wieder in die grünen Augen sah. „Die Flügel sind auch viel zu klein.“
Deans Lippen zogen sich in einem breiten Grinsen nach oben, sodass sich die kleinen Fältchen um seine Augen bildeten, die Castiel so gerne sah; Es hieß Dean war wirklich fröhlich.
„Das wissen Menschen aber nicht, Cas – also,“, Sein Kopf drehte sich wieder zu den Muld- zu den Schneeengeln. „die meisten zumindest. Und für die meisten Menschen sehen genauso Engel aus. Flügel und Gewänder.“
Castiel legte nachdenklich den Kopf schief und dachte einige Momente darüber nach.
Schneeengel.
Das waren also seine mysteriösen Schneeengel.
So einfach! So simpel!
„Aber… warum?“ Er blickte zu Dean, der den Arm immer noch um seine Schulter gelegt hatte, und er spürte mehr, als dass er es sah, wie er mit den Schultern zuckte.
„Ich weiß nicht; Ich denke, Menschen finden es einfach toll, sich vorzustellen, da hätte ein Engel im Schnee gelegen. Immerhin, Engel sollten ja was Tolles sein. Keine Arschlöcher.“ Er lachte Castiel schief an.
Auf seinem Gesicht breitete sich ebenfalls ein Grinsen aus, als ihm dabei etwas klar wurde.
„Das heißt, du hast dir das auch vorgestellt!“
Dean entfernte den Arm von seiner Schulter, um vehement zu protestieren, und auch wenn Castiel den Arm lieber länger dort gehalten hätte, freute er sich über das verbleibende, feixende Lachen in Deans Augen.
„Nein, hab ich nicht!“ Er untermauerte die Aussage mit einer energischen Handbewegung, aber Sam, der hinter ihm lachte, verriet ihn. „Halt die Klappe, Sam!“
„Doch, hast du!“, bohrte Cas weiter und Dean schulterte augenrollend den Seesack, warf ihm aber auch ein kleines Lächeln zu und Castiels Herz hüpfte dabei.
„Nein, hab ich nicht.“
„Allein, wegen Mom, doch, hast du.“
„Sam, halt die Klappe, verdammt.“
Er folgte den beiden zurück zum Auto, warf aber noch einen letzten Blick auf die Schneeengel.
Er hatte endlich herausgefunden, was Schneeengel waren!
Durch sein Inneres zog sich warme Freude und ein weiteres Puzzelteil Menschheit fiel an seinen Platz.
So einfach. So simpel. So menschlich.
So schön.
„Jetzt kannst du ihm ja noch zeigen, wie man Schneemänner baut.“
Castiel horchte auf und schloss zügig zu den beiden Männern auf: „Schneemänner?“
„Sam, halt endlich Klappe!“
„Wie baut man einen Schneemann?“
„Cas!“
Sam lachte.
„Können wir einen Schneemann bauen?“
Geschrieben von: Twister - 15.12.2020, 01:02 - Forum: The Others
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So, hier gibt es Türchen 14 mit etwas Verspätung. Leider habe ich ein wenig die Zeit vergessen und es dauerte dann doch zwei Stunden, ehe die Story fertig war.
Danke fürs warten.
Eine Weihnachtsüberraschung
Heute war der 14. Dezember. Es war einer dieser Tage vor Weihnachten, an dem alle an Rad drehten. Sie kauften für ihre Liebsten ein und versuchten sich gegenseitig durch ihre Geschenke auszustechen. Kakashi hatte diesen Stress nicht. Seinen Schülern hatte er jeweils ein Set richtig gute Kunai geschenkt. Obito würde er Weihnachten besuchen. Genauso wie Minato. Er wurde für jeden eine Schale Sake hinstellen. Wenn sie am nächsten Tag leer waren, bildete er sich gerne ein, dass die beiden sie leer getrunken hatten. Nebenbei reinigte er den Gedenkstein, auf dem auch Minatos und Obitos Namen zu finden waren. Schon der dritte Hokage hatte ihm erklären wollen, dass es nicht Kakashis Aufgabe war, dies zu tun, aber er wollte es, so hatte man angefangen, es zu tolerieren. Nun erwartete es schon fast jeder von ihm. Allerdings war es nicht nötig, dass man ihm jedes Mal ein Dankeschön hinstellte. Allerdings wurde ihm gesagt, dass er es annehmen musste. So bekam er auch jedes Jahr einen Korb voller Köstlichkeiten und eben auch Putzmittel. Es war schon witzig.
Und jedes Jahr nutzte er diese Putzmittel um Rins Grabstein zu strahlen zu bringen. Seit ein paar Jahren machte er es auch mit dem Grabstein seines Vaters. Er musste dafür zwar den Friedhof wechseln, da sein Vater nicht ehrenvoll gefallen war, sondern selbst aus dem Leben geschieden war. Offenbar wollte man ihn nicht auf dem Friedhof der Ninja. So war Sakumo unter den Zivilisten beerdigt worden. Zwar hatte der Dritte es bereits angeboten, das Grab zu verlegen, aber Kakashi hatte es abgelehnt. Und es war ihm egal, dass er alle damit beschämte. Es war nicht so, dass er jemanden bestrafen wollte. Er wollte seinen Vater in Frieden ruhen lassen. Es war doch reichlich egal, wo das Grab war. Es wurde von Kakashi gepflegt.
All die Dinge hatte er am Heilig Abend vor. Vielleicht trank er mit seinen Freunden etwas am Weihnachten. Aber das war es dann schon. Das war Weihnachten. Keine Hektik, keine Familie, keine grellen Lichter. Seine Schüler würden mit ihren Familien feiern. Im Grunde liebte er sein Leben so. Keiner war da und nervte ihn. Niemand, der besser wusste, wie man Weihnachten feierte. Und wenn er ehrlich war, dann waren die nützlichen Geschenke doch viel besser. Insgeheim wünschte er sich etwas Nutzloses zu bekommen, aber das sagte er niemanden. Es würde nur alle zum Lachen bringen.
Kakashi schlug die Augen auf. Ja, man konnte es so sagen: Er war einsam! Er drehte sich zur Seite. Die Sonne war schon aufgegangen. Die bunten Lichter der Sonne schienen durchs Fenster. Moment? Bunt? Schlagartig war er wach. Es dämmerte noch und manchmal war die Sonne rötlich, aber niemals grün, blau und der andere bunte Kram. Er saß senkrecht im Bett. Fassungslos sah er in die Ecke seines Zimmers. Dort stand ein Tannenbaum. Er war nicht groß, aber er war voller Lichter. Was war er nur für ein jämmerlicher Ninja, wenn er nicht mal merkte, dass sich jemand in sein Zimmer schlich? Er griff nach seiner Tasse und roch dran. Verdammt! Diese kleinen Biester hatten ihm etwas ins Getränk gemischt!
Er ignorierte den Tannenbaum und stand auf. Er musste dringend auf Toilette. Besser das Zeug kam wieder aus seinem Körper. Er fühlte sich immer noch müde! Als er die Badezimmertür aufmachte, drang ihm grässliche Weihnachtsmusik entgegen. Vor der Decke starrten ihm die hässlichsten Elche entgegen, die er je gesehen hatte. Er senkte den Blick und sah seine Badezimmerwand an, oder das was davon übrig war. Überall hingen kitschige Weihnachtsbilder. Hatte die ein Dreijähriger gemalt? So langsam ahnte er, wer das hier veranstaltet hatte.
Den kitschigen Kram ignorierend ging er zur Toilette und erleichterte sich. Als er die Klospühlung betätigte, ertönte ein Hohoho. Kakashi sah seine Toilette an. Er wollte gar nicht wissen, wie es ging. Er seufzte. Das Weihnachten war echt grausig! Er ging zum Waschbecken. Auf dem Spiegel stand etwas mit Lippenstift. Doch nicht die Kinder? Er hatte meinen können, die Bilder hatte Naruto gemalt. Er vermutete seine Schüler dahinter, aber Sakura war zu jung für Lippenstift. Und erst recht für solch eine Botschaft. Mit hochrotem Kopf nahm er das Bild vom Spiegel, das dort mit einer Büroklammer an die Seite gesteckt wurde. Hoffentlich war das angebracht worden, als hier keine Kinder mehr e waren.
„Eine schöne Weihnachtszeit, mein Süßer!“, las er trocken vor. Das war eindeutig eine Frau gewesen, kein Kind. Sakura war es nicht. Der Kussmund war auch größer. Kakashi fuhr mit dem Finger drüber, ehe er innehielt und sich panisch umsah. Er war rot angelaufen, aber hier war niemand. Es war seine Wohnung. Aber bei all den Überraschungen, konnte es auch sein, dass er beobachtet wurde. Er holte das Foto wieder heraus. Er musste es untersuchen, um zu sehen, wen es zeigte. Eine Sache, die nicht leicht war, denn das Foto bestand zum größten Teil aus nackten Brüsten. Kakashi spürte, wie seine Nase anfing zu bluten. Er hatte es doch nur zu Forschungsgründen angeschaut! Niemals würde er ein Foto von den Brüsten einer Unbekannten anstarren. Besser er versteckte es, um die Würde der Dame zu bewahren. Da war sein Hemdausschnitt genau richtig. Dort fand es niemand!
Beschämt wusch sich Kakashi die Hände und verließ mit hochrotem Kopf das Badezimmer. In der Küche angekommen, glaubte er in einer Disko zu sein. Überall blinkten Lichter. Alles war so grell, dass er sich die Hand vors Auge hielt. Verdammt, man konnte es auch übertreiben mit der Deko! Kakashi kämpfte sich durch die vielen Tannenästen, die an der Tür runter hingen. Etwas außer Atem kam er am Tisch an. Dort stützte er sich ab, um die nächste Überraschung zu entdecken: Verbranntes Essen. Traurig sah Kakashi das Essen an. Er riss den Kühlschrank auf. Sie hatten sich an seinem Vorrat bedient. Das bedeutete, dass er nur dieses verbrannte Zeug hatte. Entsetzt sah Kakashi das Zeug an. Er wollte es nicht essen. Er wusste ja nicht einmal, was davon noch genießbar war, weil unter der Soße einfach nur schwarze Stückchen hervor schauten. Wer auch immer für ihn gekocht hatte, wusste nicht, dass er wirklich gut kochen konnte. Er hatte es sich beigebracht, damit er nicht sowas essen musste.
Er ließ das Essen Kohle sein und ging zum Fenster. Lauter Kinder standen auf der Straße und starrten zu seiner Wohnung rauf. Nicht nur das, sie sprachen auch aufgeregt. Die Mütter daneben standen mit den Händen an der Wange und verzückten Gesichtsausdruck da. Kakashi bekam schon wieder Farbe. Was war denn nun schon wieder los?
Er rannte auf seinen Balkon, wo er erstaunte Gesichter saß. Er drehte sich mit den Rücken zu den Leuten, um seine Wohnung zu sehen. Auf dem Dach war ein Weihnachtsschlitten. Ebenso sah da Sakura auf dem Dachsims. Sie hatte sich wie eine Elfe gekleidet und sah wirklich süß aus. Was sollte das? Die Leute bekamen noch einen falschen Eindruck! Sein Blick glitt weiter und er entdeckte Naruto, der ebenfalls wie ein Elf aussah und auf dem Balkongeländer stand. Das war gefährlich. Aber vielleicht hatte er ja Glück und verfing sich in eine der vielen Lichterketten, sollte er fallen. Er läutete fröhlich mit einer Glocke und wünschte frohe Weihnachten. Ihm war schon klar, dass es erst der 14. Dezember war?
Wenn Naruto und Sakura hier war, dann war doch auch Sasuke hier, oder? Kakashi pustete los, als der den Jungen sah. Sasuke war auch ein Elf, wenn auch dunkler. Der Junge sah beschämt zur Seite. „Die beiden haben mich dazu gezwungen!“, verteidigte sich der Uchiha. Kakashi konnte sich nicht mehr halten. Er lachte laut los. Das entschädigte für alles! Dafür nahm er auch diese komische Klosspülung in Kauf.
Sasuke sah ihn sadistisch grinsend an. „Freut mich, dass du dich so amüsierst. Hier!“, sagte er und warf Kakashi eine Weihnachtsmütze zu. „Was?!“, fragte Kakashi und fing die Mütze auf. „Vergiss den Mantel nicht!“, stichelte Sasuke weiter und hing Kakashi ein Mantel um. Sasuke drehte sich um und hatte dann ein Korb in der Hand. „Zieh das dumme Ding schon auf. Umso schneller haben wir es hinter uns! Aus der Nummer kommst weder du noch ich raus!“, sagte Sasuke genervt. Kakashi setzte die Mütze auf seinem Kopf. „Nun mach schon. Die Kleinkinder warten schon so lange in der Kälte!“, zischte Sasuke und drückte ihm ein Korb in die Hand. Kakashi nahm ihn an und sah Sasuke fragend an.
Sasuke ignorierte ihn aber. Er setzte sich wieder auf den Balkon. Als Kakashi ihn aber immer noch ansah, machte Sasuke eine werfende Geste und zeigte auf den Korb. Kakashi hob die Decke. Dort waren lauter Bonbons und anderer verpackter Süßkram. Kakashi hasste Süßkram! „Besser du wirst es wieder los, wenn du es nicht magst!“, meinte Sakura zuckersüß. Kakashi trat an seinem Balkon und seufzte. Er nahm eine Hand von dem Zeug und warf es auf die Straße. Die Kinder flippten einfach aus. Kakashi musste nicht lange raten, dass sein Geld für den Kram verwendet wurde.
Es dauerte eine Weile, ehe der Korb leer war. Kakashi sah den Kindern dabei zu, wie sie die Süßigkeiten aufsammelten und sich beim „Weihnachtsmann“ bedankten. Kakashi lehnte sich auf das Geländer. Ihm schlich ein Lächeln auf das Gesicht, das man zum Glück wegen deiner Maske nicht sehen konnte. Sakura stand nun neben ihm und lächelte zuckersüß. „Es war nicht einfach, das geheim zu halten, damit du überrascht bist! Weihnachten hast du ja keine Zeit!“, sagte sie entschuldigend. Kakashi sah sie an. „Nein, da bin ich beschäftigt!“, gestand er und wollte das auch nicht ändern.
„Ich hab dir was gekocht!“, verriet Sakura. Sie hatte also sein Essen ruiniert! Interessant! „Danke!“, sagte Kakashi höflich. Früher hätte er sich bestimmt beschwert und gefragt, warum sie ihm das antat. Heute aber bedankte er sich einfach. Sein erstes sinnloses Geschenk. „Naruto hat die Bilder gemalt!“, verriet Sakura. Genau das hatte er sich auch gedacht. Ob Naruto beleidigt war, wenn er sie weg warf? „Es sind extra viele, falls welche kaputt gehen!“, verriet Naruto. „Oh, danke!“, meinte Kakashi und lächelte höflich. Was für ein Mist! Er konnte sie nicht wegwerfen. „Aber das hier war die Idee von Sasuke!“, verriet Naruto stolz. Kakashi sah ihn sprachlos an und bewegte sich nicht. Moment, was?
„Sasuke wollte unbedingt, dass wir das ganze Haus dekorieren und uns am besten alle als Elfen verkleiden. Er wollte dann, dass du der Weihnachtsmann bist. Und zum krönenden Abschluss könntest du noch Süßigkeiten vom Balkon werfen!“, erzählte Naruto. Kakashi konnte nicht glauben, was er hörte. „Wir wollten nur etwas deine Wohnung dekorieren, aber Sasuke wollte noch viel mehr machen!“, stellte Sakura fest. Kakashi drehte sich zu Sasuke. Der sah beschämt zur Seite. „Tut mir leid! Diese naiven Kinder verstehen keinen Sarkasmus!“, zischte er verärgert. Kakashi prustete los. Er hielt sich erst die Hand vor dem Mund, ehe er dann die Hände vor dem Bauch hielt und lachend in die Hocke ging. Das war zu lustig.
„Sasuke wollte sogar, dass wir es jedes Jahr machen!“, meinte Sakura bekümmert. Offenbar war das hier der Kompromiss, dass man es nur dieses Jahr macht. „Ja, er wurde richtig zickig, als wir ihm sagten, dass er etwas übertreibt und wollte dann gar nichts mehr machen!“, sagte Naruto. Kakashi ging zu Boden. Wenn die nicht bald aufhörten, dann bekam er keine Luft mehr vor Lachen. Er brauchte eine Weile, ehe er sich erholt hatte. Amüsiert wischte er sich die Tränen aus dem Auge und richtete sein Oberkörper auf, um ihn gegen den Balkon zu lehnen. Er sah Sasuke an und musste wieder lachen. „Jetzt reicht es langsam!“, fauchte Sasuke.
Kakashi hörte auf zu lachen und stand auf. Er war wieder ernst. „Entschuldige!“, sagte er. Zaghaft legte er seine Hand auf Sasukes Kopf. „Es passt nur nicht zu einem Badboy wie dir, dass du Weihnachten so liebst. Ich bin mir deiner vollen Zuneigung und Hochachtung natürlich bewusst und freue mich, dass du so an mir hängst, um mir eine Freude zu machen!“, ging Kakashi an. Naruto und Sakura strahlten. Sasuke konnte es nicht glauben! Die erkannten echt keinen Sarkasmus, dabei waren beide schon 12 Jahre alt! Sasuke schlug wütend Kakashi Hand weg. Kakashi sah ihn höhnisch an. Dass Kakashi ihn in den Arm nahm, darauf war der Junge nicht vorbereitet. „Ich danke dir, zu hoffnungsloser Weihnachtsfan!“, sagte er und wuschelte Sasuke durch die Haare, der sich dann wieder von Kakashi abstieß.
Wutentbrannt sah er Kakashi an, was sich aber änderte, als er Kakashi sah. Kakashi lehnte gegen das Geländer und hatte seinen Blick gesenkt. „Danke!“, sagte er leise. Er wischte sich erneut die Tränen aus den Augen. „Ich vermute mal, dass muss bis Weihnachten so sein?“, fragte Kakashi und ein bisschen Hoffnung lag in der Stimme. „Auf jeden Fall!“, sagte Naruto stolz. Kakashi ging in die Wohnung. Er setzte sich an den Tisch. Besser er brachte das auch gleich hinter sich. „Dann werde ich mir mal das Festmahl genehmigen!“, sagte er. Wieder war nicht zu sehen, wie er aß. Er hatte einfach was davon im Mund. „Wunderbar!“, sagte er mit Tränen im Auge. Sakura strahlte. Sasuke sah seinen Sensei belustigt an. Er aß es wirklich? Immerhin sah der Erwachsene fast so aus, als würde er gleich eine Lebensmittelvergiftung bekommen.
Sasuke beugte sich vor und sah Kakashi an. „Diese Botschaft im Badezimmer, von wem war sie?“, fragte er neugierig. „Botschaft?“, hörte man Naruto und Sakura gleichzeitig. Beide waren ins Badezimmer verschwunden. „Also, von wem? Das sind wirklich hübsche Brüste. Wem gehören sie?“, fragte Sasuke neugierig. Kakashi sah ihn mit hochrotem Kopf an. „hübsche….?“, stotterte Kakashi los. Sasuke richtete sich auf. „Lies auf der Rückseite. Wenn du weißt, wem sie gehören, darfst du sie in echt sehen!“, meinte Sasuke und verschränkte seine Arme hinter dem Kopf. Kakashi bekam noch mehr Farbe ins Gesicht. „Keine Ahnung von welchen Bild du redest!“, meinte Kakashi und stopfte sich was von dem grässlichen Zeug in den Mund.
Sasuke stieß sich vom Tisch ab. „Ich hab das Bild nie erwähnt!“, sagte Sasuke. Kakashi sah ihn wortlos mit hochrotem Kopf an. „Was hat er denn?“, fragte Sakura. „Nun, ihm war die Aktion auf dem Balkon doch etwas peinlich. Ich werde mich nächstes Jahr etwas mehr zurück nehmen und darauf achten, was Kakashi möchte und nicht ich!“, sagte Sasuke. Er sah seinen Sensei an. „Viel Spaß bei der Schnitzeljagd. Es gibt ein Zeitlimit bis Weihnachten!“, sagte Sasuke und verließ dann die Wohnung. „Zeitlimit?“, fragte Naruto und folgte Sasuke. „Ja, es wurde ein Geschenk versteckt, dass er nur bekommt, wenn er es rechtzeitig findet!“, meine Sasuke. „Ein Geschenk? Ist was zu essen?“, fragte Sakura. „Sozusagen!“, meinte Sasuke trocken. Kakashi schloss die Augen und sah mich hochrotem Kopf sein Essen an. Sasuke war viel zu erwachsen für sein Alter.
Kakashi sah sich um, als die Tür ins Schloss fiel. So schlimm war es eigentlich gar nicht. Er spuckte das Essen in den Mülleimer aus. Was für ein grässliches Zeug. Ihm war nicht bewusst, wie man sowas kreieren konnte. Er nahm das Foto erneut raus. Wer zum Teufel war das? Er sah sich die Rückseite an und las den Text. Sasuke hatte recht. Er musste die Dame bis Weihnachten drauf ansprechen. Sollte er etwa einfach alle Frauen fragen, ob sie mit ihm in die Kiste hüpfen wollten? Er seufzte. Er würde sich das nicht mal bei der richtigen Frau trauen. Er versteckte das Foto wieder in seine Kleidung. Tsunade schied schon mal aus. Ihre Brüste waren zu groß. Kurenai wurde passen, aber sie würde das nicht machen. Anko? Zu ihr wurde es passen und die Größe kommt auch hin. Sollte er sie wirklich fragen? Kakashi grinste. Besser er überprüfte das genauer. Aufgeregt verließ er nun auch seine Wohnung. Er musste unbedingt seine Freunde treffen.
Geschrieben von: June - 13.12.2020, 18:23 - Forum: The Others
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A/N: Bittet beachtet zu Eurer eigenen Sicherheit:
Wenn ihr Zeuge werdet, wie jemand ins Eis einbricht, betretet unter keinen Umständen die Eisfläche! Ruft den Rettungsdienst (DE: 112), gebt Euren Namen, den Unfallort und das Geschehen an und versucht dann, die Person durch Äste, Seile oder auch Hundeleihnen zu erreichen und ihr raus zu helfen.
Geht nicht auf das Eis!
Wenn ihr selbst eingebrochen seid, versucht ruhig zu bleiben, versucht nicht unter das Eis zu geraten und versucht Euch wieder raus zu ziehen.
Wenn das Eis vor Euch auch bricht, versucht es weiter zu zerschlagen und Euch dadurch zum Ufer durch zu kämpfen.
Betretet bitte nur Eisflächen, die ausdrücklich freigegeben sind!
Stay safe!
Und Türchen Nummer 13
(Zugegeben ist mir die Geschichte etwas davon gelaufen, ich wünsche trotzdem auf jeden Fall viel Spaß (: )
Heiß und Kalt
Der eiskalte Schnee brannte an seinem Nacken und der empfindlichen, dünnen Haut hinter seinen Ohren.
Der starke, kalte Wind wehte immer wieder gefrorene Schneeflocken vom Boden in sein Gesicht und er grunzte angestrengt.
Seine ganze Körperspannung, jeder Funken Kraft, den er aufbringen konnte, konzentrierte sich im Moment darauf, den Werwolf über sich, auch über sich zu halten, während die scharfen Fangzähne nach ihm schnappten und er nur mit Müh und Not die Handgelenk halten konnte, bevor die scharfen Krallen seinen Hals zerfetzten.
Dennoch war das gerade nicht sein größtes Problem - und das wollte schon etwas heißen.
“Cas!”, stieß er aus und drückte den Wolf kräftig von sich weg. “CAS!” Dean drehte den Hals, um einen Blick hinter sich, über sich, werfen zu können, den Abhang hinab, zu der tiefen Senke, in die der ehemalige Engel geschlittert war und wo seine dunkle Silhouette einen hellen Kontrast zu dem hell leuchtenden Schnee bildete. Er hatte einen heftigen Schlag abbekommen, bevor Dean den Werwolf in diesen Zweikampf verwickelt hatte.
Aber er hatte sich gerade bewegt, richtig?
Der Werwolf schnappte nach ihm und Dean wich den scharfen Zähnen durch eine schnelle Kopfbewegung aus, sein Nacken knackte dabei schmerzhaft, aber er nutzte die Chance, um einen Faustschlag gegen das Kinn seines Kontrahenten zu landen.
“Dean!” Eine Welle der Erleichterung durchfuhr ihn für einen Moment, als er Cas’ Stimme hörte, sein Körper reagierte währenddessen auf Autopilot.
Dean nutzte die Ablenkung, die Cas’ Ruf ausgelöst hatte, stemmte seine Beine nach oben und warf den Werwolf über sich den Abhang hinunter.
Für einen Augenblick erlaubte er sich einen Atemzug, bevor er vom Boden aufsprang und sich dem Geschehen kampfbereit zu drehte.
Aber der Werwolf hatte offensichtlich das Interesse an ihm verloren, denn nun, näher an Cas geworfen, machte er einen Satz zu eben jenem.
Dean sah aus den Augenwinkeln, wie Cas aus der halb liegenden Position aufsprang. In diesem Moment, hörte Dean das laute Knacken zum ersten Mal und etwas in ihm schrie warnend auf, auch wenn er es gerade nicht einordnen konnte.
Stattdessen warf er sich nach vorne, rutschte dabei über den Schnee und bekam den Fuß des Werwolfs zu fassen.
Beide stürzten; Dean spürte den kalten Schnee, wie er unter seine Jacke kroch, sich in sein Gesicht und seine Haare rieb, spürte einen Tritt von dem Werwolf gegen seinen Oberschenkel und schließlich - unten angekommen die scharfen Krallen an seinem Hals.
Seine Hände schnellten sofort nach vorne, fingen die andere Hand ab und versuchten die Umklammerung zu lösen.
Am Rand seiner Wahrnehmung machte Castiel eine schnelle Bewegung zu einem dunklen Punkt im Schnee: Die Waffe, die ihm während des Sturzes die Senke hinab abhanden gekommen war.
Dean hörte ein weiteres Knacken, lauter diesmal, näher, fast in demselben Moment, als sich ein Schuss löste und der Werwolf kopfüber auf ihn fiel.
Ein schnaubender Atemzug wurde aus seiner Brust gedrückt, als der leblose Körper auf ihm landete und er rollte ihn energisch von sich weg.
Seine Hände griffen an seinen Hals und er spürte die blutigen Kratzer, die die Krallen hinterlassen hatten, während er seinen erleichterten Blick zu Cas drehte.
Cas war nicht da.
Dieser eine Augenblick, obgleich es maximal wenige Sekunden gewesen sein konnten, zog sich in eine panische Ewigkeit.
Castiel war weg, dort, wo Dean ihn vorher noch aus den Augenwinkeln ausgemacht hatte, klaffte ein großes, dunkles Loch im weißen Schnee.
Castiel war weg.
Die Senke war nicht einfach nur eine Senke; Es war ein verdammter See. Ein verdammter, zugefrorener See.
Und Castiel war weg.
Ein zugefrorener See, mit einem großen, dunklen Loch - und Castiel war weg.
“CAS!” Dean war sich nicht einmal bewusst, dass er den Namen schrie, als die Dunkelheit in dem Loch auseinander brach und Cas’ Oberkörper japsend aus dem Wasser schoss.
“CAS!” Dean war vollkommen unbewusst in einem Reflex auf die Beine gesprungen und setzte dazu an, zu seinem Engel zu hechten.
Cas lag mit dem halben Oberkörper auf dem Eis, die Arme angewinkelt gegen den verbliebenen Schnee auf dem Eis und die nasse, rutschige Fläche gepresst.
“Dean, nein!” Er blieb abrupt stehen.
Dean konnte vom Ufer aus sehen, wie sehr Cas zitterte, konnte sehen, wie die Panik in seinen Augen gegen die Rationalität darin an kämpfte. Aber Cas schien zu gewinnen, er blieb ruhig und versuchte, sich vorsichtig aus dem Wasser zu ziehen.
“Du - würdest - auch -” Cas’ Stimme zwängte sich mühsam durch die klappernden Zähne, aber weiter kam er nicht, als auch der Teil des Eises abbrach, auf dem Cas sich abstützte.
Einen Moment blieb Deans gesamter Körper stehen, jede Faser kam zum Stillstand, sein Atem, sein Herz, sein Denken, als er den dunklen Haarschopf unter der Oberfläche verschwinden sah.
Er konnte nicht mal schreien.
Er war zu weit weg, um das Loch vom Ufer aus mit dem Arm erreichen zu können, aber ohne einen Sekundenbruchteil weiter nach zu denken, ging er auf alle viere, krabbelte auf das Eis und robbte dann bäuchlings zu dem Loch.
Er erreichte das Loch, als Cas sich gerade wieder durch die kalte Oberfläche kämpfte, griff nach seinem Arm, und hielt ihn fest.
“Cas”, Deans Stimme war gepresst, komprimiert mit den verschiedensten Emotionen, die am liebsten alles durchtränkt hätten, ihn am liebsten gepackt und mitgerissen hätten, in einen Strudel, aus dem er nicht mehr herauskommen würde. Aber Panik und Adrenalin waren alte Freunde, die sich in seiner Blutbahn trafen und er wusste, wie er die Kontrolle behielt. Sein Herz schlug so heftig gegen seinen Hals, das es fast schmerzte. Aber eine Panik - von egal welchem von Beiden - würde es nur schlimmer machen. “Bleib ruhig. Ich zieh dich jetzt raus, langsam, okay?”
Dean war sich nicht sicher, ob Cas nickte oder zitterte, aber er begann vorsichtig, seinen Engel aus dem See zu ziehen.
Die Sekunden wirkten wir Stunden, als er über das Eis zurück robbte, seine Hand fest um Castiels kaltes Handgelenk geschlungen, das so sehr zitterte, als wollte es sich aus seinem Griff befreien. Cas aber hielt sich fest, Dean würde morgen noch die Spuren davon sehen, da war er sich sicher. Aber im Moment war er dankbar dafür. Solange Cas sich festhielt, konnten sie das schaffen.
Zentimeter für Zentimeter schob Dean sich zurück, bäuchlings breit auf dem Eis liegend, während er Cas immer weiter hinaus zog.
Als Castiel endlich bis zu den Knien aus dem Wasser war und er sich mit einer letzten robbenden Bewegung ganz heraus schob, musste Dean einen erleichterten Aufschrei herunterschlucken.
Stattdessen zog er vor emotionen zitternd den Atem ein klopfte Cas fest auf die Schulter.
“Okay, komm, los!” Dean war fast wieder am Ufer, packte Castiel am klitschnassen Ärmel seiner Jacke - den Trenchcoat hatte er abgelegt, als er seine Flügel verloren hatte - und zog ihn zu sich.
Cas ließ sich widerstandslos vom Eis zerren und kauerte sich am Ufer klein zusammen, aber Dean Riss weiter an seinem Arm.
“Cas, komm schon!” Aber Cas bewegte sich nicht vom Fleck, sondern blieb weiter in sich zusammen gesunken auf dem Boden und schüttelte den Kopf.
“D-D-D-Dean, n-nur einen M-Moment, okay?” Sein gesamter Körper bebte von den zitternden Muskeln, die angestrengt versuchten, seinen Körper warm zu halten, seine Haut war weiß und fahl und seine Lippen blau. Dean musste einen Moment die Augen schließen, um sich zu sammeln, ehe er vor Cas in die Knie ging.
Er fasste das kalte Gesicht in seine Hände und drehte seinen Blick zu ihm.
In dem Augenblick, als Deans Hände Cas Haut berührten, seufzte er wimmernd und lehnte sich dagegen, während seine zitternde Hand sich um Deans Handgelenk schloss.
Dean lächelte wehmütig und fuhr mit dem Daumen sanft über Cas’ Wange.
“Cas, ich weiß, dir ist kalt, okay, aber je länger wir hier bleiben, desto schlimmer wird es, okay? Es sind fünf Minuten zum Motel - die müssen wir jetzt schaffen, okay?”
Er beobachtete, wie Cas fest die Augen zusammen kniff, als würde er sich wappnen, ehe er ruckartig nickte. Dean tätschelte ihm couragierend die Wange. “Guter Mann, komm hoch!”
Der Weg war anstrengend und in Deans Adern pochten nach wie vor eine panische Angst. Eine Unterkühlung war nicht auf die leichte Schulter zu nehmen und ihm war fast übel vor Sorge um seinen Engel. Cas gab sich die größte Mühe, seine zitternden Beine in Bewegung zu halten, aber Dean stützte ihn doch lieber, wobei er ihn manchmal regelrecht zog.
Cas’ Zittern wurde von Meter zu Meter schlimmer, aber er hatte sich mehrfach stoisch geweigert, Deans Jacke zu akzeptieren.
Sturer Mistkerl.
Als sie endlich am Motel angekommen waren, das wenigstens direkt am Waldrand lag, wurden seine Hände geradezu fahrig, als er nach dem Zimmerschlüssel suchte. Durch einen Hinweis von Cas fand er ihn in der Hosentasche, öffnete die Tür und schubste Cas regelrecht in das Zimmer.
Sein Engel kam stolpernd an dem Raumtrenner zum Stehen und lehnte sich schwer dagegen. Er zitterte heftig und fuhr sich mit den Händen über das Gesicht.
Dean riss die Tür hinter sich ins Schloss und war gerade noch so geistesgegenwärtig abzuschließen, ehe er zu dem kleinen Schränkchen auf der anderen Zimmerseite hechtete.
In jedem verdammten Motel, in dem er jemals gewesen war, waren dort weitere Kissen, Handtücher und Decken.
Er atmete erleichtert aus, als er auch diesmal Recht behielt und riss die meerblaue Wolldecke - sie war angenehm weich und warm unter seinen kalten Fingern - aus dem Schrank und stürzte zurück zu seinem Engel. Die Angst ein stetiges Pochen neben seinem Herzschlag.
Aber jetzt hatte er die Möglichkeit, das alles unter Kontrolle zu bekommen.
Cas stand immer noch unbewegt am Raumtrenner.
“Verdammt noch mal, Cas!”, entfuhr es ihm und er warf die Decke auf den kleinen Tisch neben der Tür und baute sich vor Cas auf.
“Dean, es brennt.” Seine tiefe Stimme, seine Lippen, seine Zähne, alles klapperte und zitterte. Cas hatte die Augen leidend zusammengepresst und fuhr sich energisch über das Gesicht, vermutlich um das stechende Brennen, das die warme Luft auf seinem unterkühlten Gesicht auslöste, in den Griff zu kriegen.
Dean fing seine Hände und drückte sie nach unten. Er spürte die frierende Vibration der Muskeln unter seinen Fingern und musste einen tiefen Atemzug nehmen.
“Zieh dich aus, Cas.” Ohne einen weiteren Moment zu verschwenden zog er den Reißverschluss von Cas’ nasser Jacke auf und schob sie von seinen Schultern.
Cas hielt für den Moment, abgesehen von dem Zittern, ganz still. Vermutlich um es Dean leichter zu machen, ihn von den nassen Klamotten zu befreien.
Dean zog auch den Reißverschluss des Hoodies auf, streifte ihn ab und löste dann vorsichtig den nassen, kalten, klebenden Stoff von Cas’ T-Shirt von seinem Körper, während er ihn nach oben schob.
Seine Finger streiften dabei die Haut, spürten die kleinen Erhebungen der Gänsehaut, die Kälte, die davon ausging und Dean schluckte hart.
Das war auf so vielen Ebenen falsch, aber die größte, die Hervorstechendste - neben der Tatsache, das er überhaupt daran dachte - war, dass Cas kalt war.
Es war dumm, geradezu dämlich und falsch (auch auf so vielen verschiedenen Ebenen), aber dennoch hatte er es sich oft vorgestellt. Wenn er manchmal allein war, in seinem Zimmer und die wenigen friedlichen Momente für sich nutzte, hatte er sich vorgestellt, wie er Cas’ Shirt hochschob. Wie seine Finger über die Haut glitten, die heiß sein müsste, wie Cas unter seinen Händen schaudern würde vor Hitze, nicht zitternd vor Kälte.
Aber das hier war keine dumme, haltlose Traumvorstellung und Dean räusperte sich hart, um sich in die Realität zurück zu holen.
Cas brauchte hier seine HIlfe und er beschwerte sich wegen seiner pubertierenden Sexvorstellungen.
“Komm, Arme hoch.” Seine Stimme war zu rau für den Moment.
Er spürte Castiels blaue Augen auf sich, tief und durchdringend und halb erfroren, aber Cas folgte seiner Anweisung und hob die Arme. Dean schob das T-Shirt behutsam über seinen Kopf und ließ es auch zu Boden fallen.
Er verkniff sich, seine Finger über Cas’ Hals gleiten zu lassen, seine Arme, seine Seiten, wie er es sich so oft vorgestellt hatte, verkniff sich, sich vorzustellen, wie Cas dabei die Augen schließen würde, schaudern wurde, vielleicht sogar wohlig seufzen, und griff stattdessen gleich nach der Gürtelschnalle.
Sie war so kalt, dass sie sogar in Deans Fingern schmerzte, aber er öffnete sie, fädelte den Gürtel heraus und ploppte den Jeansknopf auf.
Seine Daumen schoben sich an Cas’ Hüften vorbei unter den nassen, kalten, klebenden Stoff seiner Boxershorts und Jeans, aber gerade, als er beides nach unten schieben wollte, spürte er Castiels zitternde Hand an seinem Handgelenk.
“De-Dean, was…?”
Dean brauchte einen Moment, um seinen Blick von seinem Handgelenk zu lösen, seine Emotionen in den Griff zu kriegen und Cas verhältnismäßig neutral an zu blicken. Er schluckte einmal, bevor er lächelte, die Sorge zog dabei deutlich an seiner Stimme: “Cas, deine Klamotten sind klitschnass, wir kriegen dich so nicht warm. Du musst dich ausziehen, okay? Dann wickeln wir dich in die Decke und - und es geht dir gleich besser, okay?”
In Cas’ blauen Augen veränderte sich etwas, eine minimale Verschiebung, die einem kaum auffallen würde, äußer man kannte diese Augen bis ins letzte Detail, ehe sein Blick sich löste und er weg sah, seine Hand losließ, nickte.
“Oh. Ja. - D-Das klingt… nachvollziehbar.”
Dean schnaubte mit einem halben Lächeln und schob die Kleidung von Castiels Hüften.
Bevor er schwach werden konnte und sich seine Augen selbstständig machten, wandte er sich um und griff nach der Decke. Er breitete sie aus, warf sie Castiel um die Schultern und schlang sie fest um ihn.
Er rieb über die Decke, über seine Schultern und lächelte aufbauend.
Cas hatte in diesem Moment die Augen geschlossen und lehnte sich gegen die Berührung, offensichtlich die Wärme genießend, die nun eine Chance hatte, zu ihm durchzudringen.
Castiels Lippen waren immer noch bläulich, seine Haut immer noch fahl und sein Körper zitterte unkontrolliert.
Es brach Dean fast das Herz. Aber jetzt konnte er ihm immerhin helfen, jetzt waren sie im Warmen und solange Cas zitterte und aus den nassen Klamotten raus war, war die Hälfte schon geschafft.
Seine Daumen zeichneten sanfte, beruhigende Kreise über die Decke auf Cas’ Schultern.
Die Angst um seinen Engel schlug zwar immer noch in seinem Hals, aber es war mehr zu einem dumpfen Hintergrundklopfen geworden - er hatte ihn ins Warme geschafft. Jetzt musste er sich nur noch zusammenreißen, um nicht in unpassende Gedanken-Gefilde abzudriften, nur weil Cas gerade nackt und hilflos war, dann würden sie das alles schon hinbekommen.
Dean atmete fast etwas erleichtert aus.
Das würde er schaffen.
Als sich seine Hände von Cas’ Schulter lösten, sackte sein Engel beinah zusammen, als wäre eine unsichtbare Anspannung, die ihn aufrecht gehalten hatte, auf einmal verschwunden, als wären die Schnüre, die ihn aufrecht hielten, gekappt worden und Dean zögerte keinen Sekundenbruchteil, um ihn zu stützen.
Cas drückte sich zitternd an ihn und schmiegte seine kalte Nase in die kleine Kuhle an Deans Hals.
Nur seine kalte Nase, nicht seine Lippen, heiß und feucht und - verdammt nochmal, Winchester!.
Dean spürte den schaudernden Atem an seinem Hals und schloss einen Moment die Augen.
Er schlang die Arme um das zitternde Bündel und fuhr mit dem Kinn sanft durch die dunklen, nassen Haare.
Er musste schlucken, bevor er sprechen konnte.
“Hey, Buddy”, er zog Cas näher. “Komm, leg dich ins Bett.” Er hatte seinen Arm um seine Taille gelegt, führte ihn vorsichtig und langsam, damit die zitternden Beine nicht nachgaben, zum Bett und drückte mit der anderen Hand sanft Cas’ Kopf auf seine Schulter.
“Es - ist kalt.” Seine Zähne klapperten und Dean schnaubte lachend.
“Ich weiß, mein Engel, komm, leg dich hin”, murmelte er in die dunklen Haare und schob ihn vorsichtig auf das Bett.
Cas folgte widerstandslos und rollte sich noch etwas mehr in die weiche Wolldecke.
Es dauerte einen Moment, bis Dean bemerkte, das seine Hand nach wie vor in Cas’ Nacken lag und er lächelte schief, ehe er mit dem Daumen über Castiels Wange fuhr.
Seine Haut war so kalt. Deans Lächeln bekam eine besorgte Färbung, aber er drückte es nach unten auf den Boden seines Magens: Es war alles in Ordnung.
Er war gerade im Begriff, seine Hand - endlich, Dean, jetzt! ist nicht der Moment für so etwas - von Cas’ Wange zu lösen, als seine Hand sich durch die Decke schlängelte und ihn festhielt.
Dean runzelte die Stirn, aber Cas blickte ihn direkt an, auch wenn er dabei etwas schüchtern wirkte.
“Kannst du…” Cas räusperte sich, ehe er einen frierenden Atemzug nahm. “Du bist… so warm.”
Dean öffnete den Mund, schloss ihn wieder, lachte schief, aber Cas blickte ihn weiter an.
“Bist du… sicher?” Sein Daumen fuhr ohne sein Zutun weiter über Castiels Wange und er beobachtete gebannt, wie sich Cas dagegen schmiegte, ehe er nickte.
Einen Moment kam Dean der Gedanke, ob Cas überhaupt verstand, was das bedeuten würde. Immerhin - war er nackt. Und Dean wäre nicht nackt, was natürlich - gut war. Aber vermutlich fand Cas das nicht im mindesten komisch. Nein, Cas ging es nur darum, dass ihm kalt war - und das Dean ihm helfen könnte. Und das wäre auch nicht merkwürdig. Immerhin war Cas ins Eis eingebrochen und Dean war mehr als froh, über alles, womit er ihn wärmen konnte.
Daran gab es nichts ungewöhnliches. Für Sam würde er das genauso tun.
Dean lachte fast etwas unruhig, nickte aber.
“Okay”, er löste die Hand von Cas’ Wange und fuhr durch die feuchten Haare. “Klar.”
Dean zog seine eigene Jacke aus, ebenso wie seine Schuhe, unter den wartenden Augen von Cas, der sich bis zur Nasenspitzen in die Wolldecke gewickelt hatte. Er rutschte etwas zur Seite, als Dean sich gegen das Kopfende lehnte und die Beine auf das Bett legte. Als Dean einladend den Arm hob, rutschte Cas augenblicklich an seine Seite.
Wieder presste sich die kalte Nase gegen seinen Hals und er konnte spüren, wie Cas genießend ausatmete. Dean unterdrückte ein wohliges Schaudern, bei dem Gedanken wie nah Cas war, wie gut sich sein Atem gegen seine Haut anfühlte.
Er nickte, um sich in der Realität zu halten, daran festzuhalten, wie viel Sorge immer noch in seinem Hals schlug und wie sehr Cas ihn gerade brauchte - nicht seine unangemessenen Gedanken - und schlang einen Arm um Cas’ Schultern, ehe er wie von selbst die Hand in seinen Haaren vergrub. Sie waren immer noch nass und er kämmte mit den Fingern durch die dunklen Locken.
Cas’ Körper war fest gegen ihn gegen ihn gedrückt und er spürte das Zittern der Muskeln an jeder Stelle, die er berührte.
Er strich mit Kinn, Nase und Wangen immer wieder beruhigend über Cas’ Kopf, versuchte ihn enger zu halten, näher, wärmer, aber das Zittern ebbte kaum ab.
Dean spürte, wie Cas zitternde Finger sich in seinen Pullover krallte und er blickte nach unten, auf seinen eingewickelten, zitternden Engel und fuhr sich einmal mit der Zunge über die Lippen, ehe er sich selbst zu nickte.
Das brachte so nichts.
Wie von selbst drückte er einmal die Lippen auf Cas’ dunklen Haarschopf, ehe er mit der Wange darüber fuhr.
“Cas, warte kurz, okay?”, murmelte er gegen die kalte, rote Ohrmuschel und Cas blickte ihn mit großen Augen an, ehe er langsam nickte.
Dean stieg aus dem Bett, knöpfte sein kariertes Hemd auf, zog den Pullover aus und schob sich die Jeans über die Hüftknochen, seine Boxershorts behielt er natürlich an.
Als er sich umdrehte und sah, wie gebannt, aber irgendwie schüchtern, Cas ihn dabei beobachtete, wurde er fast rot.
Dean räusperte sich und lächelte nonchalant, ehe er zurück ins Bett stieg.
“Damit wird dir schneller wärmer -” - “Ja, definitiv.” - “-weil die Kleidung die Körperwärme nicht eindämmt. - Was?”
Cas blickte ihn einen Moment verdutzt an, schüttelte dann aber den Kopf.
“Eh, ja, das - das ist besser, wegen… ” Cas lächelte leicht. “Wegen… wegen der Körperwärme.”
Dean räusperte sich leicht, man das hier wurde wirklich - merkwürdig.
Er löste Cas etwas aus der Umklammerung der Decke und drapierte sie auch über sich, ehe er den Körper darunter an sich zog - und sehr angestrengt nicht daran dachte, dass Cas im Gegensatz zu ihm komplett nackt war.
Er konnte fühlen, wie sein Engel einen Moment zögerte, ehe er sich komplett gegen ihn drückte.
Dean spürte das erleichterte, genießende Seufzen an seinem Hals, die kalten Hände, die sich um seinen Brustkorb schlangen und wie Cas ihre Beine miteinander verschlang.
“Danke”, hörte er leise gegen seinen Hals und schloss die Augen, während sein Arm sich wieder um Cas’ Schultern schob und er mit der Hand sanft über seinen Nacken strich.
“Klar, mein Engel.” Er flüsterte die Worte gegen seine Schläfe und gab sich einen Moment dem Gefühl hin, Cas so nah an sich zu spüren.
Seine Haut war immer noch so kalt, dass Dean fast schauderte, wo er ihn berührte, aber das Zittern ebbte jetzt allmählich ab. Seine Haut hatte auch eine gesündere Farbe angenommen und war gerade im Gesicht nicht mehr fahl sondern leicht rötlich.
Dean stufte das als gutes Zeichen ein.
“Wird dir schon wärmer?” Er wusste nicht, wie lange sie hier schon lagen, aber seine Nase fuhr über die kleine Kuhle in Cas’ Wange und über sein Jochbein, hinauf an seiner Schläfe in die mittlerweile trockenen Haare.
Cas brummte leise. Sein Gesicht war gegen Deans Hals und Schlüsselbein gepresst und er konnte spüren, wie sich die Lippen zu einem Lächeln verzogen
“Wenn ich ja sage, lässt du mich dann los?”
Dean wäre fast rot geworden, wenn er sich nicht gerade noch rechtzeitig ins Gedächtnis rief, wie knapp das hier gewesen war. Cas war ernsthaft in Gefahr gewesen - er verstand, wieso er ihn als Wärmespender im Moment nicht verlieren wollte.
“Natürlich nicht”, antwortete er daher und drückte unbewusst seine Lippen erneut gegen Castiels Haarschopf.
Dieses Mal klang das raue Brummen fast wie ein kleines Lachen.
Dean konnte spüren, wie Cas’ lange Wimpern über seinen Hals glitten, als er die Augen öffnete.
“Ich hatte heute Angst”, kam die tiefe Stimme dann leise über seine Lippen. “dass der Werwolf dich ernsthaft verletzt.” Dean spürte, wie Cas’ Finger vorsichtig über die Kratzer an seinem Hals fuhren, die er selbst schon wieder vollkommen vergessen hatte. Ein warmes Gefühl stieg in seiner Brust auf, aber er schob es nach unten. Cas hatte das nicht so gemeint.
“Sagt der Idiot, der ins Eis einbricht und dafür sorgt, dass mir fast das Herz stehen bleibt.”
Er konnte spüren, wie Cas entrüstet tief Luft holte.
“Ich bin doch nicht mit Absicht…!”
“Ich weiß, ich weiß”, unterbrach Dean ihn mit einem Schmunzeln, sank etwas weiter nach unten und zog Cas mit. Seine Finger strichen sanft über seinen Rücken und seine Seiten. “Aber du hast mir auch - wirklich Angst gemacht.” Er vergrub seine Nase wieder in den dunklen Haaren. Sie rochen nach Regenwasser und Wind. Dean merkte es sich.
Cas summte leise gegen seinen Hals und schmiegte sich näher an.
Dean schloss die Augen.
Glück im Unglück nannte man sowas wohl.
Es dauerte nicht mehr lange, bis Dean spürte, wie sich Cas’ Atemzüge veränderten, tiefer wurden, ruhiger, und er zog die Wolldecke enger um sie beide, ehe er auch langsam einschlief.
Mit Cas im Arm aufzuwachen war in seiner Vorstellung an verschlafenen Sonntagmorgen immer schön gewesen.
Er hatte sich noch halb im Land der Träume vorgestellt, wie Cas sich gegen ihn schmiegte, wie er leise brummte mit dieser tiefen, vibrierenden Stimme an seiner Brust und ihn die dunklen Haare am Kinn kitzelten.
Die Realität war deutlich panischer.
Deans Atem stockte einen Moment, halb verwirrt, halb panisch, als er aufwachte und Cas eng an ihn geschmiegt war. Sein Engel hatte die Arme um seinen Hals geschlungen, ein Bein mit seinem verschränkt und das andere über seine Hüfte gelegt. Dean selbst war nicht wirklich besser, wenn er sich so bewusst wurde, wie eng seine Arme sich um Cas’ Rücken geschlungen hatten und wie sehr er seine Nase in Castiels Haare und Nacken graben hatte.
Und das war definitiv zu nah.
Vor allem, da ihn, als Cas sich schlafend gegen ihn schmiegte, wieder bewusst wurde, dass der andere nackt war.
Dean schluckte hart, löste vorsichtig die Umklammerung, in der er Cas gefangen hatte und zog seinen Arm zurück.
Cas brummte im Schlaf und rollte sich etwas zusammen, was Dean dazu brachte, ihn noch einen Moment lang genauer anzusehen.
Die Farbe war in sein Gesicht zurückgekehrt, seine Haaren waren wild und durcheinander, seine Lippen waren leicht geöffnet.
Ohne, dass er es wirklich bemerkte, zog sich ein schiefes Lächeln über sein Gesicht und er streckte die Hand aus, um noch einmal über Cas’ Wange zu streichen.
Verdammter Idiot.
Er hatte sich wirklich Sorgen gemacht.
Aber die Ausrede war jetzt vorbei, Cas ging es besser und sie sollten zusehen, dass sie hier weg kamen.
Wenn er sich recht erinnerte, hatten sie gestern Nacht nämlich jemanden erschossen.
Dann räusperte er sich und schob sich vorsichtig aus dem Bett, bevor Cas aufwachen würde. Er zog die weiche Wolldecke noch etwas weiter nach oben und konnte beobachten, wie Cas sich dagegen schmiegte.
Dean schnaubte ein leises Lachen, wandte sich dann aber fast energisch ab, um seine Sachen anzuziehen und die Taschen zu packen.
Er würde Cas so lange schlafen lassen, wie es ging.
Es dauerte auch nicht lange, er hatte gerade die letzte Tasche gepackt, als er vom Bett eine Bewegung wahrnahm.
“Dean?” Cas setzte sich verschlafen auf, fuhr sich durch die ohnehin unordentlichen Haaren und blickte sich verwirrt um, bis er den Gesuchten ausgemacht hatte. Ein schiefes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. “Hallo, Dean.”
Dean löste seine Augen davon, wie die Wolldecke über Cas’ Schultern hinab gerutscht war und einen Teil seiner Brust freigelegt hatte.
Er lachte unsicher und räusperte sich.
“Hey, Cas. Geht’s dir besser?”
Dean drehte sich schnell wieder zurück zu der zu packenden Tasche.
Gestern - gestern war etwas anderes gewesen. Gestern hatte Cas seine Nähe gebraucht, seine Wärme, und er hatte sein Urteilsvermögen großflächig von seiner Sorge verdecken lassen. Aber jetzt war ein neuer Morgen und er sollte den anderen nicht so anstarren.
Dean konnte hören, wie Cas aus dem Bett stieg und blickte sich um.
Er hatte sich die Wolldecke um den Körper geschlungen und wieder fiel Dean heiß ein, dass er darunter nackt war, aber er schob den Gedanken beiseite und lächelte.
Cas nickte nur auf seine Frage und erwiderte das Lächeln.
“Ja, uhm, viel besser.”
Dean nickte, holte ein paar Klamotten aus der Tasche - Cas’ Sachen von gestern waren noch nicht trocken geworden, dafür hätten sie sie aufhängen müssen, aber Dean hatte glücklicherweise eine Ersatzgarnitur im Seesack gefunden. Eher hätte er Cas nur in der Wolldecke zurück zum Bunker gefahren, bevor er ihn nochmal in die nassen Klamotten gesteckt hätte.
Seine Zunge fuhr über seine Lippen, als er die Kleidung über den Tisch, auf dem er gerade die Tasche gepackt hatte, in Richtung Cas schob, ehe er den Reißverschluss zuzog.
“Das ist toll.” Er hob einen Moment den Kopf, um dem ehemaligen Engel ein leichtes Lächeln zu schenken, klopfte nochmal final auf die Tasche und hob sie dann hoch. “Du - eh - solltest dich anziehen. Wir sollten wirklich los, bevor jemand die Leiche findet.”
Cas legte den Kopf schief und runzelte leicht die Stirn.
Dean zog eine Augenbraue hoch.
“Was?”
“Alles in Ordnung?”
Dean richtete sich von seiner leicht gebückten Haltung (er hatte nochmal mit dem Reißverschluss genestelt) auf und blickte Cas kurz verwirrt an, dann wieder auf die Tasche.
“Ja, warum fragst du?”
Er musste nichtmal hinsehen, als er hörte, wie Cas aus atmete, um zu wissen, dass der ehemalige Engel mit den Augen rollte.
“Dean”, setzte er an und kam auf Dean zu. Er blieb direkt vor ihm stehen und sah ihm in die Augen. Cas suchte offensichtlich nach einem Wort, öffnete leicht die Lippen, ließ seine Augen über Deans Gesicht gleiten und schien dann auf einmal eine Entscheidung getroffen zu haben.
Zumindest begann er leicht zu lächeln, ehe er die Hand hob und sie in Deans Nacken legte.
Sie war warm und weich und Deans Augen schlossen sich einen Moment, ehe er seinen Fokus zurück zu dem Mann zwang.
“Cas…?” Er deutete mit den Augen zu Castiels Hand, aber Cas lächelte nur leicht, ehe er sich, immer noch nur in die Decke gehüllt, gegen ihn lehnte, sein Kopf in die Kuhle von Deans Nacken gepresst und er konnte spüren, wie Cas langsam ein und ausatmete.
Dean schloss nochmals die Augen und versuchte die Gänsehaut abzuschütteln.
Das war gestern Abend okay gewesen - jetzt war das nur merkwürdig. Dean machte es merkwürdig. Für Cas war es vermutlich nur eine - eine - nur irgendeine Geste, an der er seit gestern Gefallen gefunden hatte, ohne wirklich zu verstehen, wie nah er Dean damit war.
“Ich hatte gehofft, ich kann neben dir aufwachen”, hörte er die leise Stimme an seinem Hals und er atmete einmal tief durch, ehe er einen Schritt zurück machte und sich so von Cas löste. Die Furchen auf Cas’ Gesicht wurden tiefer und Dean - also, er wurde nicht rot aber er lächelte schief und deutlich unsicher. Cas verstand das Menschsein noch nicht richtig, er wusste nicht, dass man so etwas nicht - einfach nicht sagte.
“Ja, aber - also - wir müssen los.”
“Dean?”
“Wir hätten eigentlich schon gestern Abend abhauen sollen, wenn wir ehrlich sind, aber das - das ging natürlich nicht. Und gestern abend war das auch vollkommen in Ordnung -”
“Dean.”
“Aber wir sollten unser Glück wirklich nicht überstrap-”
“Dean!”
“Was?!”
Dean warf hilflos die Arme in die Luft und drehte sich wieder zu Cas, nachdem er mehr schlecht als recht versucht hatte beschäftigt auszusehen.
Cas trug die Decke mittlerweile wie eine Toga und hatte die Arme ungeduldig vor der Brust verschränkt.
“Was ist los?” Seine Stimme war tief, warm und sonor und etwas in Dean schauderte leicht.
“Nichts ist los!”, wehrte er ab und fuhr sich einen Moment später mit der Hand über die Haare, ehe er ergeben schnaubte. “Cas, das gestern abend - das war -” Dean atmete einmal betont aus. Okay, die Situation würde nur noch merkwürdiger werden. Cas verstand es einfach nicht, er musste es ihm nur sagen, dann wäre das alles geklärt. “Das war ziemlich - intim.”
Cas zog eine Augenbraue hoch, aber Dean bemühte sich unbeirrt fortzufahren. “Und - das war gestern abend vollkommen okay, weil - weil - weil ich wirklich Angst um dich hatte, okay? Aber - das” Er machte eine hilflose Geste zwischen sich und Cas, die nicht mal für ihn wirklich etwas aussagte. “Also - heute ist das anders.”
“Ich weiß, dass das sehr intim war.”
Dean musste vollkommen verdattert aussehen, zumindest, wenn man Cas’ leises Lachen richtig bewertete.
“Ich weiß, dass das sehr intim war, aber ich dachte -” Er unterbrach sich um sich einmal unsicher die Lippen zu benetzen, auch wenn Dean nicht glaubte, dass er sich dessen überhaupt bewusst war. “Ich dachte, du würdest - du hättest, das - gewollt.”
Dean schüttelte augenblicklich den Kopf und hob abwehrend die Hände.
“Nein! Nein!, ich, das hab ich nicht gewollt!”
Er hatte es mit jeder Faser genossen, aber bestimmt nicht gewollt, dass das passierte. Allen voran das ins Eis einbrechen, der Rest des Abends war auf der Wollen-Skala verhandelbar.
Cas Augen verengtens ich wieder zu den kleinen, nachdenklichen Schlitzen und er legte den Kopf auf die andere Seite.
“Wieso… Wieso hast du es dann gemacht?”
Dean holte tief Luft für eine breite, aussagekräftige Erklärung, aber als Cas seine Augenbraue hochzog, blieb ihm die Luft weg und er japste hilflos nach ein paar Wörtern.
“Weil ich Angst um dich hatte, okay? Du hättest, du weißt wahrscheinlich gar nicht, wie ernst das gestern war, Cas. Du hättest erfrieren können, oder unters Eis geraten oder - Na, der Werwolf war auch noch da! Das war ernst!”
Castiel schüttelte verwirrt den Kopf.
“Und deshalb hast du mir Kosenamen gegeben und mich geküsst?”
Dean hob protestierend den Finger.
“Ich habe weder das eine, noch, das andere!”
Die verwirrten Furchen in Cas’ Stirn bekamen langsam eine wütende Tiefe und Dean fragte sich, wo er falsch abgebogen war.
“Doch, das hast du.”
“Ach ja? Wann?”
“Du hast mich deinen Engel genannt!”
“Hab ich nicht - und außerdem bist du ein Engel.”
“Ich war ein Engel.”
“Du hättest draufgehen können!”
Diesmal war es an Cas frustriert die Arme in die Luft zu werfen, wobei sich der lockere Knoten der Wolldecken-Toga löst. Cas bekam den Stoff zu fassen, bevor er ganz hinab fiel, aber er zeigte jetzt dennoch eine großzügige Portion von Cas’ Hüftknochen (an denen Deans Blick einen Moment hängen blieb).
“Dean, ihr Menschen könnt ständig draufgehen! Ist dir eigentlich klar, wie vielen Bakterien, Viren und Mikroorganismen du jeden Tag ausgesetzt bist? Ganz zu schweigen von Haushaltsunfällen oder Autounfällen, oder dem Fast Food, das du so gerne isst! Von der Umweltverschmutzung, den Abgasen und dem Ablagerungen in den Wasserleitungen, fange ich gar nicht erst an! Ihr seid ständig und immer an der Grenze des Todes!”
Dean öffnete den Mund, um irgendwas zu erwidern, ließ ihn aber mit einem hörbaren Klicken wieder zuklappen, als er Cas’ dunkelblauem Blick begegnete. Cas fuhr sich erneut, diesmal eher als selbst beruhigende Geste gemeint, mit der Zunge über die Lippen und sich selbst durch die Haare und dann über das Kinn und den Mund.
“Entschuldige. Ich dachte nur -” Er brach ab und schnaubte ein enttäuschtes Lachen. “Ich dachte, jetzt, wo ich - wo ich auch ein Mensch bin, da - wäre das alles einfacher.” Er blickte Dean direkt an. “Wir.”
Dean hätte am liebsten gleich etwas gesagt, aber er brauchte noch einen Moment um das gesagte zu verstehen, aber auch mehrere Augenblicke machten es nicht klarer.
“Wir?” Seine Stimme klang heiser.
Cas schüttelte den Kopf.
“Ich dachte, jetzt, wo ich kein Engel mehr bin, könnte ich - könnten wir… Ich dachte, du fühlst auch so. Ich dachte, deshalb…” Sein Blick glitt zum Bett. Dann räusperte er sich und schüttelte den Kopf. “Ich hab deine Sorge falsch interpretiert. Entschuldige bitte, Dean. - Ich zieh mich an, dann können wir los.”
Dean war wie vom Donner gerührt.
Er war sich ziemlich sicher, dass sein Herz stehen geblieben war, vor ein paar Minuten bereits, als Cas angefangen hatte zu reden und seine Atmung musste wohl auch ausgesetzt haben.
Hatte er das gerade richtig verstanden?
Hatte Cas das gerade wirklich gesagt?
“Cas, ich -” Nicht der beste Anfang, also machte er einen halben, hilflosen Schritt auf seinen Engel zu.
Aber Cas winkte ab.
“Es ist in Ordnung. Es tut mir wirklich leid, dass ich das falsch interpretiert habe.”
Dean suchte immer noch nach Worten, während er nah an Cas stand, der die Kleidung näher an sich zog und kurz sondierte, was er da vor sich hatte. Aber er hatte keine Worte, also folgte er demselben Impuls wie Cas vorhin - und legte seine Hand in Cas’ Nacken.
Cas hob den Blick mit gerunzelter Stirn und sah ihn fragend an, aber Dean konnte nur hilflos den Kopf schütteln.
“Cas, ich wusste nicht, dass du-” Sein Engel zog eine Augenbraue hoch - und machte ihn damit mundtot. Er atmete einmal tief durch, schloss dabei sogar die Augen und schnaubte dann ein Lachen, ehe er sich nach unten beugte.
Kurz vor Cas’ Lippen hielt er inne, suchte in Cas’ Blick so etwas wie eine Zustimmung, eine Erlaubnis, fand aber gerade nur Unglauben.
Das würde reichen müssen.
Also überbrückte er die letzten Millimeter und presste seine Lippen auf Castiels. Fast augenblicklich spürte er, wie sich Cas gegen ihn lehnte, mit beiden Armen seinen Hals umschlang und den Kuss erwiderte.
Ehrlich gesagt wusste Dean nicht, was er von dem Kuss erwartet hatte, hatte er vor einer halben Minuten doch noch nicht einmal gewusst, dass er ihn küssen würde, aber die Gier und den Hunger, den Cas in den Kuss legte, hatte er bestimmt nicht erwartet.
Dean musste in den Kuss grinsen, während er ihn genauso heftig erwiderte. Cas’ Zunge war bereits tief in seinem Mund, seine Hände in den seinen kurzen, blonden Haaren, sein Körper ganz und gar gegen seinen gepresst.
Er schlang die Arme um Cas, um seinen Rücken, drückte ihn näher, enger, und glitt die weiche Haut an seinen Seiten entlang, bis er an den Hüften angekommen war.
Die Decke war verschwunden, aber das konnte Dean im Moment nicht weniger stören, als er Cas an den Hüften packte, hochhob und mit ihm eine halbe Drehung machte, um ihn auf den Tisch zu setzen. Wie von selbst schlang Cas danach seine Beine um Deans Hüfte, zog ihn näher, gieriger und hungriger und Dean seufzte tief in den Kuss.
Dean stützte sich mit einer Hand auf dem Tisch ab, während die andere um Cas’ Rücken ihn eng bei sich hielt. Er seufzte wohlig, stöhnte leicht, als Castiel seine Hände durch seine Haar gleiten ließ, über seinen Hals und Nacken und er musste sich eingestehen, dass sich die meisten Vorstellungen, die er in den Für sich Momenten von Castiel gehabt hatte, gerade revidierten - zu einer deutlich intensiveren Vorstellung.
Ein schnaubendes Lachen entkam ihm, als sich beide voneinander lösen mussten, um ein paar Atemzüge Sauerstoff in ihre Lungen zu bekommen. Cas’ Finger glitten dabei fahrig über Deans Wange, seine Lippen, seinen Kiefer, während Dean sich nicht von den tiefen, blauen Augen lösen konnte.
Er grinste schief.
“Okay, jetzt hab ich dich geküsst, aber das mit den Kosenamen werde ich weiter bestreiten”, er schnappte nach noch einem Kuss, “mein Engel.”
Cas lachte leicht auf und schüttelte den Kopf.
Er öffnete die roten, feuchtgeküssten Lippen um etwas zu sagen, als er auf einmal den Blick abwandte.
“Dean!”
Immer noch sehr nah an Wolke sieben, Cas halb auf dem Tisch liegend, an ihn gepresst, seine Beine um seine Hüfte, fuhr gerade mit der Nase über die weiche Haut an Cas’ Hals, als er den Ausruf hörte und blickte mit einem dümmlich glücklichen Grinsen auf - das ihm sofort auf den Lippen gefror.
“Scheiße, die Cops!”
Das blaurote Blinken auf der Straße neben dem Motel war unverkennbar.
Dean griff in Cas’ Haare, drehte seinen Kopf zu ihm und presst ihm nochmal einen kurzen, aber festen Kuss auf.
Etwas in ihm blitzte fröhlich auf, als ihm die Selbstverständlichkeit dieser Bewegung klar wurde.
“Schnapp dir die Decke - und zieh dich unterwegs an.”
Es kostete Dean etwas Überwindung, sich von Cas zu lösen, der vermutlich genauso dümmlich grinste wie Dean gerade, aber er schaffte es, zog sich seine Jacke an und schnappte sich beide Taschen.
Cas schlang die Wolldecke um seinen Körper, schnappte sich das Bündel Kleidung und tapste Dean, fluchend über den kalten Boden, zu Baby hinterher, die glücklicherweise direkt vor dem Eingang stand. Er setzte sich schnell auf den Beifahrersitz, während Dean die Seesäcke in den Kofferraum warf, und blickte sich um, um zu sehen, ob die Polizei bereits das Motel untersuchte, aber offensichtlich waren sie im Moment noch mit dem Wald beschäftigt.
Dean ließ sich neben ihn auf den Fahrersitz fallen, startete Baby und lenkte sie auf die Straße, schnell und weit weg Richtung Bunker. Dabei drehte er die Heizung auf und grinste.
“Nur”, zuckte er mit den Schultern, “falls du dir mit dem Anziehen Zeit lassen möchtest.”
Cas verdrehte die Augen, aber Dean konnte an dem kleinen Grübchen in seiner Wange das Amüsement sehen.
“Du hast mich vor nicht mal fünf Minuten zum ersten Mal geküsst und wirst schon unanständig.”
“Sagt der Mann, der nur eine Wolldecke trägt.”
Cas schlug ihm gegen den Oberarm und Dean lachte, als er neben der Heizung auch das Radio etwas lauter drehte.
Cas könnte sich auch gerne Zeit lassen, aber Dean würde das mit der Decke nicht erklären.
Geschrieben von: Twister - 12.12.2020, 21:27 - Forum: The Others
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Hi, das hier ist Türchen Nummer 12. Da ich weiß, dass One Piece nicht so bekannt ist, hier ein paar Eckdaten:
Law ist der Kapitän der Heart Piraten. Seine engsten Vertrauten sind Penguin, Shachi und Bepo. Bepo ist zudem ein Mink (Tier, das lebt wie ein Mensch und sich auch so verhält) der Sorte Eisbär.
Die Strohhüte sind seine Allianzpartner und die sitzen alle zusammen auf der Thousand Sunny (Schiff der Strohhutbande). Zu den Strohhüten gehören: Ruffy (Kapitän), Zorro, Sanji, Nami, Lysopp, Brook, Franky, Chopper und Robin. Robin besitzt eine Teufelskraft, die ihr erlaubt, ihre Körperteile zu duplizieren oder sie in der Nähe aus dem Boden wachsen zu lassen. Das geht soweit, dass sie perfekte Double von sich selbst erstellen kann.
So, nun nach der Einführung wünsche ich viel Spaß mit der Geschichte:
Es ist Weihnachten - und jemand fehlt.
Es war jedes Jahr das Selbe. Immer die gleichen Sprüche. Immer die gleichen Bräuche. Wie er es hasste. Wie sollte er sagen, dass er glücklich war, wenn er es nicht war? Wie sollte er sich über all die Menschen freuen, die hier waren, wenn doch einer fehlte. Dieser Eine, der der Wichtigste überhaupt war. Er wollte nicht anstoßen und sagen, dass er sich freute, dass alle hier waren, die er liebte. Denn so war es nicht. Es waren nicht alle hier. Aber das konnte und wollte er nicht sagen. Warum sollte er diesen Menschen, die er wirklich liebte, das Fest vermiesen. Lieber zog er sich zurück, was seine Crew schon kannte. Mal dauerte es nur zehn Minuten, mal dauerte es mehrere Stunden. Er schaffte es nicht immer so, wie er es gerne wollte. Dabei wollte er mit diesen Menschen lachen. Aber dieses Fest machte ihn einfach nur traurig, denn es erinnerte ihn daran, wen er nicht mehr hatte.
Heute feierte er auf dem Schiff der Strohhutpiraten. Es war wieder an der Zeit, dass er sich zurück zog. Er sah Bepo kurz an und nickte. Der Mink nickte ebenfalls. Dann drehte sich Law um und ging die Treppe rauf. Ruffy lief ebenfalls zur Treppe. „Bitte lass ihn. Er wird wieder kommen!“, sagte Bepo. Ruffy zögerte jedoch. „Bitte!“, bat Bepo erneut. Penguin tauchte hinter Bepo auf. „Er braucht diese Zeit für sich. Wir fragen nicht. Aber er mochte nicht gestört werden. Es ist Weihnachten immer so!“, stellte Penguin klar. Ruffy sah traurig die Treppe rauf. Law war nicht mehr zu sehen. Plötzlich spürte er eine Hand auf seiner Schulter. „Ruffy, lass ihn in Ruhe, wenn er es möchte!“, bat nun auch Robin. „Eh?“, meinte Ruffy nur entgeistert. Robin schüttelte den Kopf.
„Ruffy!“, hörte er seinen Namen. Das war der Moment, in dem Ruffy sich umdrehte und zu Zorro, Nami, Lysopp und Chopper lief, die um die Wette tranken. Robin selbst sah nun ebenfalls die Treppe rauf. Sie lächelte und ging dann unter Deck. Sie musste einfach mal dringend auf Toilette. Am Ziel angekommen, setzte sie sich auf den geschlossenen Deckel und legte ihre Arme auf die Schultern. Sie schloss die Augen. Es dauerte nur wenige Sekunden und sie hatte ein perfektes Double von sich selbst auf dem oberen Deck erschaffen. Law schaute zu Recht sehr erschrocken und überrascht. Dann wandte er den Blick aber ab. Er reagierte genau so, wie seine Crew es beschrieben hatte. Er wollte alleine sein.
Robin stellte sich neben ihm. „Darf ich euch Gesellschaft leisten?“, fragte sie höflich. Law sah sie nüchtern an. „Seit wann sprichst du so hochgestochen?“, fragte er zurück. „Wieso hochgestochen?“, fragte sie belustigt zurück. „Was soll diese überformliche Anrede?“, fragte er genervt zurück. Robin grinste frech und legte den Kopf schief. „Das ist nur überförmlich bei einer Person!“, sagte sie und sah aufs Wasser. Law sah sie einfach sprachlos an. „Law, wir wissen inzwischen alle, was dir Corazon bedeutet hat. Wir wissen es. Deine Crew weiß es! Ruffy weiß es!“, sagte sie. Law senkte den Blick. „An Weihnachten merkt man, dass Menschen fehlen. Besonders dann, wenn sich alle um einem versammeln, die man liebt!“, stellte sie klar.
Law lehnte sich auf die Reling. Seine Hände ließ er über das Geländer hängen. Er sah gedankenverloren ins Wasser. Robin sah ihn an. „Wenn du es möchtest, dann lass ich dich in Ruhe. Wenn nicht, dann zeigte ich dir, wie wir das machen!“, sagte sie. Er sah sie irritiert an. „Warte kurz hier!“, sagte sie. Ihr Double verschwand. Robin öffnete die Toilettentür und ging raus. „Hast du telefoniert? Beeile dich mal!“, drängelte Lysopp. Robin lächelte. Sie betrat wieder das Deck. Law stand am Geländer und sah auf das untere Deck. Gespannt sah er Robin an. Die ging zu Sanji. „Kannst du mir bitte zwei Gläser geben und eine Flasche Sekt?“, fragte sie. Es dauerte keine Sekunde, ehe alles auf einem Tablett vor ihr hingehalten wurde. Sanji sah sie verliebt an. „Für dich doch immer!“, säuselte er.
Robin lächelte. „Danke!“, sagte sie. Sie nahm ihm das Tablett ab und ging dann zur Treppe. Wieder waren Laws Leute in Alarmbereitschaft. Law hob aber seine Hand. Er wollte wissen, was Robin vor hatte. „Eh?!“, hörte sie von Ruffy, der damit vermutlich wenig einverstanden war. „Wir möchten mal kurz nicht gestört werden!“, sagte Robin freundlich in die Runde. Sanji sah sie verstört an. „Was?!“, fragte er zerknirscht. Sie hatte scheinbar gerade sein Herz gebrochen. Aber auch wenn es so aussah, als wollte sie mit Law anstoßen und das alleine, war es doch anders. Leider verstand das da unten echt jeder falsch. Law schien das aber weniger zu stören. Zusammen mit Robin ging er wieder aus dem Sichtfeld.
Robin stellte die beiden Gläser auf die Reling. Sie fühlte Sekt ein. Law beobachtete sie dabei. „Willst du nun anstelle von Corazon mit mir anstoßen? Ich sag dir gleich, das wird nicht funktionieren!“, sagte er genervt. Sie lächelte. „Nein, nimm dir ein Glas!“, sagte sie. Er atmete angestrengt aus. Schließlich nahm er sich aber ein Glas. Er sah sie genervt an. „Nun stoß an!“, sagte sie. Er runzelte die Stirn. Vorsichtig stieß er gegen das Glas. Robin sah ihn entgeistert an. „Seit wann bist du so ein Softi?“, fragte sie provokativ. „Das Glas fällt runter, wenn ich stärker dagegen stoße!“, gab er zurück. Sie sah das Glas an. „Ja natürlich! Da ist auch Sinn der Sache!“, meinte sie nur. Verwirrt sah sie ihn an.
Robin lehnte sich mit den Rücken zur Reling und sah den Chirurg des Todes an. „Wir alle sind Kinder der See. Auch Corazon war es. Wir leben auf dem Wasser, wir sterben auf dem Wasser!“, sagte sie. Law sah sie nüchtern an. „Corazon ist auf einer Insel gestorben!“, unterbrach er sie. „Unterbrich mich nicht, du ungehobelter Kerl!“, sagte sie streng. Law rollte mit den Augen. Er hasste Ruffys Crew manchmal. Aber er war auch selbst Schuld. Sie hätte ihn auch alleine gelassen. „Wir alle sind Kinder der See. Unser Leben spielt sich auf dem Wasser ab. Es ist nur natürlich, dass sich auch unsere Seelen dahin verirren. Corazon wird immer bei dir sein, da er ein Teil der See geworden ist. Du weißt das! Denn sonst würdest du nicht ins Wasser starren, wenn du alleine sein musst!“, sagte sie. „Will! Ich will alleine sein!“, sagte er.
Robin zwinkerte. „Red dir das mal ein, du sturer Kerl!“, sagte sie dreist. Er verengte die Augen. „Weiß du, du bist echt niedlich, wie du immer den harten Kerl spielst, obwohl du so emotional bist! Das ist echt süß!“, meinte sie und stupste ihm gegen die Nase. Nun wurde sein Gesichtsausdruck noch finsterer. Sie musste lachen. „Lass mich raten. Du wolltest mir gerade sagen, dass du mich auf 30 Arten töten könntest!“, sagte sie. Law atmete wieder angestrengt aus. „Aber du tust es nicht. Du willst es nicht. So wie du nicht alleine sein willst. Also stoß mit Corazon an und komm wieder zu den anderen. Alle warten auf dich!“, sagte sie. Sein Blick klarte auf. Was sagte sie da? Sie stieß sich von der Reling ab. „Ich lass euch mal alleine!“, sagte sie und nahm die Sektflasche mit.
Ihr Weg führte wieder nach unten. Dort nahm sie einen kräftigen Schluck aus der Bottle. Ruffy sah sie empört an. „Das wollte ich auch machen!“, schimpfte er. Robin hockte sich vor Ruffy hin und hielt ihm die Flasche hin. „Dann nimm einen Schluck!“, sagte sie und grinste. Ruffy verschränkte bockig die Arme. „Du weißt, was ich meine!“, sagte er verstimmt. Sie lächelte sanft. „Ich weiß. Aber ich weiß auch, dass Law dir niemals zugehört hätte. Mich kann er schlecht ablehnen! Da ich intellektuell auf seiner Ebene bin!“, sagte sie. Ruffy atmete tief durch und lachte dann. „Solange es ihm besser geht, soll es mir recht sein!“, meinte Ruffy nur und bemerkte gar nicht, dass sie ihn dumm genannt hatte.
Robin stand auf, als sie Law auf den Stufen nach unten kommen sah. Er hatte sein Glas noch in der Hand. Er gab drückte es Robin in die Hand. „Das hast du vergessen!“, sagte er. Sie lächelte, als sie ein leises gezischtes Danke hörte, als er auf Höhe ihrer Schultern war. Er ging einfach weiter, ohne sich umzudrehen. Robin sah den Boden an und lächelte. Er war ein schwieriger Mensch, aber sie konnte ihn verstehen. Denn ihr ging es genauso. Und auch sie führte dieses Ritual jedes Jahr durch. Sie setzte sich neben Ruffy und lehnte sich an die Reling. „Er ist ein echt netter Kerl! Schade, dass er glaubt, dass er in dieser Welt keine Gefühle zeigen darf!“, sagte sie. Ruffy sah sie an und dann Law. Er hatte keine Ahnung, was sie meinte. Aber offenbar ging es Law nun wieder besser, denn er packte nun sogar die Geschenke aus, die ihm sein Team hinhielt. Erwartungsvoll wurde er angestarrt, als er eines nach dem anderen öffnete und irgendwann auch lächeln musste.
„Die freuen sich richtig darüber, dass er lächelt!“, stellte Sanji fest, der nun neben Robin hockte und an seiner Zigarette hockte. Sie lächelte nun auch. „Ja, er muss einfach nur lächeln, dann sind all seine Leute glücklich!“, stellte sie fest. „Du hast ihm offenbar das beste Weihnachtsgeschenk gemacht!“, sagte Sanji. Robin grinste. Sie lehnte sich rüber und gab Sanji auf einen Kuss auf die Wange. „Danke für den Sekt!“, sagte sie. Als Sanji mit Herzen in den Augen umfiel und drohte an Blutverlust zu sterben, hielt sich Robin kichernd die Hand vor dem Mund. „Sie bringt ihn um!“, stellte Ruffy fest. Chopper war sofort bei Sanji und checkte seine Werte. „Er hat eine Überdosis Robin!“, stellte er fachmännisch fest. Robin musste noch mehr kichern. Sie liebte diese Menschen einfach. Law würde es auch noch lernen, dass die Menschen, die er noch um sich hatte, ihm das Leben versüßen konnten. Dafür musste er nur ehrlicher zu sich selbst sein und den Mut finden, sich etwas zu öffnen.
„Mist, Mist, Mist“, fluchte Lois vor sich hin, während sie versuchte, ihre unbequemen „Reporterpumps“ auf umständlichste Art und Weise von ihren Füßen zu entfernen. Sie war verdammt spät dran. Wenn man es eilig hatte, wollten die einfachsten Dinge nicht gelingen. Erst recht, wenn man gleichzeitig noch in der Schreibtischschublade kramte, um nach ein paar Habseligkeiten zu suchen. Doch endlich war es geschafft. Die Pumps lagen lieblos auf dem tonlosen Teppich des Daily Planet, die Handtasche war geschultert, der Mantel übergeworfen. Eilig humpelte sie in den halb angezogenen Sneakers zum Aufzug. Dort angekommen, drückte sie gleich mehrmals ungeduldig auf den Knopf. „Davon kommt er auch nicht schneller“, konnte sich einer ihrer Kollegen seinen unnötigen Ratschlag nicht verkneifen. Er für seinen Teil entschied sich für die Treppe. „Frohe Weihnachten“, rief er mit hoch gehobenem Arm als Abschiedsgruß. „Ja danke. Du mich auch“, murmelte Lois genervt, als endlich das errettende ‚Bling‘ des Aufzugs ertöne, bevor sich die Türen aufschoben. Viel zu langsam für ihren Geschmack. Aber immerhin taten sie es. Und als Lois dann in der Kabine stand, nutzte sie die Zeit, die Fersen ihrer Sneakers endlich anständig hochzuziehen. Geschafft! Was für eine Erleichterung.
Der Knopf für das Erdgeschoss wurde gedrückt und gemächlich schlossen sich die Türen wieder. „Na mach schon“, feuerte sie den Aufzug ungeduldig an. Es war Weihnachtsabend und Lois hatte immer noch kein Geschenk für Clark. Wo auch immer der gerade steckte. Zwar klebten sie nicht den ganzen Tag während der Arbeit aufeinander – was ja auch eher kontraproduktiv wäre – aber normalerweise verabschiedete er sich bei ihr, wenn sie noch keinen Feierabend hatte. Das konnte nur bedeuten, dass er nebenher noch anderes zu tun hatte. Aber daran war Lois inzwischen gewohnt.
Ein weiteres „Bling“ ertönte und die Türen öffneten sich wieder. Ohne zu zögern verließ Lois schnellen Schrittes den Aufzug und lief durch die Eingangshalle des „Daily Planet“, um kurz darauf die kühle Abendluft einzuatmen. Draußen war es bereits dunkel geworden. Aber immer noch war es hell genug, denn die Straßenlaternen und die Lampen des großen Redaktions-Gebäudes erhellten den Platz. Ein Blick auf ihr Handy verriet der Journalistin, dass Clark ihr keine Nachricht hinterlassen hatte. Auch gut. Sie sah sich um. Hoffentlich wollte er sie nicht überraschen, um sie abzuholen. Dann hätte sie keine Gelegenheit mehr, noch schnell ein Geschenk zu besorgen.
Doch Clark war nicht hier. Stattdessen zog allerdings einer der Blumenkübel, die auf dem hell erleuchteten Platz des Gebäudes verteilt waren, ihre Aufmerksamkeit auf sich. Lois trat näher, fixierte das definitiv nicht zu den grünen Tannen passende Blau und griff danach. Sie zog daran. Das Stück Stoff hatte sich verheddert und sie musste vorsichtig sein, um es nicht zu zerreißen. Lois ahnte bereits, was sie gleich in Händen halten würde.
„Ach Clark“, seufzte sie und stopfte die Krawatte in ihre Handtasche. Wie oft hatte sie ihm gesagt, dass er seine Krawatten wenigstens in seiner Schreibtischschublade hinterlegen sollte? 100 Mal? 1000 Mal? Er lernte es wohl nie. Sein Krawatten-Verschleiß war unglaublich hoch. Nun ja. Diese hier hatte sie ja zum Glück gefunden, konnte sie waschen, bügeln und wieder in seinen Kleiderschrank hängen. Darüber müsste sie unbedingt noch einmal ein ernstes Wort mit ihrem Gatten sprechen müssen. Aber nicht jetzt.
Jetzt war es an der Zeit, ein Weihnachtsgeschenk für eben Jenen zu finden. Also eilte Lois zum Parkplatz hinüber und betätigte bereits unterwegs den Knopf ihrer Fernbedienung. Zeit sparen, wo es nur ging. Dort hinten pfiff ihr Kleinwagen zwischen den großen Schlitten und die Lichter blinkten ihr auffordernd zu. Na dann los!
Wie lange es gedauert hatte, bis sie endlich die Haustür mit Geschenk betreten konnte, wusste Lois nicht. Sie hatte nicht auf die Uhr gesehen. Aber scheinbar kam sie gerade rechtzeitig, denn aus dem Ofen heraus duftete es herrlich nach der Pizza, die Clark offensichtlich bereits ohne sie in den Ofen geschoben hatte. Sie wollten diesen Abend gemütlich angehen. Nur zu zweit. Das große Fest mit Familie und Freunden war am Weihnachtstag an der Reihe. Doch der heilige Abend gehörte nur ihnen. Deshalb sollte Clark sein Geschenk auch schon heute bekommen.
Aber noch stand dies in der Ecke an der Garderobe, eingepackt in eine rote Tüte mit unzähligen Santas drauf und wartete noch geduldig. „Ich bin dahaaaa“, rief sie, noch während sie sich ihres Mantels entledigte. Doch das hätte sie sich sparen können. „Ich weiß“. Zwei starke Arme legten sich von hinten um ihre Taille und sie spürte seinen Kuss in der Nackenkuhle, die noch vom Schal gewärmt war. Sein Atem verursachte ihr eine wohlige Gänsehaut, während sie die Augen schloss, um diesen Augenblick zu genießen.
„Wie war Dein Tag?“ Auf diese Frage hin seufzte Lois und schüttelt den Kopf. „Wie war Deiner?“ Clark wunk ab und löste sich von ihr. „Willst Du nicht wissen“. Damit war wohl alles gesagt. Manches wollte man vielleicht auch tatsächlich gar nicht wissen. Also beließen sie es dabei und machten sich gemeinsam auf den Weg zur Küche. Zwei Pappverpackungen lagen noch in der Ecke der Arbeitsplatte. „Hmm, Tiefkühlpizza“, stellte Lois fest, grinste aber nachsichtig. „So schwer ist Pizzateig nun wirklich nicht. Musst Du wirklich mal versuchen“. Aber sie hatte Hunger und der trieb bekannterweise alles rein, also setzte sie sich an den Tisch und begann damit, sich die Pizza in Stücke zu schneiden. „Das große Festessen ist meine Mum bestimmt längst am Vorbereiten“, entgegnete Clark mit einem Augenzwinkern und Lois verdrehte die Augen. Nicht, dass sie das Essen ihrer Schwiegermutter nicht zu schätzen wusste. Ganz im Gegenteil. Aber Martha verstand sich einfach viel zu gut aufs Kochen und Backen, so dass man nie der Versuchung widerstehen konnte. So aß man ganz von selbst jedes Mal mehr, als man eigentlich vertragen konnte. „Ja dann kann ich anschließend wieder nachhause rollen“, grinste sie und schob sich mit den Fingern ein Stück in den Mund. Clark tat es ihr gleich und an den Blicken, welche die beiden tauschten, war beiden anzusehen, dass sie sich doch sehr auf den morgigen Tag und Marthas Kochkünste freuten.
Nichtsdestotrotz waren die recht kleinen Pizzen schnell aufgegessen. Lois wischte sich mit einer Serviette den Mund ab, stand auf und wusch sich die Hände. Clark räumte im Handumdrehen den Esstisch ab und beide trafen sich wenige Minuten später im Wohnzimmer. „Oh … warte“, sagte Lois und verschwand im Flur, wo an der Garderobe noch immer das Geschenk darauf wartete, endlich ausgepackt zu werden. Mit beiden Händen versteckte sie es hinter ihrem Rücken, während sie sich wieder der Couch näherte, auf der es sich Clark in der Zwischenzeit gemütlich gemacht hatte. Mit hochgelegten Beinen lümmelte er dort, offenbar in der Absicht, für den Rest des Abends dort liegen zu bleiben. Neugierig legte er seinen Kopf in den Nacken, als er hörte, wie sich Lois ihm von hinten näherte. Sie suchte sich einen freien Platz auf der Couch und gesellte sich zu ihm. Sein Kopf folgte ihr abermals und er sah, wie sie ihm mit fröhlichem Lächeln hielt sie ihm die Santa-Tüte entgegen. „Frohe Weihnachten. Ich dachte, ich gebe es Dir jetzt schon, wenn wir noch Ruhe haben“. „Humm?“ Das war alles, was von ihrem Gatten zu vernehmen war, als dieser sich irritiert aufrichtete und wie automatisiert die Tüte entgegennahm. Von einem ungeduldigen „Na schau schon rein“ aufgefordert, tat er eben selbiges, griff kurz danach hinein und beförderte einen schwarzen, hölzernen Krawattenhalter zum Vorschein. „Oh?“ Lois nahm ihm sein Geschenk ab, um es ihm genauer zu demonstrieren. „Für Deine Krawatten“, erklärte sie. An dem schwungvoll gebogenen Haken hängte sie das gute Stück an ihrem Zeigefinger auf hielt es ihm vors Gesicht. „Du kannst ihn einfach an der Kleiderstange aufhängen und er ist um 360 Grad drehbar“.
Ein verhaltenes Lächeln zeigte sich auf Clarks Gesicht, als er sich sein Geschenk wieder zurückholte, um es sich genauer zu betrachten. „Das ist … praktisch“, nickte er. „Ja nicht? Das habe ich mir auch gedacht“. Lois lächelte ihn an und Clark schwante Böses. Weshalb er sich dann auch gleich verlegen am Hinterkopf kratzte. „Aber …“ Ein Räuspern folgte. „Haben wir nicht ausgemacht, dass wir uns dieses Jahr nichts schenken?“ Langsam, ganz langsam verschwand die Fröhlichkeit aus Lois‘ Gesicht, als ihr klar wurde, dass ihr Göttergatte ganz offensichtlich nichts für sie hatte. „Und da hast Du einfach nichts gekauft?“ Nichts zu schenken hieß doch lediglich, dass man sich nichts Großes, nichts Teures schenkte. Aber das hieß doch nicht wirklich NICHTS! Man schenkte sich dann eben etwas Praktisches, etwas man wirklich gebrauchen konnte. Oder eben etwas von Herzen. Aber man schenkte doch dann nicht einfach NICHTS!
Lois beobachtete, wie Clarks Kopf langsam zu nicken begann und hörte sein leises, vorsichtiges „Ja?“. Clark indessen sah, wie sich ihre Schultern senkten und sich ihre Lippen zu dieser süßen Schnute zogen, wie sie es immer taten, wenn Lois schmollte. Ein gefährliches Zeichen, das wusste er, fürwahr. Aber ebenfalls wusste er, dass es noch nicht zu spät war. Da war noch etwas zu richten. Also wirkte er gleich wieder selbstsicherer, richtete sich auf und erhob sich dann gänzlich von der Couch. „Nur weil ich nichts gekauft habe, heißt das nicht, dass ich nichts für Dich habe“, erklärte er und reichte ihr auffordernd seine Hand. „Zieh Dich an. Dein Geschenk wartet draußen auf Dich“.
Skeptisch griff Lois nach der ihr angebotenen Hand und stand ebenfalls auf, ging hinaus in den Flur und zog sich wieder an.
Nur wenige Minuten später spürte sie seinen festen Griff um ihre Taille, bevor sie sich in die Luft erhoben. Zum Glück hatte Lois ihre anfängliche Höhenangst überwunden. So etwas konnte man nicht gebrauchen, wenn man mit Clark Kent verheiratet war. So legte sie lediglich einen Arm locker um seine Schultern, eine Hand an seiner Brust, während sie immer höher und höher flogen.
Auf der eisernen Kugel des Daily Planet Gebäudes setzte Clark zur Landung an und Lois protestierte augenblicklich. „Oh nein, bitte nicht. Da komme ich doch gerade erst her“. Nach einem langen Arbeitstag konnte sie sich schöneres vorstellen, als wieder unmittelbar genau dorthin zurück befördert zu werden. Doch Clark machte eine ausladende Bewegung seines Armes über die Stadt hinweg. „Sieh Dir das an“. Und Lois sah es sich an. Sah den riesigen Weihnachtsbaum, der wie jedes Jahr an derselben Stelle, ganz in der Nähe des Daily Planet seinen Platz gefunden hatte, sah ihn funkeln und glitzern, bewunderte den goldenen Stern, welcher die Tanne krönte. Sie sah die vielen Lichter, weiß, golden, leuchtend und blinkend, die die Straßen durchzogen und die ganze Stadt in eine romantische Weihnachtswelt verzauberten. Die Menschen dort unten erschienen ihr so klein und hektisch. Genau, wie sie selbst noch an eben jenem Abend. Sie eilten durch die Straßen, um Busse und Taxen zu erreichen, die ihnen dann doch vor der Nase davonfuhren, suchten auf den letzten Drücker noch das perfekte Weihnachtsgeschenk, telefonierten oder stritten miteinander. Doch keiner von ihnen nahm diese atemberaubende, weihnachtliche Schönheit wahr, die Metropolis ihnen bereits seit Wochen bot. Das Einzige, was zu ihrem Glück noch fehlte, war Schnee. Oder vielleicht war es auch Glück, dass es eben nicht schneite. Denn sonst würden die Menschen wohl noch mehr schimpfen, Unfälle bauen und wieder schimpfen.
Verträumt lächelnd stand sie da, beide Arme um Clarks Körper gelegt, den Kopf an seiner Schulter ruhend. „Ach, Clark. Das ist wirklich ein schönes Geschenk“.
“Hey, Bobby…”
Als Robert Singer am Morgen des 24. Dezembers 1987 die Tür öffnete, wusste er bereits, dass ihn nichts gutes erwarten würden.
Nichts Gutes hatte jemals, jemals, an diese Tür geklopft und schon gar nicht in Form von John Winchester.
Bobby zog eine Augenbraue hoch, musterte den Veteranen vor sich kritisch und versuchte nicht auf die beiden kleinen Kinder zu achten, die neben ihm standen.
“Hey, John”, erwiderte er unwillkommenheißend und kurz.
Winchester war einen Moment im Begriff, mit den Augen zu rollen, entschied sich aber offensichtlich im letzten Moment anders und räusperte sich.
Scheinbar wollte er keinen Streit - und wenn das mal kein Warnsignal war.
“Das sind meine Jungs, Sam und Dean, ich hab dir von ihnen erzählt.” Während John das sagte, legte er die Hand auf den Kopf des größeren Jungen, das müsste dann Dean sein?, und wuschelte ihm durch die Haare.
Bobby folgte der Bewegung kurz, zog seine AUgenbraue weiter hoch und brummte zustimmen. Ja, John hatte von den Kindern erzählt.
John wartet noch einen Moment, ob eine weitere Reaktion von Bobby kommen würde, als dieser jedoch weiter stumm blieb, verdrehte John diesmal wirklich die Augen.
“Okay, Bobby, ich muss die beiden bei dir lassen.” Was?!
“Jungs, ihr bleibt ein paar Tage bei Onkel Bobby.” John legte die Hand zwischen Deans Schulterblätter und schob den Jungen damit einen Schritt vorwärts. Da Sam sich an seinen großen Bruder klammerte, wie ein Ertrinkender an einen Schwimmreifen, stolperte er mit.
Bobby betrachtete das Schauspiel verdattert, blickte einen Moment auf beiden Jungs, die mit großen Augen zu ihm auf sahen, als John sich auch bereits umdrehte und zu seinem Wagen ging.
“Hey!”, rief er ihm nach, schob sich an den Jungen auf seiner Veranda vorbei und ging diesem Bastard hinterher. “Hey!” Er riss an Johns Jacke, sobald er ihn genug eingeholt hatte, John stand bereits neben seinem Impala.
Ein viel zu schönes Auto für so einen Trottel.
John schnaubte hörbar, als er sich zu ihm umwandte.
“Bobby, ich habe einen Fall - ich kann die Jungs nicht mitnehmen.”
Bobby riss wütend beide Augen auf. “Und dann fällt dir nichts besseres ein, als sie hier zu parken? Ich bin doch keine Nanny! Morgen ist Weihnachten, du dummer Sack!”
Johns Gesicht verzog sich streng bei der Beleidigung, aber Bobbys wütender Blick übertrumpfte das.
“Es ist nur für ein paar Tage. Sie bekommen Geschenke, wenn ich wieder da bin.” Johns Augen glitten zu den beiden kleinen Gestalten, die immer noch auf der Veranda standen. “Dean ist schon acht, er versteht, dass das wichtig ist.”
“Und der andere?!”
John rollte mit den Augen: “Sam ist vier. Es wäre nicht so, als würde er sich daran erinnern.”
Bobby entgleisten die Gesichtszüge und vor Entrüstung schüttelte er den Kopf, bevor er die Worte ausspucken konnte: “Ja, wenn er vierundzwanzig ist, du vollendeter Idiot! Das dauert aber noch ein bisschen!”
John stöhnte genervt und drehte sich wieder zu seinem Auto.
“Dean kann auf Sam aufpassen, du wirst keine Schwierigkeiten mit den Jungs haben.” Er stieg ein und Bobby verschränkte wütend die Arme vor der Brust und machte seine Missbilligung mit jeder Faser seiner Körperhaltung klar.
Das schlimme war, ihm war klar, dass er verloren hatte. Die Jungs würden nicht wieder in diesen Wagen steigen, nicht jetzt. Sie würden hier bleiben.
Bei ihm.
Über Weihnachten.
“Danke, Bobby. Ich schulde dir was.”
“Da hast du verdammt Recht, Winchester!”
Er kickte ihm lose Steinchen hinterher, als John wegfuhr.
Und als er sich umdrehte standen die beiden Kinder immer noch vor seiner Haustür.
Dean hatte einen Arm fest um Sams Schultern geschlungen, der sich eng gegen seinen Bruder drückte, mit der anderen Hand hielt er einen Seesack, der mindestens so groß sein musste wie das Kind selbst.
Bobby konnte sich denken, dass nicht der beste Start war, aber er seufzte lang und entnervt.
Dieser verdammte Winchester.
Er hatte von der ersten Minuten, in der er ihn getroffen hatte, gewusst, dass dieser Bastard ärger bedeutet.
Dean schlang seinen Arm etwas enger um Sam.
“Entschuldigung, Mister Singer…”
Bobby atmete lang aus und schaffte es den Jungen an zu lächeln.
“Alles gut, mein Junge, aber dein Dad ist ein Idiot.”
Dean lächelte schüchtern.
In Bobbys Magen war ein kleiner Tropfen Wärme.
“Also, Jungs, rein, los.” Er scheuchte sie mit wedelnden Armen ins Innere.
~*~
Es war ein Desaster, aber das hatte Bobby ja schon ab dem Moment gewusst, indem es an der Tür geklopft hatte.
Sein Haus war doch nicht kindersicher!
In der Küche lagen offen Schusswaffen und rituelle Dolche, die Hälfte der offen herumliegenden Bücher. könnten einen töten wenn man die falsche Passage laut vorlas, im Backofen bewahrte er Tierknochen und giftige Kräuter auf und er wusste nicht mal mehr, wann er das letzte Mal sein Spülbecken ohne dreckiges Geschirr gesehen hatte.
Bobby rollte mit den Augen, als ihm dieser Umstand bewusst wurde - er würde das nächste Mal auf John schießen, wenn er ihn sah.
Aber immerhin hatte dieser Bastard mit einer Sache Recht behalten: Auch wenn es gruselig mit anzusehen war, Dean konnte sich wirklich gut um Sammy kümmern.
Kaum war Bobby hinter den Jungs ins Haus gekommen, hatte Dean bereits das Wohnzimmer sondiert, vorsichtig ein paar Bücherstapel und einen Stuhl beiseite geschoben und ein paar Spielsachen aus dem Seesack gezaubert.
Sam - offensichtlich weniger schnell damit, sich an die neue Umgebung anzupassen, stolperte unbeholfen seinem großen Bruder hinterher und hielt seine Hand fest, als Dean die Spielsachen auspackte.
Bobby lehnte sich mit gerunzelter Stirn in den Türrahmen und beobachtete das Schauspiel.
Die Spielsachen, die hervor kamen, waren eine Handvoll grüner Plastiksoldaten, vielleicht noch acht oder zehn - gab es die nicht eigentlich Eimerweise? -, ein ziemlich dünn gewordener Block, eine Schachtel Wachsmalkreiden und - als letztes - ein sehr zerrupft wirkender Stoffhase.
Bobby arbeitete seine Lippen gegeneinander, nickte dann aber und begab sich in die Küche.
Vielleicht hatte er noch Panzertape, um den Backofen zu zu kleben - und er sollte die Waffen wegräumen.
Er räumte etwas in der Küche umher, immer wieder einen Blick über die Schulter werfend - Kinder hier zu haben war merkwürdig. Aber Sam saß auf dem Boden, den Arm um den Stoffhasen geschlungen und malte die letzten freien Flecken eines bereits ziemlich verschmierten Blattes aus.
Kaufte John den Kindern denn keine neuen Spielsachen?
Bobby rollte mit den Augen. Na ja - er lud die Kleinen ja auch an Weihnachten bei einem Fremden.
An Weihnachten. An Weihnachten!
An Weihnachten.
Bobby hielt mitten in der Bewegung inne und runzelte die Stirn.
Sollte er etwas tun? Er war niemand der Weihnachten feierte. Er hatte es schon kaum beachtet, als seine Frau Karen noch am Leben gewesen war, aber nach ihrem Tod hatte er keinen Gedanken mehr an dieses unsinnig blinkende Fest verschwendet.
Er schüttelte energisch den Kopf.
Wieso sollte er auch?
Das waren ja wohl nicht seine Kinder, es waren Johns Kinder. Es war Johns Aufgabe, einen verdammten Christbaum zu besorgen und ihnen Geschenke zu kaufen und - und - un-
“Mister Singer?”
Bobbys Blick sackte nach unten zu dem Quell der Stimme und er erblickte den kleinen Dean. Verdammt, er war so winzig. Seine Lippen bewegten sich gegeneinander und er seufzte ergeben. “Bobby”, korrigierte er dann und legte die Pistole, die er gerade in der Hand hatte, in den obersten Küchenschrank.
Er bemerkte, dass Dean der Bewegung mit den Augen folgte.
Dean nickte, räusperte sich und korrigierte sich: “Bobby. Darf ich Sammy was zu essen machen?” Das Kind drehte sich und beobachtete Sammy, der immer noch auf dem Boden kauerte und versuchte, möglichst viele kleine Kreise oder Sternchen oder wasauchimmer in die freien Ecken des Blattes zu kritzeln.
“Und… können wir…“ Dean rieb sich mit den viel zu kleinen Händen den viel zu dünnen Oberarm. Der Pullover war ihm doch mindestens zwei Nummern zu groß. “Können wir vielleicht den Kamin anzünden?”
Deans Augen leuchteten einen Moment fast aufgeregt, offene Feuer hatte Bobby als Kind auch immer toll gefunden, bevor der Kleine seine Miene ordnete und wieder etwas schüchtern wirkte.
Bobby lächelte leicht.
Der warme Tropfen in seinem Magen wurde zu einer kleinen Blase Wärme.
“Klar, Junge, machen wir. - Lass mich nur schauen, was wir für Sammy und dich zu essen haben.”
Das Ergebnis:
Eine Dose Tomatensuppe - für Dean und Sammy offensichtlich vollkommen ausreichend und befriedigend (Gottverdammt nochmal, John!), aber nicht genug für die Weihnachtsfeiertage.
Nachdem Dean mehrfach (und erschreckend glaubwürdig) versichert hatte, dass er ein paar Stunden auf Sammy aufpassen konnte - und Bobby sicher sein konnte, dass sie keines der Bücher anfassen würden. Oder die Kräuter, die Amulette, Münzen, Kerzen, Papiere, Pulver - er musste aufräumen - entschied er, dass e in Ordnung wäre, kurz in den Supermarkt zu fahren.
Aufräumen würde er später machen müssen, wenn er in den Laden wollte, bevor der zumachte.
~*~
Der Einkauf war eskaliert und er grummelig und genervt deshalb.
Bobby schob die Tür hinter sich mit dem Fuß zu und stampfte durch den Flur.
“Jungs?”, rief er in das - viel, viel, viel zu Stille Haus - und erstarrte einen Moment, als er keine Antwort bekam.
Bobby stellte die Tüten wenige Schritte vom Eingang ab und blickte mit mehr Sorge, als er zugeben würde, in das Wohnzimmer.
Dort lagen die beiden Quälgeister und Bobbys Augen wurden einen Moment weit, als er umher blickte, um zu sehen, ob irgendetwas Verdächtiges in ihrer nächsten Nähe lag.
Aber dann schnarchte Dean leise und Bobby hätte beinah lauf aufgelacht.
Bobby schüttelte den Kopf, kratzte sich unter dem Truckerhat an der Stirn und entschied sich dann, erstmal die Einkäufe zu verräumen.
Kam ihm gerade Recht, dass die Kleinen schliefen. Dann konnte er wenigstens in Ruhe alles wegräumen.
Als er damit fertig war und wieder in das Wohnzimmer kam, hob er die beiden hoch, Sammy links auf seiner Schulter ruhend, Dean rechts, und trug sie die Treppe nach oben.
Sammy kuschelte sich bei dem Weg nach oben an ihm.
Die warme Blase in seinem Bauch wurde wärmer.
Sobald er die Beiden in einem Schlafzimmer ins Bett gelegt hatte (das bisschen Staub in den Lacken würde ihnen schon nicht schaden, das stärkte die Abwehrkräfte), ging er wieder nach unten. Die Spielsachen lagen noch verstreut auf dem Boden und Bobby atmete einmal tief, aber deutlich genervt durch, ehe er sich bückte - er war zu alt für diesen Scheiß - und die paar grünen Soldaten zusammen sammelte und die Kreiden in die Box zurück schob. Gerade hob er den Stoffhasen auf, vermutlich wäre der besser bei dem kleinen Sammy aufgehoben, als auf dem Fußboden, als fiel ihm auf, dass der Block eine neue Seite zeigte.
Eine sehr kindliche Zeichnung von einem Weihnachtsbaum, zackig und dreieckig mit großen, bunten Kugeln, einem goldenen Stern auf der Spitze und wilden roten Linien. Davon ausgehend, dass es wohl Lametta war und kein Blut darstellen sollte, war das Bild tatsächlich niedlich.
Daneben waren zwei kleine Figuren, mit minimalem Größenunterschied und eine etwas größere, mit einer - Pfanne? auf dem Kopf.
Darunter stand, in der krakeligen Wachsmalkreidenschrift eines Achtjährigen: “Unser Weihnachten 1987”
Die warme Blase in seinem Bauch zerplatzte und seine Zehen kitzelten in der Wärme und er spürte sie in seinem Hals, wie kleinen, fliegenden Funken eines zerborstenen Holzscheites im Kamin.
Er hasste diese Kinder.
Er fuhr nochmal los.
~*~
“Jungs!”, donnerte er am nächsten Morgen die Treppe hoch. “Aufstehen!” Eine kurze Pause. “Putzt eure Zähne!”
“Ja, Bobby!”, erscholl es im Kanon von oben und er hörte kleine, nackte Füße über den Boden tapsen.
Er zuckte fast zusammen, ehe er hinterher setzte: “NICHTS IN DER BADEWANNE ANFASSEN!”
“JA, BOBBY!”
Bobby lachte leicht, Idioten. Diese Kinder waren jetzt schon hoffnungslose Fälle.
Er ging zurück ins Wohnzimmer und betrachtete nochmal sein Werk, ehe er sich zu nickte, das letzte Buch über Vampirlegenden, das er gelesen hatte, zu klappte und ins Regel schob, und sein Glas Eggnog vom Kaminsims nahm.
Wenn er das schon mitmachen würde, dann nicht ohne flüssige Unterstützung.
Er setzte sich auf die Couch, die er auch erst mühsam freiräumen hatte müssen und nippte an seinem Getränk. Für die Jungs warteten diese widerlich schrecklichen - Bobby hatte eine Handvoll probiert - Lucky Charms und heiße Schokolade auf dem Fußboden. Angeblich aßen Kinder das ja.
Kaum einen Moment später, eigentlich so schnell, dass sich Bobby ernsthaft fragte, wie gut das mit dem Zähneputzen funktioniert hatte, trippelte das Duo der kleinen Füße seine Treppe hinab.
Zugegeben, er wurde nicht enttäuscht:
Als Sam und Dean in das Wohnzimmer traten, blieben beide wie vom Donner gerührt stehen und starrten in den Raum, der sich seit gestern so sehr verändert hatte, dass sogar Bobby Orientierungsschwierigkeiten hatte.
Er hatte den alten Plastikweihnachtsbaum aus dem Keller geholt, neben dem Kamin aufgestellt und geschmückt. Es war bestimmt keine Schönheit, aber er besaß einen goldenen Stern auf der Spitze, genau wie der von der Zeichnung.
Im Kamin brannte ein lichterlohes Feuer, die Zeichnung thronte auf dem Kaminsims und unter dem Baum (aber etwas näher an der Couch als am Kamin) standen ein paar Kleinigkeiten:
Ein Teddybär mit großer roter Schleife, ein Eimer mit grünen Plastiksoldaten und eine Spielesammlung für unterwegs, mit so einem Spielbrett mit Rand, damit man auch in einem Auto damit spielen konnte.
“Dean!”, Sammys kleine, piepsige Stimme - und Bobby wurde bewusst, dass er sie gerade zum ersten Mal richtig hörte - schwirrte aufgeregt durch den Raum. “Dean!, Dean, der Weihnachtsmann hat uns doch gefunden!”
Bobby verschluckte sich beinah seinem Eierlikör, denn wenn nicht Sams Äußerung war mindestens Deans fassungsloses Gesicht goldwert.
Es dauerte offensichtlich einen Moment, bis Dean die Situation verarbeiten konnte und ein breites, großes Grinsen erschien auch auf seinem Gesicht.
“Das müssen wir Dad erzählen!”
Bobbys Lachen wurde etwas schräg, aber er sagte nichts dazu. Dass der Weihnachtsmann die beiden gefunden hatte, war im Endeffekt die bessere Alternative. ansonsten hatten sie ja nur einen Dad, der sie an Weihnachten bei einem stadtbekannten Trinker ablud.
Bobby räusperte sich und nickte deutlich beeindruckt, während er den Baum und den Kamin betrachtet.
“Aber wirklich, Jungs. Ich wusste gar nicht, dass der weiß, wo ich wohne! Ihr müsst sehr brav gewesen sein.” Er stupste den Eimer mit Spielzeugsoldaten mit dem Fuß an. “Immerhin hat er sogar Geschenke gebracht!”
Er bemerkte das Zucken in den Beinen, die großen, leuchtenden Augen, als er die Aufmerksamkeit der beiden auch auf die Geschenke lenkte.
Innerlich seufzte er: Er hatte das nicht durchdacht.
Eigentlich wäre es wohl verantwortungsvoller gewesen, die beiden erst Frühstücken zu lassen, oder?
Aber er wollte die vor Aufregung fast platzenden Gestalten nicht noch mehr auf die Folter spannen.
“Na kommt, packt schon aus.”
Das brauchte er nicht zweimal sagen.
Sam und Dean stürzten sich förmlich auf die Geschenke: Sam ging sofort in neuer Liebe zu dem flauschigen Teddybären auf und Dean griff begeistert in das Meer aus grünen Soldaten in dem Eimer.
“So viele, schau mal, Sammy!”
Bobby lächelte und nahm noch einen Schluck Eggnog.
Er machte ein Foto, für euren Dad, brachte Dean Dame spielen auf dem Reisespielbrett bei und kämpfte mit Dean und den grünen Soldaten gegen den Angriff des Riesenteddys und seines gefährlichen Gefährten - dem Salzkaninchen (warum es ein Salzkaninchen war, wollte Bobby nicht wissen, der Teddy hieß aber Mr Fluffyhug - oder Mr Superrobotteddy, je nach dem welchen der beiden man fragte).
Bobby machte weitere Fotos an diesem Tag, die John niemals zu Gesicht kriegen würde.
Er grillte Würstchen über dem Kaminfeuer, brachte den Jungs bei wir man Smores machte (auch wenn es noch so furchtbar schmeckte) und brachte ihnen bei wie man Lucky Charms mit dem Mund fing.
Um am Ende des Abends, als er auf dem Boden saß, den Rücken am Sofa und zwei kleine, schlafende Jungs an seiner Seite, im Licht des langsam schwindenden Feuerscheins, musste er sich eingestehen, dass die Wärme, die ihn ganz und gar ausfüllte, nicht nur von dem Kamin kam.